Ausgabe 06/2014: Unangreifbares Dreigestirn

Das Aftersales-Geschäft stellt eine wichtige Ertragssäule für den Automobilhandel dar. Doch wie können die Autobanken dazu beitragen, dieses für Handel und Hersteller noch profitabler zu machen? Verlagsleiter und AUTOHAUS Chefredakteur Ralph M. Meunzel sprach mit Anthony Bandmann, Sprecher der Geschäftsführung der Volkswagen Bank GmbH und Regionalmanager Deutschland innerhalb der Volkswagen Financial Services AG (VWFS), über das Potenzial des Aftersales-Marktes, die in diesem Jahr startende Werkstattoffensive der Volkswagen Financial Services sowie über die Bedeutung des gewerblichen Geschäfts.AH: Herr Bandmann, wie profitabel wird das automobile Geschäft in diesem Jahr?A. Bandmann: Ich glaube, dass sich die Marktlage verbessern wird. Die Vorzeichen stehen gut. Hersteller und Händler wissen um die Bedeutung des Handels und kennen die wichtigsten Stellschrauben. Und die Volkswagen Financial Services sind so aufgestellt, dass ein weiteres Wachstum möglich ist.AH: Damit gehen Sie für die Volkswagen Financial Services von einer steigenden Penetrationsrate aus?A. Bandmann: Im Neuwagengeschäft haben wir in Deutschland eine Penetrationsrate von über 50 Prozent. Unser Ziel ist es, diese zu halten und bei der einen oder anderen Marke leicht auszubauen. Im Bereich Gebrauchtwagen ist die Entwicklung extrem positiv und es besteht noch weiteres Wachstumspotenzial, obwohl es bereits im letzten Jahr starke Steigerungsraten gab. Große Chancen sehe ich auch im Aftersales-Geschäft. Und schließlich gibt es die Möglichkeit, über eine Erhöhung der Stückzahlen absolutes Wachstum zu generieren.Werkstattgeschäft ausbauenAH: Wo sehen Sie das große Potenzial im Aftersales-Geschäft?A. Bandmann: Dem Werkstattgeschäft sagt man die größte Profitabilität im Handel nach. Jetzt geht es darum, die Kunden in diesem Bereich auch an das Autohaus zu binden. Das funktioniert mit Dienstleistungsprodukten in den Bereichen Wartung, Verschleiß und Inspektion, Versicherung, Reifen und Garantie. Als Volkswagen Financial Services ist es unsere Aufgabe, dieses Angebotsspektrum für den Kunden auszubauen.AH: Inwieweit können diese Dienstleistungen zur Kundenbindung beitragen?A. Bandmann: Gerade das Geschäft mit der Wartung und dem Verschleiß hat noch sehr viel Wachstumspotenzial, da es für den Handel kalkulierbar ist. Man weiß, welche Kilometerlaufzeit der Kunde im Durchschnitt hat und wann er wieder in das Autohaus zurückkehrt. Wenn ein Kunde seit vier Jahren jährlich eine Wartung vornehmen lässt, kann der Händler auch im fünften Jahr darauf hoffen. Da die Kundenloyalität mit den Jahren aber schwindet, kann sich der Händler über Finanzdienstleistungsprodukte mit einem Wartungsvertrag dahingehend absichern, dass der Kunde auch weiterhin Umsatz in seiner Werkstatt generiert.AH: Sie zielen stark auf die Kundenloyalität ab. Ist diese im Geschäft mit Finanzdienstleistungen für den Handel wichtiger geworden als der Profit?A. Bandmann: Das Einkommen aus Finanzdienstleistungen ist für den Handel immer noch eine wichtige Ertragssäule. Und das wird auch so bleiben. Die Kunst besteht vielmehr darin, mit Finanzdienstleistungen sowohl Geld zu verdienen, als auch die Kunden an das eigene Autohaus zu binden. Diese Kombination gilt es zu spielen.Finanzdienstleistungen fungieren zum einen als Ankerprodukt, um Pkw vereinfacht verkaufen zu können. Zum anderen kann der Handel - beispielsweise mit einer Kfz-Versicherung - Kunden vor der Konkurrenz abgreifen und an sich binden. So wird verhindert, dass der Wettbewerber diesen für einen margenträchtigen Bereich wie das Werkstattgeschäft gewinnt.Eigene Aftersales-MannschaftAH: Worauf führen Sie die unterschiedliche Performance Ihrer Marken bei Finanzdienstleistungen zurück?A. Bandmann: Nach meiner Meinung kann man nur unangreifbar sein, wenn das Dreigestirn aus Handel, Hersteller und Captive optimal zusammenarbeitet. Derjenige kann Marktanteile hinzugewinnen und ist langfristig vorne, der diese drei Hebel und die Kombination von Dienstleistungen und Prozessen spielen kann. Ein Bereich alleine kann das niemals erreichen. Tolle Produkte kombiniert mit Finanzdienstleistungen sind für mich dabei der Schlüssel zum Erfolg. Aus diesem Grunde