Im Ringen um mehr Mitbestimmung für die 2.500 Mitarbeiter der Volkswagen-Fabrik in den USA greift der mächtige Konzernbetriebsrat den Gewerkschaftskollegen vor Ort unter die Arme. Am Mittwoch verabschiedeten der VW-Weltkonzernbetriebsrat, die IG Metall und der internationale Gewerkschaftsdachverband IndustriALL Global Union ein Schulungs- und Unterstützungsprojekt für die in den USA umstrittene Autogewerkschaft UAW.
Das VW-Werk in Chattanooga im Süden der USA ist die einzige von weltweit 106 VW-Fabriken, die kein Gremium für Mitarbeitermitbestimmung hat. Dem Konzernbetriebsrat ist das ein Dorn im Auge. Der monatelange Streit um den Schulterschluss mit der UAW hatte auch industriepolitische Reibereien ausgelöst. Nach einigen vorherigen Anläufen gab die UAW im Juli die Gründung eines Ortsverbandes bekannt, speziell gedacht für die 2.500 VW-Werker in Chattanooga. Ziel ist ein Betriebsrat nach deutschem Vorbild.
Das Unterstützungsprojekt sieht nun unter anderem Schulungen vor, in denen die UAW-Kollegen das international ungewöhnliche duale Modell deutscher Belegschaftsmitbestimmung kennenlernen, in der Betriebsräte und Gewerkschaften zusammenarbeiten. Auch sei "eine engere Anbindung an den Weltkonzernbetriebsrat vorgesehen", wie die Absichtserklärung vom Mittwoch besagt. Ein VW-Betriebsratssprecher sagte, dass auch Austauschprogramme dazugehörten. So sollen etwa UAW-Kollegen in Deutschland bei der IG Metall und den VW-Betriebsräten hospitieren.
Die starke Macht der VW-Arbeitnehmerseite hat historische Gründe. Das liegt unter anderem daran, dass die VW-Keimzelle in Wolfsburg unter den Nazis mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen entstand. Heutzutage sind Wirtschaftlichkeit und Beschäftigung bei VW gleichrangige Ziele. VW sieht Mitbestimmung und mündige Mitarbeiter als Erfolgsgaranten.
Auf dem wachsenden US-Automarkt hat VW seit geraumer Zeit Probleme, es mangelt unter anderem an geeigneten Modellen. Mitte Juli hatte Europas größter Autobauer bekanntgegeben, das Chattanooga-Werk für 643 Millionen Euro auszubauen und dort einen speziell für die USA entwickelten Siebensitzer mit dem Arbeitstitel CrossBlue zu bauen. (dpa)