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Diesel-Fahrverbote: Bundesgericht präzisiert Bestimmungen

18.05.2018 14:29 Uhr
Startschuss naht: Hamburg hat bereits 55 Umleitungs- und 49 Verbotsschilder angebracht.
© Foto: picture alliance / Daniel Bockwoldt/dpa

Vor knapp drei Monaten hat das Bundesverwaltungsgericht Diesel-Fahrverbote grundsätzlich für zulässig erklärt. Nun liegt das schriftliche Urteil vor – was bedeutet das nun für Dieselfahrer?

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Im Kampf gegen zu schmutzige Luft können Städte einzelne Straßen für ältere Diesel sperren – Fahrverbote für größere Innenstadtbereiche sind nicht so einfach möglich. Das geht aus dem schriftlichen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hervor, das der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorlag.

Für ganze Zonen seien zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit nur "phasenweise" Verbote je nach Alter und Schadstoffausstoß sowie Ausnahmeregeln erforderlich. Dann brauche es auch keine Entschädigungen für betroffene Autobesitzer. Als bundesweit erste Stadt könnte Hamburg noch in diesem Monat erste Diesel-Verbote an zwei viel befahrenen Straßen verhängen.

Die ausführliche Begründung war mit Spannung erwartet worden, nachdem die Richter Fahrverbote bei der Urteilsverkündung vor knapp drei Monaten grundsätzlich erlaubt hatten. Nun erläutern sie näher, welche Anforderungen sie an die geforderte Verhältnismäßigkeit stellen. Die höchstrichterlichen Urteile beziehen sich auf konkrete Fälle in Stuttgart und Düsseldorf, haben aber grundsätzliche Signalwirkung.

Strenge Anforderungen für "zonale Verbote"

Die Richter unterscheiden klar zwischen Verboten nur auf einzelnen Strecken und in größeren Innenstadtzonen. Für "zonale Verbote" formulieren sie strenge Anforderungen: "Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist stets zu beachten und verbietet es, derartig weitreichende Verkehrsverbote ohne Berücksichtigung der damit für die Betroffenen verbundenen wirtschaftlichen Folgen auszusprechen." So sei eine "phasenweise Einführung" zu prüfen, bei der Verbote zunächst nur für "ältere Autos (etwa bis zur Abgasnorm Euro 4)" kommen.

Für neuere Euro-5-Fahrzeuge komme eine Sperrung ganzer Cityzonen "nicht vor dem 1. September 2019" in Betracht – wie die Richter bereits in ihrer mündlichen Urteilsbegründung Ende Februar erklärt hatten. Dieser Zeitpunkt liege vier Jahre nach Inkrafttreten der Abgasnorm 6 für alle Neuwagen zum 1. September 2015. Damit sei gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro 5-Fahrzeugs eine "uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer" verbleibe, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden seien, hinausgehe. Zudem seien Ausnahmen etwa für Handwerker oder Anwohner zu prüfen.

Für Verbote nur auf einzelnen Straßen oder Straßenabschnitten sehen die Richter keine größeren Hürden. Derartige Einschränkungen gingen nicht über sonstige Durchfahrt- und Halteverbote hinaus, "mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen." Eine uneingeschränkte Anfahrtsmöglichkeit "bis unmittelbar vor die Haustür" gehören in Ballungsgebieten auch für den Eigentümer eines Wohngrundstücks nicht zum Kernbereich des Anliegergebrauchs. Laut Urteilsbegründung zu Düsseldorf seien auch Ausnahmeregeln etwa für Handwerker zu prüfen.

Vorbereitungen laufen

In Hamburg laufen derzeit die Vorbereitungen für Fahrverbote in zwei Straßenabschnitten im Stadtteil Altona-Nord. Seit Dienstag wurden insgesamt 55 Umleitungs- und 49 Verbotsschilder an den betroffenen Abschnitten angebracht. Der genaue Termin für die Verbote ist aber unklar. Die Urteilsbegründung aus Leipzig ist wichtig für die Hamburger Behörden, um die rechtlichen Vorgaben des Gerichts korrekt umsetzen zu können.

Laut dem Hamburger Luftreinhalteplan soll ein 580 Meter langer Abschnitt der Max-Brauer-Allee für Dieselfahrzeuge gesperrt werden, die nicht die moderne Abgasnorm Euro-6 erfüllen. Ebenfalls unter ein Fahrverbot soll ein rund 1,6 Kilometer langer Abschnitt der Stresemannstraße fallen. Dieser soll aber nur für ältere Diesel-Lkw gesperrt werden, nicht für Pkw. Ausgenommen sind zudem Rettungsfahrzeuge, Anwohner und deren Besucher, Müllwagen, Lieferfahrzeuge und Taxis, sofern sie Passagiere aufnehmen oder absetzen. Laut dem Kraftfahrt-Bundesamt waren in Hamburg zum Jahresanfang 264.406 Diesel-Pkw zugelassen. Davon erfüllten 96.356 Wagen die sauberste Euro-6-Norm, 80.803 die Euro-5-Norm, die anderen Euro-4 und schlechter.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als Klägerin in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht forderte die zuständigen Behörden auf, Diesel-Fahrverbote "unverzüglich" in Luftreinhaltepläne aufzunehmen und vorzubereiten. Das schriftliche Urteil verdeutliche, dass Gesundheitsschutz Vorrang habe. "Dieses Urteil ist ein Debakel für die amtierende Bundesregierung, die sich einseitig für die Profitinteressen der Autokonzerne einsetzt und zehn Millionen Besitzer von Betrugs-Diesel-Pkw alleine lässt", sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

In vielen deutschen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte nicht eingehalten – 2017 waren es 66 Kommunen. Dabei geht es um den Ausstoß von gesundheitsschädlichen Stickoxiden. Diesel-Fahrzeuge gelten als ein Hauptverursacher. Deutschland kommt wegen zu schmutziger Luft durch Diesel-Abgase zunehmend unter Druck. Die EU-Kommission hatte am Donnerstag angekündigt, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen, damit Grenzwerte eingehalten werden. In der großen Koalition dringt die SPD nun verstärkt auf technische Nachrüstungen älterer Diesel. (dpa)

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