Die Bedeutung, die dem Policengeschäft in Toyota Autohäusern traditionell beigemessen wird, verschafft der Marke auch im schwieriger werdenden Marktumfeld eine gute Ausgangsposition. Mit einem intelligenten Mix aus attraktiver Produktgestaltung, schlanken Prozessen und geballter Vertriebs- und Marketingspower wollen Toyota Insurance Services und Aioi Nissay Dowa Europe ihre Ausnahmestellung in Sachen Kfz-Versicherung bestätigen und weiter ausbauen.
Kfz-Versicherung gehört zur Toyota DNA
Dass die Toyota Insurance Services (TIS) mit ihrer europäischen Organisation Aioi Nissay Dowa Europe (AND-E) die Bedeutung des Policengeschäfts für die Handelsorganisation seit Jahren verinnerlicht hat, beweist die eindrucksvolle Siegesserie beim AUTOHAUS VersicherungsMonitor. Trotz zwölf erster Plätze in Folge steht man aber natürlich auch bei TIS in Deutschland von verschiedenen Seiten unter Druck: Die Kfz-Assekuranz schreibt aktuell rote Zahlen, die Konkurrenz der anderen Marken bringt – teilweise zusammen mit Start-ups oder InsurTechs – innovative Produkte auf den Markt und die Werkstattrechnungen verteuern sich aufgrund steigender Ersatzteilpreise und Arbeitskosten enorm.
Exklusiv-Interview
Wie man bei TIS Hand in Hand mit der AND-E und dem größten Autohersteller der Welt im Hintergrund erfolgreich in die Zukunft gehen will, darüber sprach unsere Redaktion exklusiv mit drei Experten: Udo Jüngling, Geschäftsführer Toyota Insurance Management SE, Clemenz Mücke, General Manager Sales & KINTO, sowie Senior Marketing Managerin Anke Scholl.
AH: Herr Jüngling, wenn Sie schon heute ein Fazit für 2023 abgeben müssten, wie würde dieses lauten?
U. Jüngling: Meiner Einschätzung nach wird uns 2023 als eines der größten Verlustjahre in Erinnerung bleiben. Auch wir sind, wie all unsere Wettbewerber, nicht gänzlich verschont geblieben. Hier hat die Assekuranz gezeigt, dass man sich auch bei schlimmen Naturkatastrophen auf sie verlassen kann. Auf einem Feld sehen wir ebenfalls wachsende Herausforderungen: Reparaturen werden aufgrund von sicherheitstechnischen Anforderungen, wie beispielsweise Sensoren und Komfort-Ausstattungen am Auto, immer teurer. Das ist eine Thematik, die wir gemeinsam mit den Herstellern angehen können und müssen.
OneToyota bietet enormes Potenzial
AH: Wenn wir zunächst beim Thema Schaden bleiben: Wie stellt sich die Situation für die AND-E dar?
U. Jüngling: Unsere Kollegen in der Schadenabteilung machen in dieser wahrlich nicht einfachen Situation einen unglaublichen Job! Hierbei zahlt sich auch unsere gute Beziehung zum Händler aus. Man weiß um die Situation beim Geschäftspartner und lebt das partnerschaftliche Miteinander – die aktuellen Herausforderungen werden auf Augenhöhe bewältigt.
AH: Unter dem Motto „OneToyota“ soll die Integration der verschiedenen Bereiche, wie Versicherung und Finanzdienstleistungen innerhalb eines Prozesses etabliert werden. Dies bringt vermutlich einige Herausforderungen mit sich. Wie sehen hier Ihre Lösungsansätze aus?
U. Jüngling: Die Herausforderung beginnt beim Thema Datenschutz und reicht von Softwareschnittstellen bis hin zur Interessenabwägung – wie langfristige Kundenbindung auf der einen und Leasingverträge mit kürzeren Laufzeiten auf der anderen Seite gemanagt werden können. Es ist aber unbestritten, dass wir die Möglichkeiten, den Kunden im Toyota-Ökosystem zu halten und dort alles aus einer Hand anzubieten, noch lange nicht ausgeschöpft haben. Zusammen mit den Kollegen von Toyota Deutschland, Toyota Kreditbank und KINTO, unserer Marke für Mobilitätsdienstleistungen, haben wir noch viel Optimierungspotenzial, das wir sukzessive nutzen wollen und werden.
Essenzielle Wertschöpfung für das Autohaus
AH: Was bedeutet das konkret? Welche Chancen eröffnen sich aus Ihrer Sicht vertriebsstrategisch durch die eben angesprochenen Prozessoptimierungen?
