Volkswagen will den Vertrieb in Deutschland deutlich stärken und dabei das Thema Digitalisierung zum Vorbild für andere Märkte ausbauen. "Wir wollen Volkswagen zur begehrenswertesten Marke für nachhaltige Mobilität machen", erklärte Klaus Zellmer, Vorstand für Vertrieb und Marketing, am Mittwoch in Wolfsburg. "Dazu gehört auch ein exzellentes Kundenerlebnis beim Kauf, Leasing oder Service eines Volkswagens. Hier wollen wir Maßstäbe setzen."
Maßstäbe, die kosten werden. Nach Informationen aus Branchenkreisen beträgt das Investitionsvolumen ca. 200 Millionen Euro. Genaue Angaben macht der Hersteller nicht. Nie zuvor habe man zusätzliche Mittel dieser Größenordnung in Vertrieb und Handel in Deutschland investiert, hieß es aus der Konzernzentrale. Die beschlossenen Gelder würden zusätzlich zu den bereits mit dem Handel vereinbarten Corona-Hilfen fließen.
Vermutlich pumpt Volkswagen den größten Anteil in die IT-Struktur. Deutschland-Chef Holger B. Santel hielt sich im Gespräch mit AUTOHAUS hinsichtlich der prozentualen Verteilung bedeckt: "Wir investieren stark in digitale Themen. Das ist eine wichtige Basis. Aber wir werden auch sehr viel in Schulung, Trainings, Mobilitätsthemen, die Autohäuser und die Außenwirkung investieren." Ein Prozess, der wohl sukzessive verlaufen wird.
Genauer heißt das: Mit den Investitionen will Volkswagen Autohäuser und Showrooms aufwerten und eine breit angelegte Trainingsoffensive für die Händler zu Produkten und Services aufbauen. Außerdem fließt ein Teil in die Markteinführungen neuer Fahrzeuge, in erweiterte Schulungen rund um die E-Mobilität, in mehr Ersatzmobilität für Kunden bei Service-Terminen sowie in einen Digitalisierungsschub im Handel und Online-Verkauf. Auch der eigene Markenauftritt soll "attraktiver, innovativer und emotionaler" werden.
"Wir erwarten einen Boost und weiteren Rückenwind für den deutschen Handel", betonte Santel im AUTOHAUS-Interview. "Wir wollen das Kundenerlebnis stärken, das Online-Geschäft ausweiten und den Handel sowie die Kunden noch enger an uns binden.“
Santel verwies auch auf das Projekt "New Brand Design", das VW bereits 2019 auf der IAA vorgestellt hatte und wegen Corona ins Stocken geraten ist. "Wir starten jetzt noch einmal neu durch, weil die Pandemie temporär schlichtweg andere Themen in den Vordergrund gestellt hatte." Der VW-Handel stelle seine enorme Leistungsfähigkeit auch unter Corona-Bedingungen täglich aufs Neue unter Beweis – "und wir werden die Voraussetzungen schaffen, dass dies künftig noch besser gelingen kann".
Online-Direktvertrieb forcieren
Geplant ist künftig eine Verkaufsstrecke, die vollumfänglich online abläuft – von der Auswahl über die Bestellung und Bezahlung bis hin zur Auslieferung. Der VW-Kunde schließt einen gültigen Vertrag im Netz ab und gibt an, wo er sein Auto abholen möchte. "Dabei ist der Händler immer voll eingebunden", so Santel. "Das Online- und das Offline-Geschäft sind für den Handelspartner gleichgestellt."
Einer der ersten Meilensteine: Ab Sommer startet Volkswagen gemeinsam mit den Autohäusern Handel den Online-Verkauf. Im Fokus stehen hier vor allem die Modelle der ID.-Familie im Agenturgeschäft. Später wird nach und nach die Online-Vermarktung von neuen und gebrauchten Bestandsfahrzeugen des Handels folgen. Erste Ergebnisse der Pilotierungen hierzu seien gut, das Feedback der eingebundenen Händler sehr positiv.
Zellmer bekräftigte: "Eine starke Marke braucht ein starkes Gesicht. Wir brauchen Kundennähe und die lokale Präsenz. Kundenorientierung heißt gleichzeitig, dass wir dem stark veränderten Kaufverhalten Rechnung tragen. Selbstverständlich muss unser Vertriebssystem deshalb Kunden online und offline zur Verfügung stehen. So realisieren wir gemeinsam mit unserem Handel den digitalen Marktplatz."
Ulrich