Niedriger Kraftstoff- beziehungsweise Energieverbrauch eines Fahrzeugs ist bereits seit vielen Jahren ein zugkräftiges Verkaufsargument der Automobilindustrie. Obwohl dieses Thema durch die aktuellen Preissteigerungen sicherlich nicht uninteressanter wird, überstrahlt es in der öffentlichen Diskussion einen anderen Aspekt: Die Umweltbelastung während der Fahrzeugproduktion. Laut Experten verursacht die Fertigung eines Modells schätzungsweise 5,3 Tonnen an CO2-Ausstoß, was rund 15 bis 20 Prozent der Emissionen auf die gesamte Lebenszeit ausmacht. 80 – 85% des Gases werden "auf der Straße" ausgestoßen und nur rund ein Prozent nach Ende der Nutzungsdauer, etwa durch Wiederaufbereitung und Recycling.
Ungünstige Ökobilanz
Zudem kommen im Fahrzeugbau größtenteils nach wie vor Metalllegierungen aus Eisen und Aluminium zum Einsatz, Rohstoffe, deren Vorkommen nicht endlos sind. Bis sie so zu hochfesten Stählen verarbeitet sind, dass sie den modernen Anforderungen in Sachen Leichtbau, Strukturfestigkeit und Crashsicherheit entsprechen, sind Unmengen an Zusatzstoffen wie Bauxit und Energie notwendig. Auch Kunststoff spielt nach wie vor eine wichtige Rolle in Automobilwerken. Zwar lassen sich diese Materialien größtenteils wiederverwenden, doch ist Recycling in unserer Kreislaufwirtschaft nicht der Weisheit letzter Schluss: Startet der Werkstoff in einem weiteren Produktionsprozess "sein zweites Leben", wird dafür erneut Energie notwendig.
Gebrauchtteil statt Recycling
Anders sieht es bei der Wiederverwendung eines Fahrzeugteils als gebrauchte Komponente aus. Selbst wenn eine Aufbereitung zum Austauschteil notwendig sein sollte, werden im Vergleich zur Produktion eines Neuteils – aber auch zum Recycling – erhebliche Mengen an Ressourcen eingespart: durchschnittlich 50 Prozent weniger Energie und bis zu 80 Prozent weniger Material sind bei einer Wiederaufbereitung nötig, der CO2-Ausstoß wird also deutlich reduziert. Wer Rohstoffvorkommen schonen sowie den Energieverbrauch und Klimagasemissionen signifikant verringern möchte, sollte also zunächst auf Wiederverwendung (Gebrauchtteil), dann Wiederaufbereitung (Austauschteil) und erst ganz am Ende des Lebenszyklus auf Recyclingprozesse setzen.
Umfangreiche Studie
Wie groß das Einsparpotenzial gebrauchter Stoßfänger, Heckklappen und Scheinwerfer wirklich ausfällt, untersucht eine Fachhochschule gerade im Auftrag von ClaimParts. Im Rahmen der Studie werden Ersatzteile verschiedener Materialien genau unter die Lupe genommen: Woher stammen Roh- und Zusatzstoffe vorzugsweise, auf welchen Wegen und mit welchen Transportmitteln werden sie angeliefert und wo werden diese verarbeitet? Dadurch soll die tatsächliche Energiebilanz von Motorhauben aus Aluminium oder Stahl ermittelt werden, um diese anschließend mit Gebrauchtteilen gegenüberzustellen. Auch für diese wird der CO2-Fußabdruck recherchiert, indem unter anderem Ursprung und Anbieter, Entfernung zum Einsatzort und Transport sowie der Energieverbrauch für Verwertung, Aufberereitung, Einlagerung und Lieferung berechnet wird.
Darüber hinaus haben es sich die Wissenschaftler zum Ziel gesetzt, das Thema "Soziale Verantwortung und Menschenrechte" zu betrachten, um die (oftmals Niedriglohn)-Arbeiter, die für Gewinnung und Verarbeitung der eingesetzten Rohstoffe sorgen, in der Studie zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Untersuchung werden wir in einer der kommenden Ausgaben von AUTOHAUS Schadenmanager vorstellen. (kt)