Die Traditionsmarke Ssangyong soll schon bald in KG Mobility umbenannt werden. Grund sind ein neuer Eigner und eine von Insolvenzen und Besitzerwechseln geprägte Vergangenheit. Um Kunden zu locken, brauchen Automarken eigentlich Strahlkraft, die von Misserfolgen eher geschwächt wird. Insofern scheint es fast abwegig, dass einige kläglich gescheiterte Automarken wiederbelebt werden. Doch das Auferstehen einst untergegangener Hersteller mit mehr oder weniger großer Historie hat seit einiger Zeit Konjunktur.
MG
Ein typisches Beispiel für eine alte ehrwürdige Marke mit mittlerweile 100-jähriger Geschichte ist MG. Das ursprünglich britische Unternehmen, 1923 als Morris Garage in Oxford gegründet, startete zunächst als Umbauspezialist. Heute wäre das wohl einen Tuner nennen. Ende der 20er-Jahre folgten erste eigene Roadster. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten die "Goldenen Jahre" mit günstigen, sportlichen Autos. Zu den Ikonen dieser Zeit zählt der von 1962 bis 1980 gebaute MGB. Die 80er-Jahre läuteten auch den Niedergang ein. MG verkam zur gehobenen Ausstattungsvariante, wurde dann zum Anhängsel in einem von wenigen Höhen und vielen Tiefen begleitetem Wirtschaftsdrama mit immer wieder wechselnden Konzernnamen und Eignern wie British Leyland Motor Corporation, Rover Group, BMW oder Phoenix-Venture Group.
Seit 2007 hat die Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) das Sagen und ein bislang erstaunlich glückliches Händchen bewiesen, MG schrittweise auch in Europa als Automarke zu etablieren. Alte MG findet man auf unseren Straßen eigentlich keine mehr. Dafür die neuen aus China. Mittlerweile bietet MG Motor in Deutschland fünf Baureihen. Der Fokus liegt dabei auf elektrisch angetriebenen Modellen. Fast 16.000 Autos waren es hierzulande vergangenes Jahr, was einem Plus von fast 500 Prozent entspricht. Im ersten Quartal 2023 beträgt das Plus immerhin noch fast 180 Prozent. SAIC hat mit MG noch einiges vor. 2024 kommt etwa der Elektro-Roadster Cyberster, der an die Ur-Tradition der Marke anknüpft.
MG Cyberster
BildergalerieLancia
Wiederbelebt? Im Fall von Lancia ist das wohl nicht ganz richtig, denn vollständig tot war das 1906 in Italien gegründete Unternehmen eigentlich nie. Anders als MG kann Lancia auf eine sehr lange und facettenreiche Ahnengalerie auch luxuriöser und vornehmer Modelle zurückblicken. Das blieb auch seit der Übernahme durch Fiat im Jahr 1969 so. In den 70er- und 80er-Jahren wurden viele weitere Lancia-Ikonen erschaffen. Seit der Zusammenführung mit Alfa Romeo wurde Lancia zum Vollsortimenter mit Modellreihen von der Oberklasse bis runter zum Kleinwagen Ypsilon. Der Ypsilon war auch die einzige Baureihe, die Fiats Zusammengang mit Chrysler überlebte. Erst wurden alle anderen Baureihen eingestellt und 2017 auch der Export. Einziger Markt für Lancia war seither Italien. Einziges Auto der Ypsilon, der sich auch heute in seiner Heimat gut verkauft.
Der Name Lancia hat einen Ruf. Wohl deshalb will der Stellantis-Konzern die Marke zurück auf das internationale Autoparkett hieven. Geschichte wiederholt sich, heißt es oft. Lancia ist wieder mit Alfa Romeo sowie außerdem mit DS Automobiles zusammengegangen. Die drei Hersteller sollen in einem Cluster den Premiummarkt aufmischen. 2024 wird Lancia das erste neue Fahrzeug, den Ypsilon, elektrifiziert einführen. Ab 2026 folgen dann nur noch vollelektrische Neuheiten.
Konzeptstudie Lancia Pu+RA HPE
BildergalerieWiesmann
Apropos elektrisch: Nächstes Jahr soll die Marke Wiesmann zehn Jahre nach ihrer Auflösung zurückkehren. Wiesmann hatte sich Anfang der 90er-Jahre einen Namen als Hersteller von hochpreisigen Sportwagen im Retro-Design gemacht. Die Acht- und Sechszylindermotoren der Coupés und Roadster bezog das Unternehmen von BMW. Nach der Insolvenz 2013 übernahm drei Jahre später ein britisches Investoren-Konsortium Firmensitz, Produktionsmittel und Markenrechte mit der Absicht, wieder sportliche Roadster zu bauen. Projekt Gecko wurde das zunächst für 2020 anvisierte Comeback-Auto genannt: wie bisher ein klassischer Front-Mittelmotor-Roadster mit BMW-V8.
