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Volkswagen in Genf: Kurskorrektur mit Vollgas

06.03.2018 15:01 Uhr
VW-Präsentation in Genf
© Foto: VW

Volkswagen will den Wandel. Auf dem Genfer Autosalon zeigen die Wolfsburger, wie dieser in wenigen Jahren unsere Mobilität nachhaltig verändert.

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Von Mario Hommen/SP-X

Die Verwerfungen des Dieselskandals haben bei VW eine längst fällige Zeitenwende heraufbeschworen. Wie sich am Vorabend der Pressetage des Genfer Autosalons zeigt, vollziehen die Wolfsburger ihren Imagewandel mit Nachdruck. Die umfassende Kurskorrektur schlägt sich auf verschiedenen Ebenen mit einigen erfreulichen Begleiterscheinungen durch.

Vor dem Dieselskandal glichen VWs Abendveranstaltung vor großen Messen einem bombastischen Defiliermarsch der zwölf Konzernmarken. In Blech gegossene Superlative, begleitet von markigen Bässen und kernigen Sprüchen zu Leistung und Design wurden einem nach Sensationen gierendem Riesenpublikum hingeworfen. Doch auf dem diesjährigen Genfer Autosalon zeigt VW, dass diese Zeiten abgehobener Shows der Vergangenheit angehören. Die Präsentation hat eine fast familiäre Atmosphäre, mit Vorständen, die sich nahbarer als früher geben. Selbstbewusst bleiben die Wolfsburger weiterhin, denn sie wollen nach eigener Aussage nichts weniger als die Mobilität von morgen gestalten und in den kommenden Jahren mit Milliardeninvestition ihre "Roadmap E" vorantreiben. Sie hat, wie sich an diesem Abend zeigt, eine effiziente, sichere und saubere Mobilität zum Ziel, die den Mensch statt der Maschine in den Mittelpunkt stellen will.

Die Mobilität wird sich wandeln, ist man sich bei VW sicher. Der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller kündigt an: "Wenn wir die Freiheit der individuellen Mobilität erhalten wollen, dann müssen wir uns von vielem verabschieden, was wir heute mit dem Autofahren verbinden." Im Fokus des Umbruchs steht seiner Ansicht nach vor allem die Mobilität in den Städten, für die Volkswagen maßgeschneiderte Lösungen anbieten will. Dabei sollen die Megatrends elektrischer, autonomer und vernetzter Autos zu den treibenden Kräften werden. Und einige Visionen, die VW an diesem Abend präsentiert, machen durchaus Lust auf diese neue Zeit.

Künftiges Flaggschiff: Cockpit oder Lenkrad haben ausgedient

So stellen die Wolfsburger mit dem I.D. Vizzion das künftige Flaggschiff ihrer elektrischen Fahrzeugflotte vor. Im Inneren lädt der mehr als fünf Meter lange Tesla-Fighter und künftige Phaeton-Ersatz mit hochflorigem Teppich, feinen Ledersesseln und großzügig dimensionierten Holzpaneelen zum Verweilen ein. Offenporiges Holz dominiert auch den Bereich, der normalen Autos als Armaturenbrett dient, im Vizzion allerdings nur noch dekorativen und keinen funktionalen Charakter hat. Cockpit oder Lenkrad haben hier ausgedient. Level 5, also vollautomatisches Fahren, heißt das Stichwort. 2022 soll der autonome Stromer kommen und dann auch ziemlich weit fahren: Die 111-kWh-Batterie soll für fast 700 Kilometer reichen.

Und nicht nur das Fahren, sondern auch das Laden will VW automatisieren. "CarLa" heißt der erste Serviceroboter für mobiles Laden, den Müller gemeinsam mit dem Chef des Roboterherstellers Kuka, Till Reuter, vorstellt. In Zukunft soll diese Maschine in einem Parkhaus das fahrerlose Auto treffen, das seine Nutzer zuvor am Eingang abgegeben haben.


Volkswagen Group Media Night Genf 2018

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Neben dieser noch etwas ferneren Autozukunft finden sich auf dem Konzernabend aber auch Modelle, die Kunden in wenigen Monaten kaufen können. Zusätzlich zu den bereits verfügbaren acht E-Autos beziehungsweise Plug-in-Hybriden stellt zum Beispiel Tochter Audi die Serienversion des rein elektrischen E-tron vor, der noch dieses Jahr mit 500 Kilometern Reichweite auf den Markt kommt. Auch Bentley, eigentlich Inbegriff verschwenderischer Verbrennungsmotoren, gibt sich geläutert und zeigt mit dem Bentayga Plug-in-Hybrid sein erstes Hybridfahrzeug überhaupt. VW will auch weiterhin Autos verkaufen, so viel ist klar. Diese, das zeigt der Abend, sollen aber sauberer werden.

Doch das ist nur ein Teil einer übergreifenden Strategie, in die der Konzern in den nächsten Jahren 34 Milliarden Euro investieren will. Ein weiteres Beispiel für den Strategiewechsel ist das Mobilitäts-Start-Up Moia, dass mit Hilfe des sogenannten Poolings für weniger individuellen Stadtverkehr sorgen und eine Million Autos von den Straßen holen soll. Eingesetzt wird dafür ein elektrisch getriebener Kleinbus auf Crafter-Basis und auf Nutzerseite eine App, in die Teilnehmer ihre geplante Tour eingeben. Algorithmen berechnen und optimieren die Route für sämtliche Fahrgäste, Leerfahrten sollen so weit wie möglich vermieden werden. Noch für 2018 kündigt Müller an, eine Moia-Flotte von 200 Fahrzeugen in Hamburg aufbauen zu wollen.

Supersportler mit besonderer Strahlkraft

Die Faszination Auto bleibt an diesem Abend dennoch nicht auf der Strecke. Lamborghini zeigt seine von Radnabenmotoren angetriebene, futuristische Sportwagenstudie Terzo Millennio. Daneben präsentiert Italdesign den ganz konventionell getriebenen Zerouno Roadster, bei dem es sich um einen schick umgebauten Huracan mit besonderer Strahlkraft handelt.

Ob Konzept oder exklusives Kleinstserienmodell: Zu allen Autos gewährt VW seinen Gästen an diesem Abend freien Zugang. Auch die Vorstände werden nicht wie einst von einer Entourage abgeschirmt. Das Von-oben-herab, das ist vielleicht einer der angenehmsten Nebeneffekte des Dieselskandals, scheint Geschichte. Und man hat den Eindruck, es geht dabei um mehr als nur reine Imagepflege. Es scheint tatsächlich ein Umdenken stattgefunden zu haben.

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