U. Jüngling: Sowohl unsere Händler als auch unser Importeur wissen, wie wichtig wir als Versicherung für das gemeinsame Geschäft im Sinne der Wertschöpfung sind! Vor allem bezogen auf die Kundenbindung und Werkstattauslastung sowie -ertrag ist die Versicherung essenziell. Das macht es einfacher, das Thema Versicherung erkennbar im Markt zu platzieren. Sei es im klassischen Neuwagen-Geschäft der Privatkunden mit unseren Connectivity-Produkten, wie Telematik- und Hybrid-Versicherung, oder aber unser Stückprämienangebot im Gewerbesektor. Auch im Bereich des Renewals und Gebrauchtwagen machen wir uns Gedanken, wie wir gemeinsam mit Importeur und Handel unser Geschäft effizienter gestalten können.
AH: Herr Mücke, sind neben Prozessoptimierungen innerhalb des OneTeam auch Veränderungen in der Customer Journey geplant?
C. Mücke: Die Weiterentwicklung innerhalb der Customer Journey ist uns sehr wichtig. Denn eine absolute Erfolgsvoraussetzung ist, dass die Integration unserer Produkte in den gesamten Verkaufsprozess so einfach wie möglich erfolgt. Die Basis hierfür ist, dass der Verkäufer die Kundendaten nur einmal in ein System eingibt – und nicht jedes Mal aufs Neue. Die ursprüngliche Fahrzeugkonfiguration und Kundendaten werden daher automatisch in den Versicherungskalkulator übertragen – unabhängig von System und Zahlungsart. Im Anschluss werden dem Verkäufer im Versicherungskalkulator nur die Produkte angeboten, die für diese Kunden-Fahrzeug-Kombination möglich sind. Gibt es zudem Festpreisangebote, hat der Handel ebenfalls die Möglichkeit, schnell und unkompliziert das finale Angebot zu unterbreiten.
Bei komplexeren Versicherungslösungen, wie im Bereich des Flottengeschäfts, übernimmt unsere Flottenabteilung die gesamte Kommunikation mit dem Kunden. Der Verkäufer wird lediglich im Hintergrund über den jeweiligen Status informiert und profitiert letztendlich natürlich von dem Vertragsabschluss. Final gewinnt also die Einfachheit und Dienstleistung gegenüber dem Handel und Kunden.
Beratung und Digitalisierung kombinieren
AH: Frau Scholl, nicht nur für den Handel bringt eine überarbeitete Customer Journey viele Vorteile mit sich, sondern vor allem auch für die Kunden. Welche neuen Chancen ergeben sich dadurch und was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?
A. Scholl: Kfz-Versicherungen sind in der Regel sehr erklärungsbedürftige Produkte und je nach Mobilitätsbedürfnis und Versicherungsnehmer sehr individuell. Daher ist uns eine Beratung der Kunden im Autohaus sehr wichtig. Dennoch steckt viel Potenzial in der Digitalisierung der Prozesse. Ein Versicherungs-Kalkulator ersetzt dabei kein persönliches Gespräch, soll dem Kunden aber schon einen ersten Vorgeschmack auf unsere Versicherungsprodukte geben.
Ein erstes Verständnis über die Vielfalt unserer Kfz-Versicherungen sowie die allgemeine Bereitschaft, mehr über das Leistungsspektrum der Toyota Insurance Services zu erfahren, sind dabei meiner Meinung nach die größten Chancen der zukünftigen Customer Journey. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass der Prozess für die Händler weiterhin vereinfacht wird, sodass der Kunde bereits mit einer klaren Erwartungshaltung bezüglich seiner Kfz-Versicherung zu einem Verkaufsgespräch erscheint.
AH: Neben dem Verkaufs- und Beratungsprozess sind auch die Produkte einer Kfz-Versicherung entscheidend. Die Telematik- sowie Hybrid-Versicherung beispielsweise sind besonders beliebt bei Kunden, da man durch vorausschauendes, beziehungsweise dem Fahren im EV-Modus, direkten Einfluss auf seine Versicherungsprämie hat und gleichzeitig die Umwelt schont. Wie erreichen Sie eine derartige Kundenakzeptanz bei diesen Produkten? Und sind weitere Produkte in diesem Bereich geplant?
U. Jüngling: Nun die Produkte an sich unterscheiden sich nicht wesentlich von denen anderer Anbieter am Markt. Entscheidend für die Akzeptanz sind hier aus meiner Sicht zwei Punkte: Zum einen ist das Thema Telematik/Connectivity ein zentraler Baustein unserer Produktstrategie und zum anderen unser Vertriebskanal.
Hier wird die Vertrauensbeziehung zum Kunden genutzt, um frühzeitig bei Rückfragen zur Seite zu stehen und Vorteile aufzeigen zu können. Hinzu kommt, dass das Thema Datenschutz mittlerweile kaum noch eine entscheidende Rolle, im Sinne des Misstrauens der Datennutzung, spielt. Weiter haben wir diese Produkte kundenfreundlich in die MyToyota-App integrieren können, sodass der Kunde einfach und übersichtlich ein echtes „OneToyota-Erlebnis“ hat.
Neben dem klassischen Telematik-Angebot sowie unserer erfolgreichen Hybrid-Versicherung überlegen wir natürlich, inwieweit wir die anstehenden BEV-Modelle von Toyota und Lexus in den kommenden Jahren versicherungsspezifisch begleiten können. Dafür ist es aber heute noch zu früh, eine Aussage zu treffen.
Auf den Kunden zugeschnitten
AH: Was ist der größte Vorteil der Telematik- und Hybrid-Versicherung beziehungsweise generell von Connectivity Produkten? Welche Herausforderungen sehen Sie in der Bewerbung dieser Produkte?
A. Scholl: Der größte Vorteil von Connectivity Produkten ist die genaue Ausrichtung auf den Kunden. Mit den entsprechenden Versicherungsprodukten, wie bspw. Hybrid- und Telematik-Versicherung, kann der Kunde gezielt bei seinem Versicherungsbeitrag sparen. Im Fall der Hybrid-Versicherung geschieht dies durch einen möglichst hohen Anteil der im EV-Modus gefahrenen Strecke – bei der Telematik-Versicherung geschieht das hingegen durch besonders umsichtiges und defensives Fahren. In beiden Fällen kann sich der Kunde einen Bonus auf seinen Beitrag selbst „erfahren“, CO2- Emissionen reduzieren und so gleichzeitig zum Umweltschutz beitragen.
Die größte Herausforderung in der Bewerbung der Produkte ist es, alle Vorteile gleichermaßen darzustellen und dem Kunden verständlich zu machen. Denn neben den attraktiven Start- und Folgeboni, einem Beitrag zum Umweltschutz sowie Einsparungen von Benzin und CO2-Emissionen, profitieren die Kunden bei der Hybrid-Versicherung ebenfalls von einer überschaubaren Kontrolle in der MyToyota-App. Hier können Sie nach jeder Fahrt den aktuellen Anteil der im EV-Modus gefahrenen Strecke kontrollieren und sehen nach jeder Fahrt die entsprechende Auswirkung auf den zu erwartenden Folgebonus.
Bei der Telematik-Versicherung zeigen Kunden aktiv Ihr Interesse an einer verantwortungsvollen Teilnahme am Straßenverkehr und erhöhen dabei die eigene Fahrsicherheit. Neben einem komfortablen Pannenhilfe-Button, über den man im Schadenfall mit einem persönlichen Ansprechpartner verbunden wird, erwartet die Kunden ein Startbonus sowie ein möglicher Folgebonus von bis zu 25 %. Auch hier kann der Kunde nach jeder Fahrt seinen persönlichen Score einsehen.
Zuerst der GW, dann die Versicherung
AH: Neben der zuvor angesprochenen Schadensituation am Markt, sind auch die momentanen Lieferengpässe ein großes Thema in der Automobilbranche. Diese kontrollieren seit einiger Zeit den Neuwagenmarkt in Deutschland. Gebrauchtfahrzeuge gewinnen daher zunehmend an Bedeutung. Wirkt sich das auch auf die Versicherung aus?
U. Jüngling: Ja, wir passen uns dem Markt an und werden diesen Bereich ebenso stärker in den Fokus nehmen. Das bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich, denn im GW-Geschäft gilt noch mehr die Devise: zuerst das Auto und dann die Versicherung. Zudem hat man im Gebrauchtwagensegment immer häufiger Großabnehmer oder Wiederverkäufer sowie Kunden die via Mobile.de oder Autoscout24 von weit außerhalb des Marktverantwortungsgebietes des Händlers kommen und damit zu keiner größeren Aussicht auf Wertschöpfung führen. Dennoch möchten wir zukünftig neue Produkte für den Handel bereitstellen. Beispielsweise ist die logische Konsequenz unserer Ergebnisse im Bereich Telematik bei Neuwagen, dieses Produkt entsprechend angepasst auch für Gebrauchtwagen anzubieten. Darüber hinaus wollen wir unsere Sichtbarkeit für den GW-Interessenten optimieren, um bereits im Informations- und Auswahlprozess konsequent dabei zu sein.
Alle Kundensegmente im Griff
AH: Wie verzahnen Sie das mit und im Sales-Bereich?
