Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft auf weitere Fortschritte beim bisher eher schleppenden Ausbau der Elektromobilität in Deutschland. "Wir kommen voran", sagte sie am Mittwoch in Berlin. "Wir haben den Einstieg in den Massenmarkt vollzogen, aber wir müssen das natürlich jetzt in die gesamte Breite hineinbringen." Regierungsberater gehen nun allerdings auch offiziell davon aus, dass Deutschland sein Ziel für 2020, eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen, erst mit zwei Jahren Verspätung erreicht. Die beratende Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) übergab der Kanzlerin in Berlin ihren Bericht.
Merkel verwies auf ein wachsendes Angebot an E-Auto-Modellen und den Ausbau des Ladenetzes. Auch Kommunen könnten hier aber noch "sehr viel agiler" sein. Merkel betonte, die deutsche Industrie solle "im Rahmen unserer strategischen Fähigkeiten" auch mit anderen europäischen Ländern an einer eigenen Batteriezellen-Produktion teilnehmen. Am Vortag hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Brüssel angekündigt, dass eine Batteriezellen-Produktion in Deutschland eröffnet werde.
Dass das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 nicht erreicht wird, zeichnet sich schon lange ab - auch Merkel hatte das schon gesagt. Ausgehend von der derzeitigen Marktdynamik werde es voraussichtlich 2022 erreicht, heißt es nun im Fortschrittsbericht der NPE. Das Gremium wird nun weiterentwickelt zu einer Nationalen Plattform "Zukunft der Mobilität", die sich unter anderem mit alternativen Antrieben, autonomem Fahren, Rohstoffen und Recycling befasst. Das beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch. Bereits Ende dieses Jahres sollen Vorschläge für mehr Klimaschutz im Verkehr vorliegen.
Autoland Deutschland liegt weit zurück
Anfang 2018 fuhren 98.280 reine Stromer und Autos mit Plug-in-Hybridmotor auf deutschen Straßen. Bis Ende August zählte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in diesem Jahr zwar noch einmal 45.422 Neuzulassungen. Doch auch dieser Aufwärtstrend dürfte nicht reichen, um die Marke zu knacken. Im internationalen Vergleich liegt das Autoland Deutschland damit weit hinter Staaten wie China, den USA, aber auch Norwegen zurück, wo Elektromobilität stärker gefördert wird.
NPE-Chef Henning Kagermann riet der Bundesregierung, den Umweltbonus für E-Autos zu zahlen, bis das Millionen-Ziel erreicht sei. Der steigende Marktanteil der Elektromobilität sei "kein Selbstläufer". Der Kauf eines batteriebetriebenen Autos wird mit einem Umweltbonus von 4.000 Euro und der eines Plug-in-Hybrid-Neufahrzeugs mit 3000 Euro bezuschusst. Bund und Autoindustrie tragen jeweils die Hälfte bei. Die über den Energie- und Klimafonds zu Verfügung stehenden Bundesmittel betragen 600 Millionen Euro.
Mehrere Vorschläge vorhanden
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) reagierte zurückhaltend: "Jetzt müssen wir uns natürlich Gedanken machen, was für Vorschläge wir nehmen. Da ist der Umweltbonus ein Baustein", sagte er. Förderinstrumente und Fördermittel gebe es ausreichend. Man müsse einen größeren Mittelabfluss erreichen, indem man etwa verhindere, dass die Förderung "an irgendeiner kleingedruckten rechtlichen Regelung" scheitere.
Als Hemmnis für die Verbreitung von Elektroautos galten bisher der vergleichsweise hohe Preis, die wenigen Modelle und die Reichweite einer Batterieladung, die lange nicht an die einer Tankfüllung heranreichten. Zugleich fehlten Ladestationen, um dieses Manko vor allem auf längeren Strecken auszugleichen. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind für eine Million E-Autos auf den Straßen 70.000 Normal-Ladepunkte und 7.000 Schnell-Ladepunkte nötig. Zuletzt zählte der BDEW nur 13.500 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte - etwa in Parkhäusern und Hotels. (dpa)