Die Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart sieht weiterhin großes Potenzial bei der Hardware-Nachrüstung von älteren Dieselfahrzeugen rund um die baden-württembergische Landeshauptstadt. "Wir sind gerade dabei, die Region zum Nachrüstungshotspot zu machen", sagte Innungsgeschäftsführer Christian Reher laut einer Mitteilung. Das Problem: Die Nachfrage nach Nachrüstsätzen sei derzeit höher ist als die Lieferfähigkeit der Anbieter.
Die Hoffnungen der Kfz-Branche im Südwesten beruhen vor allem auf dem nach wie vor großen Fahrzeugbestand. Aktuell sind den Angaben zufolge in der Region Stuttgart noch rund rund 145.000 Euro-5-Diesel unterwegs, in der Stadt allein etwas über 20.000. Demgegenüber stehen bereits 51.000 Euro-6-Diesel. Mit einem Anteil von über 62 Prozent liege Stuttgart deutlich besser als der Durchschnittswert der Region mit 46 Prozent. "Stuttgart hat derzeit die modernste Dieselflotte in der Region – und vermutlich auch in Deutschland", erklärte Obermeister Torsten Treiber.
Euro-4-Modelle verschwinden
Erwartungsgemäß ist der Rückgang bei Euro-4-Dieseln regionsweit am stärksten. Treiber: "Der Euro-4-Diesel ist bei uns eine aussterbende Art." Nicht ganz 43.000 Diesel-Pkw der Schadstoffklassen Euro 4 und schlechter seien 2019 von den Straßen verschwunden, dazu rund 21.000 Euro-5-Fahrzeuge. 28.000 dieser 64.000 Autos seien durch Euro-6-Diesel ersetzt worden, dazu seien jetzt 36.000 Benziner zusätzlich im Bestand.
Werden die älteren Dieselautos bis Euro-4-Norm addiert, sind nach den Abgaben derzeit noch rund 10.000 derart angetriebene Pkw vorhanden. "Für alle diese Fahrzeuge herrscht in Stuttgart Verkehrsverbot, wenn sie keine Oldtimer sind oder eine Ausnahmegenehmigung haben", so Treiber. Setze sich der derzeitige Schwund ungebremst fort, "gibt es Ende dieses Jahres nur noch Restexemplare mit H-Kennzeichen".
Bisher gilt in Stuttgart ein flächendeckendes Verbot für Euro-4-Diesel sowie – seit Jahresbeginn – auch ein Verbot für Euro 5 auf bestimmten Strecken (wir berichteten). Im Sommer soll es auch sogenannte zonale Beschränkungen für Euro 5 geben, wenn die Stickstoffdioxid-Grenzwerte bis dahin nicht eingehalten werden. Das Stuttgarter Verwaltungsgerichts hatte bereits 2017 festgelegt, dass auch flächendeckende Fahrverbote für Euro-5-Diesel in den Luftreinhalteplan für Stuttgart aufgenommen werden müssen. Das Land Baden-Württemberg hat dies aber noch nicht umgesetzt. Das Gericht erhöhte deshalb am Dienstag das Zwangsgeld für das Land auf 25.000 Euro.
Vor diesem Hintergrund steigt auch der Druck auf Euro-5-Besitzer, ihr Fahrzeug technisch umrüsten zu lassen. Nur so hätten diese Autos eine "Überlebenschance", betonte Treiber. Zumal auch in anderen Städten, etwa Ludwigsburg, Entscheidungen zu Fahrverboten anstünden.
Nachfrage übersteigt Angebot
Nach Darstellung der Innungsverantwortlichen sind die Bedingungen für eine Hardware-Nachrüstung in der Region besonders bei der Marke Mercedes gut. Das liegt auch an einer 3.000-Euro-Förderung durch den Hersteller. Entsprechend zahlreich sind die Kundenanfragen. "Wir haben einen Mitgliedsbetrieb, der berichtet von rund 30 Anfragen täglich, bei denen rund ein Drittel in Aufträge mündet. Das Autohaus hat derzeit mehr Aufträge, als Nachrüstsätze angeliefert werden. Ein zweites Autohaus hat 20 Bestellungen und rund 100 Anfragen. Kurz, die Nachfrage nach Nachrüstsätzen übersteigt momentan das Angebot", so Reher. Der Anbieter Dr. Pley/Bosal habe bis Mitte Januar von 150 ausgelieferten Nachrüstsätzen allein 40 an das Autohaus geliefert.
Obermeister Treiber hat derweil die zweite Gruppe – die Fahrer von VW-Dieseln – im Blick. Diese müssen sich allerdings noch gedulden. "Die Firma Oberland Mangold wird Stand heute Mitte Februar die ersten SCR-Hardware Nachrüstsysteme 'NeoPlus' ausliefern. Diese Systeme sind für VW-Motoren gedacht. Von Twintec/Baumot liegen leider noch keine Angaben vor", sagte er. Und auch für Mercedes-Autohäuser gelte: "Ein Drittel der Anfragen bezieht sich auf Fahrzeuge, für die noch keine Nachrüstsätze lieferbar sind." (rp)
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