Die Kernmarke von Volkswagen will nach dem harten Corona-Jahr 2020 mit weiteren E-Autos und Digitalprojekten aufholen. Der Schatten der Lieferkrise bei Elektronik-Chips dürfte jedoch noch eine Weile über dem Hersteller und vielen seiner Konkurrenten liegen. Auch die konjunkturelle Entwicklung birgt Risiken für die Nachfrage.
Grundsätzlich gibt sich die Hauptsparte des größten europäischen Autokonzerns zuversichtlich. 2021 werde "eine deutliche Steigerung" der Auslieferungen angepeilt, sagte Markenchef Ralf Brandstätter am Mittwoch. Das Unternehmen will zudem "beim Umsatz deutlich über dem des Jahres 2020 liegen". Basis dafür sei das starke Schlussquartal.
Nach schweren Einbußen im Frühjahr gelang von Oktober bis Dezember ein Betriebsgewinn von 1,42 Milliarden Euro, womit das Niveau vor der Krise übertroffen wurde. Insgesamt verdienten die Wolfsburger 2020 dank der Wagen mit VW-Logo im laufenden Geschäft noch 454 Millionen Euro.
2021 ist der Verkauf von 450.000 Elektro- und Hybridautos angepeilt. Dabei setzt VW auch auf den dieser Tage startenden Klein-SUV ID.4. "In der zweiten Jahreshälfte" komme das Coupé ID.5 hinzu, bereits im Sommer der größere SUV ID.6. Letzterer erscheint nur in China.
Geplant sind außerdem weitere digitale Dienste. In sechs Städten - wo genau, ist noch unklar - wird ein Abomodell getestet. Dabei geht es um erweiterte Funktionen für Fahrassistenten oder mehr Navigation. "Wir werden anhand der Daten aus Fahrprofilen unseren Kunden auch aktiv Angebote machen", kündigte Vertriebschef Klaus Zellmer an.
Lager- und Gebrauchtwagen: Fahrzeug-Pools mit Händlern
Für Lager- und Gebrauchtwagen entsteht ein Online-Marktplatz, aber mit anderem Schwerpunkt als etwa Heycar. "Wir sehen das nicht als Konkurrenz zu anderen Angeboten", so Brandstätter. "Es geht nicht um umfangreiches Konfigurieren, sondern eher um Kunden, die schnell ein Fahrzeug brauchen. Dazu bilden wir Fahrzeug-Pools mit den Händlern."
Ein erheblicher Unsicherheitsfaktor bleibt der Mangel an wichtigen Halbleiter-Komponenten. "Die Versorgungsengpässe haben eine andere Dimension - in der Art, dass es keine schnelle Lösung gibt", sagte Einkaufsvorstand Murat Aksel. "Diese Krise ist tiefer, breiter, nachhaltiger." Erst 2022 seien wohl ergänzende Kapazitäten aufseiten der Chip-Produzenten absehbar. "Es wird eng bleiben", meinte Aksel zur heftigen Konkurrenz um die Teile. "Wir sind im Häuserkampf."
Auch im Stammwerk Wolfsburg entspannen sich die Lieferprobleme zunächst nicht. In der kommenden Woche soll die Arbeit wegen eines fehlenden Teils an zwei Montagelinien fünf Tage lang ruhen.
VW erwägt, wegen der Rolle komplexer Assistenzsysteme eigene Steuereinheiten zu entwerfen. "Bei den Chips überlegen wir im Konzern, wie wir mittelfristig stärker an unseren eigenen Kompetenzen arbeiten können, etwa im Design von Halbleitern für das autonome Fahren", sagte Brandstätter. "Aber das ist noch in der Prüfung."
Beim Thema Batteriefertigung "gut positioniert"
Zur Batteriefertigung, die VW im Wettbewerb mit Tesla durch eigene Zellwerke ausbauen will, meinte Entwicklungschef Thomas Ulbrich, man sei "gut positioniert". Neue Kooperationen seien im Kern möglich, mit anderen Autoherstellern jedoch "nicht Bestandteil der Ausrichtung".
Brandstätter betonte mit Blick auf die Klimaziele, die Marke selbst habe 2020 das CO2-Einsparziel "deutlich übererfüllt". Anders sieht es im VW-Gesamtkonzern aus, der seinen Flottenwert um 0,8 Gramm pro Kilometer gerissen hatte. Bei der Kernmarke habe die Senkung des Ausstoßes rund 22 Prozent betragen. Brandstätter bekräftigte: "Bis spätestens 2050 wollen wir uns vollständig CO2-neutral aufstellen."