Mittlerweile hat auch Wiesmann auf den Elektro-Trend reagiert. Der V8-Roadster wurde verworfen und stattdessen der Elektro-Roadster Thunderball entwickelt. Der bietet markentypisches Retro-Design, zwei E-Motoren mit 500 kW / 680 PS und 500 Kilometer Reichweite. Preislich dürfte der aus Aluminium und Kohlefaser gefertigte Elektro-Sportler bei rund 300.000 Euro liegen.
DeLorean
Hinter der Marke DeLorean steckt eine eigentlich kurze und außerdem wenig ruhmreiche Vergangenheit. Die vom ehemaligen GM-Manager John DeLorean 1975 gegründete Marke musste lange kämpfen, um 1981 den Flügeltürer DMC-12 in Serie zu bauen. Allein bis dahin durchlebte die Firma zahlreiche Krisen, die mit dem Marktstart nicht endeten und nach 21 Monaten und 9.000 gebauten Auto endgültig und kläglich in die Insolvenz führten. Flügeltüren, eine Blechhaut aus gebürstetem und unlackiertem Edelstahl und die Handschrift von Giorgio Giugiaro übten allerdings einen Reiz aus, der den DMC-12 zur Zeitreisemaschine im Hollywoodstreifen "Zurück in die Zukunft" aufsteigen ließ. Die Ikone war geboren.
Das Auto sieht auch heute noch modern aus, vor allem aber der Name ist klangvoll. Eben deshalb darf er gleich zweifach ein Comeback erleben. Beides mal elektrisch. Im Frühjahr 2022 hat die in Houston/Texas ansässige DeLoren Motor Company den Flügeltürer Alpha 5 vorgestellt, von dem ab 2024 lediglich 88 Exemplare bei Italdesign entstehen sollen. Italdesign? Die Audi-Tochter will E-Autos in kleinen Serien bauen. Die vor allem für Ersatzteilversorgung verantwortliche DeLoren Motor Company hat lediglich ihren Namen gegeben.
DeLorean Alpha5
BildergalerieEinen zweiten DeLorean, der dem DMC-12 deutlich ähnlicher als der Alpha 5 ist, hat Ende 2022 die Firma DNG Motors mit dem Model-JZD angekündigt. Gegründet wurde DNG - die Buchstaben stehen für DeLorean Next Generation - von Kat DeLorean, der Tochter des einstigen Markengründers John DeLorean, der 2005 verstarb. Zur Technik des Model-JZD gibt es bis auf die Ankündigung eines Elektroantriebs noch keine Informationen. Ein Post auf der Instagram-Seite von DNG Motors kündigte die Enthüllung des Fahrzeugs für den 13. September 2023 an. Gebaut werden soll es in Detroit.
DNG Motors Model-JZD
BildergalerieBorgward
Das Revival einer Automarke kann funktionieren. Oder auch nicht. Ein prominentes für ein Scheitern ist Borgward. Wie wenige Automarke steht Borgward für den Erfolg der Wirtschaftswunderjahre der jungen BRD. Doch die Erfolgsgeschichte nahm ein jähes und 1963 endgültiges Ende. Das große Borgward-Werk in Bremen verleibte sich der Daimler-Konzern ein. Die Markenrechte blieben im Familienbesitz. Bis 2014. Damals verkaufte Gründerenkel Christian Borgward sie an Foton. Der chinesische Lkw-Hersteller wollte ins Pkw-Geschäft einsteigen und künftig SUV-Modelle als Borgward in China und Europa vertreiben. Die neuen Autos von Borgward basierten auf einer alter Saab-Plattform mit modernisierter Technik und zeitgemäßem Design aus Deutschland. Um in Europa Fuß zu fassen, wurde 2016 zunächst eine europäische Zentrale der Borgward Group in Stuttgart eröffnet. Ende 2016 folgte die Ankündigung, für den europäischen Markt sogar eine Fertigungsanlage unter anderem für eine Elektroversion des BX-7 in Bremen aufbauen zu wollen. 2017 untermauerte Borgward mit einem großen Stand auf der IAA und dem Isabella Concept seine Europa-Ambitionen.
Mit dem BX-7 wurde dann sogar das erste Modell von Borgward zunächst in China eingeführt. 2017 folgten BX5, 2018 BX6 sowie 2020 der kleine BX3. Hauptabsatzmarkt war China, wo in fünf Jahren insgesamt 165.000 Fahrzeuge verkauft wurden. Rasch zeigte sich allerdings, dass der Absatz weit hinter den Produktionskapazitäten zurückblieb. Dem Mutterkonzern Foton fehlte alsbald der finanzielle Atem auch für seine ambitionierten Europapläne. Nach Deutschland haben es lediglich eine Handvoll BX-5 und BX-7 geschafft. Im Sommer 2019 hat der neue Borgward-Eigner Ucar den Werksbau in Bremen abgesagt, 2020 wurde der Deutschland-Standort abgewickelt. In diesem Jahr sind in China zudem die Verkaufszahlen eingebrochen, 2021 kam die Produktion endgültig zum Erliegen. Im April 2022 leitete dann Beijing Borgward das Insolvenzverfahren ein. Was von Borgward übrigbleiben wird und was mit den Markenrechten passiert, bleibt abzuwarten.