Mehrere renommierte Historiker haben den VW-Konzern wegen eines angeblich unfairen Umgangs mit seinem inzwischen ausgeschiedenen Chefhistoriker kritisiert. "Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind wir über den Fall Grieger empört und überaus beunruhigt", hieß es am Dienstag in einer Erklärung. "Es stellt sich die Frage, ob VW zur Geschichtspolitik vergangener Tage zurückkehren will, die einseitig der Verherrlichung der eigenen Geschichte unter Ausklammerung dunkler Seiten diente." Der Konzern wies die Kritik als unbegründet zurück.
Ende Oktober war bekanntgeworden, dass der Konzern-Chefhistoriker Manfred Grieger Europas größten Autobauer nach fast 20 Jahren Zugehörigkeit verlässt. Der Auslöser ist laut dpa-Informationen ein interner Streit über Abstimmungsvorgaben für Griegers Arbeit. Der Experte für Zwangsarbeit im Nazi-Deutschland hatte eine Studie über die NS-Verstrickungen der Konzern-Tochter Audi als handwerklich mangelhaft und verharmlosend kritisiert. Ende Oktober hat Grieger einem VW-Sprecher zufolge den Konzern verlassen. Er sei aber nicht entlassen worden, ebenso wenig habe VW eine Trennung forciert, sagte der Sprecher.
Das Schreiben der Historiker hat nun Prof. Hartmut Berghoff von der Universität Göttingen versendet, stellvertretend für seine Kollegen. Nach seinen Angaben haben mehr als 75 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland die Erklärung unterzeichnet. Mehrere Historiker bestätigten der Deutschen Presse-Agentur, zu den Unterzeichnern zu gehören.
Ein VW-Sprecher erklärte: "Wir sind verwundert über diese Thesen. Sie sind durch nichts belegt." Volkswagen erkenne die von Grieger erbrachten Leistungen "unverändert an". Volkswagen habe seine Geschichte "konsequent, ehrlich und nachhaltig" aufgearbeitet und werde dies auch künftig tun. (dpa)