C. Mücke: Als zwölfmaliger Gewinner zur besten Kfz-Versicherung zeigen wir seit vielen Jahren in ununterbrochener Qualität und Kontinuität, dass wir unser Metier sehr gut beherrschen – unabhängig davon, ob es sich um einen Privat-, Gewerbe- oder Flottenkunden handelt. Durch den regelmäßigen Vertrieb unserer Versicherungsprodukte sichern sich unsere Autohaus-Partner die Erträge nicht nur über die Provisionen, sondern vor allem auch über den Aftersales-Bereich, da wir Unfallschäden in die Werkstätten unserer Partner steuern.
Denn die Vorteile, die sowohl das Autohaus als auch der Kunde durch uns als Versicherung haben, gelten für Gebrauchtwagenkäufer gleichermaßen wie für Neuwagenkäufer. Allerdings unterscheiden sie sich in der Art des Vertriebs, denn die Loyalität bzw. die Kundenbindung ist aufgrund des schnelleren und teilweise überregionalen Verkaufs im Gebrauchtwagen-Bereich nicht so stark wie beim Neuwagen-Verkauf. Die Kundenbindung auch im GW-Bereich aufzubauen, ist allerdings für die Ertragsentwicklung in den Autohäusern ein zunehmend wichtiger Faktor, den wir durch die Fokus-Erweiterung des GW-Versicherungsvertriebes erreichen wollen und müssen. Zudem nimmt die Steuerung von Unfallschäden durch Non-Captive-Versicherungen in die Partnerwerkstätten dieser Versicherungen permanent zu.
Über 80 % der Unfallschäden sind gesteuert – Tendenz steigend. Das bedeutet, dass der absolute Großteil aller Unfallschäden von Fahrzeugen, die nicht bei uns versichert sind, in die Partnerwerkstätten der jeweils anderen Versicherungen gelenkt werden – in der Regel keine Toyota-Betriebe.
Daher ist das Vermitteln unserer Toyota Insurance Services-Produkte auch für den GW-Bereich im Zusammenhang der zukünftigen Ertragsabsicherung in den Autohäusern ein extrem wichtiger Baustein.
AH: Sind hier auch konkrete Marketingmaßnahmen geplant, die vorher genannte GW-Offensive zu unterstützen?
A. Scholl: Im Gebrauchtwagen-Segment ist ein starkes Marketing besonders wichtig, um den Kunden zu erreichen. Denn der Kunde erwartet hier nicht zwangsläufig ein Versicherungs-Angebot. Hier sind wir bereits in Planung, es dem Kunden wesentlich zu erleichtern seine individuelle Versicherungsoption von Toyota Insurance Services, passend zu seinen Mobilitätsbedürfnissen, zu finden.
Wertschöpfung und Versicherung sind untrennbar verknüpft
AH: Wie bereiten Sie Ihren Außendienst auf neue Produkte vor? Beziehen Sie diese vorab mit ein?
C. Mücke: Wir arbeiten in allen Bereichen sehr eng zusammen. Das hat zur Folge, dass wir sowohl im Vertrieb als auch im Bereich Marketing sehr genau wissen, was am Markt funktioniert – vor allem auch durch die Nähe unseres Außendienstes zum Handel. Bei Themen, die konkret die Händler betreffen, binden wir aber nicht nur unseren Außendienst mit ein, sondern teilweise auch den Handel direkt. Denn letztendlich muss das neue Produkt nicht nur uns als Toyota Insurance Services gefallen, sondern vor allem unseren Kunden und denen, die unsere Policen vertreiben und verkaufen. Bevor neue Produkte oder Prozesse den Markt erreichen, werden unsere Regionalmanager natürlich involviert.
AH: Zum Abschluss noch die Frage nach dem kurz- und mittelfristigen Ausblick in Sachen Kfz-Versicherung?
U. Jüngling: Ich bin der festen Überzeugung, dass das Thema Versicherung langsam, aber stetig an Bedeutung gewinnen wird. Sinkende Margen und Werkstatterträge führen zwangsläufig dazu, dass sich der Handel – aber auch der Hersteller – mit dem Thema der Wertschöpfung und damit auch Versicherung auseinandersetzen muss, um die notwendigen Erträge wie auch die Kundenbindung sicherzustellen. Hinzu kommt, dass mit der Weiterentwicklung der Fahrzeuge sich zwangsläufig entsprechend sinnvolle Zusatzprodukte anbieten werden. Das Thema Versicherung beginnt weder am vorderen Stoßfänger noch endet es am hinteren.
AH: Frau Scholl, Herr Jüngling, Herr Mücke, vielen Dank für dieses interessante Gespräch.(kt)