Von Patrick Broich/SP-X
Der Ford Mondeo wurde schon immer von einer eher pragmatisch orientierten Zielgruppe mit dem Wunsch nach fairem Preis-Leistungsverhältnis bevorzugt. Das soll in der neuen Generation so bleiben, allerdings steht das günstigste Modell im Moment mit satten 27.150 Euro zu Buche. Dafür gibt es aber auch einen Benziner mit 118 kW / 160 PS Leistung, im nächsten Jahr kommt dann das eigentliche Basismodell mit 1,0-Liter-Motor, wahrscheinlich 125 PS und sicher einige tausend Euro günstiger.
Aber der Preis allein macht es auch bei Ford schon längst nicht mehr. Spätestens seit Fiesta und jüngst auch Focus mit einer neuen, markanteren Front um Kunden buhlen, die unweigerlich an die Aston-Martin-Designsprache erinnert, wird deutlich: Die Marke mit der berühmten blauen Pflaume setzt jetzt auch auf emotionale Werte. Zunächst allerdings muss man dem Mondeo eine deutliche Verspätung vorhalten. Wegen einer Produktionsumstellung in Europa kommt der große Ford mit einem Jahr Verzögerung. In den USA ist das Fahrzeug sogar schon seit 2013 im Handel, dort unter dem Namen Fusion.
Schön, dass er jetzt da ist und dass er optisch vom ersten Blick an überzeugt: großer Kühler, scharfer Knick in der Flanke, Powerdomes auf der Motorhaube und schneidige Scheinwerfer, auf Wunsch in Voll-LED-Technik. Wer die Hightech-Lampen wählt (1.250 Euro), bekommt übrigens Blinker in dynamisierter Form, so wie sie auch Audi anbietet. Darüber hinaus offeriert der neue Mondeo alle erdenklichen Komfort- und Sicherheitsfeatures; diese reichen vom klimatisierten Massagesitz für 2.500 Euro Aufpreis über das autonome Bremssystem (ab 250 Euro) bis hin zu hinteren Gurt-Airbags, die es bisher nur in der Mercedes S-Klasse gab. Über die Standard-Assistenten wie Spurhalte-Kontrolle inklusive aktiver Lenkung oder Verkehrszeichen-Erkennung kann dieser Ford sowieso nur müde lächeln. Müde ist er aber keineswegs – zumindest nicht in den Varianten, die der Hersteller für erste Proberunden bereitgestellt hat.
Direkteinspritzung und Turboaufladung
Beginnen wir mit dem 1,5 Liter großen Benziner. Direkteinspritzung und Turboaufladung sind die Zeichen der Zeit, das heißt aber nicht zwingend, dass die Laufkultur überzeugen muss. Doch in diesem Fall ist es so. Da der Ottomotor bereits im modifizierten Focus einen guten Eindruck hinterließ, kann er im besser gedämmten Mondeo kaum patzen. Selbst unter Ausnutzung des Drehzahlbandes bleibt er akustisch zurückhaltend und gefällt durch kräftigen Durchzug.
Dass sich der Mondeo in dieser Variante im andalusischen Mittelgebirge eher zwölf statt sechs Liter nimmt, darf man ihm nicht verübeln – wer etwas leistet, braucht auch Energie. Und der 1,5-Tonnen-Brocken mit 118 kW / 160 PS macht mehr Fahrspaß, als die reine Papierform glauben macht, animiert also zum sportlichen Umgang. Schließlich benötigt er gemäß Werksangabe 9,3 Sekunden bis Landstraßentempo, Sportwagen-Werte sind das nicht gerade. Vielleicht liegt es aber auch am agilen Fahrwerk und der präzisen elektro-mechanischen Servolenkung. Die neue Hinterachskonstruktion mit Integral-Lenker verfügt über eine passive Mitlenk-Funktion. Dabei gelang es den Fahrwerkern, dem dynamischen Mittelklässler auch eine fein dämpfende Note zu verpassen. Schlechte Straßenpassagen bügelt er wirkungsvoll glatt. Wer das 2.000 Euro teure Komfortpaket mit elektrisch verstellbaren Sitzen und aktivem Tempomat bestellt, bekommt auch eine variable Dämpferregelung dazu.
Spürbar kopflastiger, aber keineswegs spaßärmer kommt der 2,0 TDCI mit 132 kW / 180 PS um die Ecke. Sobald der Lader nach Luft schnappen kann, stehen 340 Nm bereit. Da es dafür aber 2.000 Umdrehungen braucht, ergibt sich eine winzige Anfahrschwäche. Aber er bleibt immerhin schon deshalb moderat im Ton, weil man in der Mondeo-Zelle recht abgeschirmt von Geräuschen weilt. Als Diesel identifizierbar bleibt der Zweiliter aber schon, was nicht unsympathisch ist.
Hybridantrieb ab 2015
Ab nächstem Jahr können die Interessenten für Fords Mittelkasse auch einen Hybriden wählen. Der ist mindestens 34.950 Euro teuer und bietet im Gegenzug 138 kW / 187 PS Systemleistung. Genau wie die ab Start verfügbaren Econetic-Varianten (ab 28.750 Euro) glänzt er mit weniger als 100 g CO2/km und erfüllt damit die Effizienz-Klasse A+. Glaubt man dem Geschäftsführer Marketing und Vertrieb, Wolfgang Kopplin, werden die Verkäufe des Benzin-Stromers allerdings nur zwei Prozent an der Gesamtpalette ausmachen, zumal er nur als viertürige Limousine erhältlich ist.
Eine kurze Runde mit dem Doppelherzler bescheinigt ihm zwar quirligen Vortrieb, aber auch das typische Muster der leistungsverzweigten Kraftübertragung: Bei kräftigem Gaseinsatz verharrt die Drehzahl oben, während es zügig auf Tempo geht – das mag der Europäer im Gegensatz zum Amerikaner für gewöhnlich nicht. Ganz schön zügeln muss man das Temperament aber, wenn es rein elektrisch vorangehen soll. Zwar verspricht das Werk bis zu 135 km/h ohne Verbrenner, aber das bleibt wohl Theorie. Potent genug wäre die rund 88 kW / 120 PS starke und 250 Nm übertragende Elektromaschine schon, doch der Akku ist mit 1,4 kWh einfach zu klein, als dass er nachhaltig Energie liefern könnte für ausgiebige Elektrofahrten.
Ganz auf modern macht der Mondeo mit seinem Enter- und Infotainment. Die Topvarianten zeigen mit großflächiger TFT-Fläche im Kombiinstrument, was Stand der Technik ist. Erfreulich, dass es gleich mehrere Infofelder gibt. So können beispielsweise die Bordcomputer-Werte und etwaige Zielführungspiktogramme der Navigation gleichzeitig dargestellt werden. Apropos Navigation: Analog zum gelifteten Focus gibt es ein komplett neues System mit intuitiv bedienbarem Touchscreen und schönem Kartenbild. Hinzu kommt eine Vielzahl an Funktionen, darunter auch die Möglichkeit, diverse Handy-Applikationen auf dem großen Monitor abzubilden und von dort aus zu steuern. Ab Mitte 2015 gesellt sich zu den ohnehin schon vielen Varianten eine Allradversion (in Verbindung mit den 110 kW / 150-PS- und 132 kW / 180-PS-Dieseln). Abgesehen davon wird es noch eine maximal luxuriöse Vignale-Ausführung geben. Hoffentlich mutet Ford seinen Kunden da nicht zu viel Qual der Wahl zu.