Dampfantrieb, nur drei Räder und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 26 Kilometern pro Stunde - mit einem abenteuerlich anmutenden Gefährt begann an diesem Freitag vor 125 Jahren die Geschichte des Autorennsports. Der französische Tüftler Georges Bouton steuerte damals sein Dampfdreirad über eine Strecke am Stadtrand von Paris. Gegner waren lediglich die Uhr und die Tücken der Technik. Weitere Teilnehmer hatten sich zu dem Rennen am 20. April 1887 nicht eingefunden.
"Die Anfänge des Automobils waren im wahrsten Sinne des Wortes holprig", erzählt Simon Braker, Kurator im Automuseum Prototyp in Hamburg. Ohne Federung, oftmals mit Reifen aus Holzspeichen und Hartgummi knatterten die Gefährte über die zum größten Teil nicht asphaltierten Straßen. Riesige Staubwolken zogen hinter ihnen hoch. Für die ersten Autorennen galt die Devise: Ankommen ist wichtiger, als eine Bestzeit zu erreichen. Nur selten waren Straßenschilder mit Kilometeranzeigen vorhanden, die den Fahrern den Weg zeigten.
Schon wenige Jahre nach dem ersten Rennversuch waren die "pferdelosen Kutschen" bereits Sportgerät. Im Jahr 1894 meldeten sich 102 Fahrer zum ersten internationalen Autorennen über 126 Kilometer von Paris in die nordfranzösische Stadt Rouen an. Der Antrieb war damals noch nicht reglementiert. Fahrzeuge mit Dampf-, Benzin- oder Gasmotor waren bei dem Rennen ebenso dabei wie welche mit Elektro- oder Pressluftantrieb. Sogar mit Wasser- oder Federkrafttechnologie wurde gearbeitet. 5.000 Goldfranc Preisgeld gab es damals für den Gewinner, schreibt die Historikerin Barbara Walter in einem Aufsatz über die Anfänge des Automobilsports.
"Wie fliegende Untertassen müssen die Autos auf die Bevölkerung gewirkt haben", sagt Braker. Denn die Straßenszenen waren normalerweise von weitaus gemächlicher trabenden Pferden und ihren Gespannen dominiert. Oftmals vermummt mit Mütze, Schutzbrille und langen Mänteln versuchten die ersten Rennfahrer sich vor Fahrtwind, Straßendreck und Pferdäpfeln zu schützen. Denn Windschutzscheiben und Kotflügel gab es noch nicht. Die meisten Rennteilnehmer gehörten zur wohlhabenden Oberschicht und wurden "Herrenfahrer" genannt.
Die Geburt von Starkult und Sponsoring
Zu Spektakeln wurden die ersten Autorennen vor allem Dank der Presse. Französische Verlagshäuser erprobten zu Ende des 19. Jahrhunderts die Massenmobilisierung rund um das neue Fortbewegungsmittel: Starkult und Sponsoring waren geboren. Wie das Rennen in Paris wurde auch das in Rouen von Publizisten organisiert.
"Die ersten Autorennen mit der Formel 1 zu vergleichen ist jedoch wie Äpfel und Birnen miteinander zu vergleichen", sagt Braker vom Automuseum in Hamburg. Die ersten Wettbewerbe fanden auf öffentlichen Straßen ohne eine einheitliche Wagenklasse statt, Hobbyfahrer saßen am Lenkrad. Als Meilenstein in der frühen Geschichte des Rennsportes gilt trotzdem das 1192 Kilometer lange Rennen Paris-Bordeaux-Paris. Es wurde 1895 ausgetragen - 55 Jahre bevor der Automobilverband FIA 1950 die erste Weltmeisterschaft organisierte. (Hanna Gieffers/dpa)