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Maut-Ausschuss: Scheuer muss nochmals aussagen

11.01.2021 03:17 Uhr
Bundesverkehrsminister Scheuer muss erneut vor dem Maut-Untersuchungsausschuss aussagen.
© Foto: picture alliance/Bernd von Jutrczenka/dpa

"Zirkus" oder Suche nach der Wahrheit? In einem Jahr Maut-Untersuchungsausschuss ist viel passiert. Die Hauptfigur der Vorgänge muss noch einmal aussagen.

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Der Untersuchungsausschuss des Bundestags zur gescheiterten Pkw-Maut geht nach mehr als einem Jahr Arbeit auf die Zielgerade. Zwar sieht die Opposition Vorwürfe gegen Verkehrsminister Andreas Scheuer erhärtet. Der CSU-Politiker aber ist immer noch im Amt. Er weist Vorwürfe zurück.

Bei den gleich drei Sitzungen in dieser Woche geht es erneut um die Frage, was genau bei der Maut schief gelaufen ist. Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler etwa im Vergaberecht vor. Er habe außerdem Verträge abgeschlossen, bevor Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte das deutsche Modell für eine Pkw-Maut im Sommer 2019 gekippt, weil sie Fahrer aus dem Ausland benachteilige.

Für das Ministerium muss das ein Schock gewesen sein. "Wir waren der festen Überzeugung, es kommt ein positives Urteil", sagte Abteilungsleiter Karl-Heinz Görrissen, ein wichtiger Berater Scheuers, am Montag als Zeuge im Ausschuss. Um so überraschter sei man vom Urteil gewesen. Das Ministerium sei überzeugt davon gewesen, dass die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Pkw-Maut europarechtskonform gewesen sei. Auch das Bundespräsidialamt habe dies ungewöhnlich lange geprüft.

Hohe Schadenersatzforderungen 

Nun aber könnte die gescheiterte Pkw-Maut den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Die vorgesehenen Betreiber fordern 560 Millionen Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge direkt nach dem Urteil gekündigt hatte.

Die Vorgeschichte der Pkw-Maut steht am Donnerstag im Vordergrund, dann soll der frühere Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) befragt werden, der von 2013 bis 2017 im Amt war - bis ihm Scheuer folgte. Der aktuelle Verkehrsminister soll zum Abschluss der Zeugenbefragungen Ende Januar erneut gehört werden, danach wird der Abschlussbericht geschrieben.

Zu Beginn der Ausschuss-Arbeit im Dezember 2019 hatte der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner (SPD) davor gewarnt, das Gremium zu einer "politischen Show-Bühne" zu machen. Dennoch war und ist es das offenkundige Ziel der Opposition, den Rücktritt Scheuers zu erreichen. Weswegen der CSU-Abgeordnete Michael Frieser im Bundestag schimpfte, die Opposition wolle nur Zirkus und nicht die Suche nach der Wahrheit.

Bisher habe der Ausschuss keine überraschenden Erkenntnisse gewonnen, sagte Unions-Obmann Ulrich Lange (CSU). "Vorwürfe der Opposition haben sich nicht bestätigt." Das sieht die Opposition völlig anders. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte, um die Maut umzusetzen, habe Scheuer systematisch und bewusst Haushalts- und Vergaberecht gebrochen - und Verträge zur Umsetzung der Pkw-Maut völlig übereilt und ohne genauere Kenntnis der Schadenssumme gekündigt. "Der Effekt: Die größtmögliche Schadenssumme kann entstehen."

Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht

FDP-Obmann Christian Jung sprach von einer Reihe "offenkundiger Verstöße" nicht nur gegen Europarecht, sondern ebenso gegen Haushalts- und Vergaberecht. Deswegen könnte am Ende der Bewertung eine Feststellung zwischen Organisationsverschulden, fehlenden Kontrollmechanismen und Verantwortungsmissbrauch stehen. Der Linke-Obmann Jörg Cezanne meinte: "Im Rahmen der bisherigen Aufarbeitung des Mautdesasters wurde deutlich, dass die Minister Dobrindt und Scheuer die CSU-Ausländermaut ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen wollten."

Scheuer selbst warf der Opposition vor, ihr Ziel sei keine sachliche Aufarbeitung. Er wies im Deutschlandfunk erneut darauf hin, er habe als Minister ein Gesetz umgesetzt: "Nicht mehr und nicht weniger."

Die erste Befragung des Ministers im vergangenen Oktober war bisher der Höhepunkt des Maut-Ausschusses. Am Ende aber stand Aussage gegen Aussage. Denn Scheuer und Manager der einstigen Betreiberfirmen widersprachen sich in zentralen Darstellungen.

Kein Angebot für Verschiebung des Vertragsabschlusses  

Die Manager hatten ausgesagt, sie hätten Scheuer im Herbst 2018 angeboten, mit dem Abschluss des Maut-Betreibervertrags zu warten, bis der Europäische Gerichtshof entscheidet - auch weil zwischen dem Angebot der Firmen und den eingeplanten Haushaltsmitteln ein großes Loch klaffte. Scheuer habe das aber abgelehnt. Der Minister dagegen sagte aus: Ein Angebot der Betreiber zu einer Verschiebung eines Vertragsschlusses bis zu einem EuGH-Urteil habe es nach seiner Erinnerung nicht gegeben.

Die Opposition zweifelte die Glaubwürdigkeit des Ministers an - scheiterte aber mit der Forderung, Scheuer und Manager zeitgleich erneut zu befragen. Dagegen stimmte neben der Union auch SPD. Die SPD spielt überhaupt eine nicht unwesentliche Rolle bei der Frage, warum Scheuer noch im Amt ist. Nach seinem Auftritt im Ausschuss im Oktober sagte die SPD-Obfrau Kirsten Lühmann, zwar habe die Befragung nicht die Klarheit erbracht, die man sich erhofft habe - aber Scheuer sei auch keine Falschaussage nachzuweisen.

Scheuer nicht unumstritten 

Die SPD senkte also nicht den Daumen und forderte offen den Rücktritt des Ministers. Das hätte den Koalitionspartner in Bedrängnis bringen können. Innerhalb der CSU war und ist Scheuer durchaus nicht unumstritten. Vor einem Jahr zeigte sich CSU-Chef Markus Söder offen für eine Kabinettsumbildung - es schien, als wackle vor allem der Stuhl Scheuers. Dann aber kam die Corona-Krise

Und Scheuer ist noch im Amt. Zwar hat er durchaus etwas auf der Habenseite in seiner Amtszeit - zum Beispiel deutlich mehr Geld für die Schiene oder eine Einigung unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft auf neue Maut-Regeln für Lastwagen. Dazu kommt aber neben der Pkw-Maut etwa der Schlamassel um den neuen Bußgeldkatalog, der wegen eines Formfehlers in der Straßenverkehrsordnung immer noch außer Vollzug ist. (dpa)

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