starten wir in diesem Jahr auch eine Werkstattoffensive.AH: Wie gestaltet sich diese Offensive?A. Bandmann: Es geht dabei nicht darum, viele neue Produkte zu entwerfen, sondern die Vertriebskanäle im Handel herauszuselektieren und den Zeitpunkt des Verkaufs flexibler zu gestalten. Aus diesem Grunde sind wir dabei, einen eigenen Außendienst speziell für das Werkstattgeschäft aufzubauen. Diese Gebietsberater Aftersales werden sich auf das Aftersales-Team und die Serviceberater eines jeden Autohauses konzentrieren und diese zu den speziellen Dienstleistungsprodukten schulen.Dabei ist es nicht zwingend, jedes Produkt zum Zeitpunkt des Fahrzeugverkaufs abzuschließen. Wenn der Kunde nach sechs Monaten für den ersten Kundendienst zurück ins Autohaus kommt, kann man sich mit diesem immer noch über einen Wartungs- oder Inspektionsvertrag unterhalten. Der Kundendienstbeauftragte spielt dabei eine wesentliche Rolle.AH: Erhält der Handel dafür noch weitere Unterstützung?A. Bandmann: Zusätzlich bieten wir dem Handel ein neues und einfach zu bedienendes Online-Serviceportal an. Mit Hilfe der Plattform kann der Serviceberater alle getätigten Serviceleistungen eines Kunden einsehen und diesem im Gespräch jederzeit spezielle Zusatzprodukte wie beispielsweise einen Wartungsvertrag anbieten. Das Portal haben wir mit unseren Händlern bereits pilotiert und es ist am Markt erhältlich.AH: Bieten Sie zusätzlich Reparaturfinanzierungen an?A. Bandmann: Auf diesem Gebiet suchen wir noch nach dem Königsweg, um es für den Handel so einfach wie möglich zu machen. Derzeit ermitteln wir die tatsächliche Anfrage am Markt.Potenzial: Leasing und gewerbliches GeschäftAH: Welche Geschäfte bergen noch zusätzliches Potenzial?A. Bandmann: Auf dem deutschen Markt können wir mit dem privaten Leasing noch immens nach vorne kommen - sowohl im Neukundengeschäft als auch auf dem Markt der jungen Gebrauchtwagen. Das Leasing eignet sich ideal dazu, um die Kunden zu loyalisieren. Denn am Ende der Laufzeit muss der Kunde für die Rückgabe zurück ins Autohaus. Es gibt Märkte mit weitaus höheren Leasingquoten.AH: Welches Ziel verfolgt Volkswagen Financial Services im gewerblichen Geschäft?A. Bandmann: Der Leasinganteil im gewerblichen Geschäft ist bei uns extrem hoch. Mit der Volkswagen Leasing gehören wir hier zu den Branchenführern. Wir sind sehr stark mit den Flotten vernetzt und arbeiten eng mit den einzelnen Marken zusammen.AH: In welchem Bereich ist es einfacher, sich aufzustellen? Im gewerblichen oder im privaten Geschäft?A. Bandmann: Das Gewerbekundengeschäft ist weder einfacher noch schwieriger, sondern anders. Dort haben wir durch die Flotten selbstverständlich einen viel höheren Endkundenkontakt. Zudem herrscht dort eine andere Kultur und Mentalität vor.AH: Das gewerbliche Geschäft gerät immer stärker unter Druck. Ist in Zukunft ein verstärkter Wettbewerb zu erwarten?A. Bandmann: Momentan sehe ich keine verstärkten Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt. Und Wettbewerb gibt es immer.AH: Wird derjenige im gewerblichen Geschäft künftig am Markt führen, der die Kunden verstärkt mit Dienstleistungen und nicht mit Produkten bewirbt?A. Bandmann: Ja, und da sind wir wieder beim Thema Wartung und Verschleiß. Im gewerblichen Geschäft sind wir hier schon einen Schritt weiter und sehen noch erhebliches Potenzial, z. B. beim Abschluss von Reifenpaketen. Leasing ist ein Produkt, das an eine Wartung gekoppelt ist. Und die Durchdringung der Aftersales-Produkte mit Services wie einem Reifenpaket sind in diesem Bereich heute schon stärker vorhanden als im Privatkundengeschäft.AH: Herr Bandmann, herzlichen Dank für das Gespräch.Fazit1. Dem Werkstattgeschäft sagt man die größte Profitabilität nach.2. VWFS baut deshalb einen Außendienst speziell für das Werkstattgeschäft auf.3. Der Verkauf von Finanzdienstleistungen muss flexibler gestaltet werden.4. Deshalb unterstützt ein neues Online-Serviceportal den Handel beim flexiblen Verkauf der Dienstleistungen.5. Denn mit diesen Serviceverträgen zu Wartung und Verschleiß lassen sich die Kunden binden.6. Handel, Captive und Hersteller sind dann unangreifbar, wenn sie dort als Dreigestirn zusammenarbeiten.

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