Spinnweben auf den Blitzern, die den Messwert beeinflussen, Geldmaschinen für marode Kommunalhaushalte – Tempokontrollen sind durch solche und ähnliche Geschichten, die immer wieder Messfehler, technische Mängel des Geräts und Bedienungsfehler aufzeigen oder "Abzocke" vermuten lassen, in den vergangenen Jahren stark in Verruf geraten. Der Arbeitskreis IV des 51. Deutschen Verkehrsgerichtstages beschäftigte sich eingehend mit der Frage, wie die Akzeptanz der Tempokontrollen bei den Verkehrsteilnehmern wieder erhöht werden kann.
Die Experten unter der Leitung von Jürgen Cierniak, Richter am Bundesgerichtshof, diskutierten über die Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit der Tempokontrollen, Akteneinsichtsrechte für Verteidiger und standardisierte Messverfahren. Hier sind die Erkenntnisse:
Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit
Die Akzeptanz von Geschwindigkeitsmessungen muss erhöht werden. Deswegen sind Ort, Zeit und Auswahl der Messstellen ausschließlich an der Verkehrssicherheit und dem Umweltschutz (insbesondere Schutz vor Lärm und Luftverschmutzung) auszurichten. Eine Aus- und Fortbildung des Messpersonals ist zwingend erforderlich und muss in der Gebrauchsanweisung vorgeschrieben sein. Sie hat sich an dem jeweils aktuellen technischen Stand der Messanlage zu orientieren und ist nachvollziehbar zu dokumentieren. Der Arbeitskreis fordert ferner die Einführung einheitlicher Messprotokolle als Bestandteil der Zulassungsgenehmigung. Zu diesem Zweck empfiehlt der AK die Bildung eines gemeinsamen Gremiums der damit befassten Personen und Institutionen. Die Gebrauchsanweisungen der Messgeräte sind nur dann zulassungsfähig, wenn sie technisch und sprachlich eindeutig formuliert sind.
Akteneinsichtsrechte
Alle zur Beurteilung der Messung gehörenden Informationen – wie insbesondere die Gebrauchsanweisung und der vollständige Datensatz der jeweiligen Messreihe – müssen dem Verteidiger und dem beauftragten Sachverständigen von der Verwaltungsbehörde ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung gestellt werden. Dazu hat die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB) den Herstellern in der Bauartzulassung die entsprechende Offenlegung sämtlicher technisch greifbarer Daten zur Überprüfung der konkreten Messung aufzuerlegen.
Standardisierte Messverfahren
Änderungen der Gerätesoftware sind nach Paragraph 26 der Eichordnung zu behandeln. In noch nicht bestandskräftig erledigten Fällen von Messungen mit der alten Softwareversion kann nach Ansicht des Expertengremiums ein konkreter Anhaltspunkt vorliegen, der eine Überprüfung der Messung notwendig macht. Standardisierte Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung erfordern eine Foto- oder Videodokumentation. (ses/ll)
Arbeitskreis IV: Tempokontrollen sind keine Einnahmequellen
Tempokontrollen dürfen nur der Verkehrssicherheit und dem Umweltschutz dienen, finanzielle Anreize für die Errichtung von Messstellen müssen hintenangestellt werden. So lauten die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Arbeitskreis IV des 51. Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar.