Volkswagen will innerhalb der nächsten vier Jahre 20 Modelle mit Elektroantrieb auf den Markt bringen. Das kündigte Volkmar Tanneberger, Leiter Elektrik-/Elektronik-Entwicklung der Marke Volkswagen, bei einer Veranstaltung in Berlin an. Darunter fallen reine E-Fahrzeuge ebenso wie Hybride und Plug-in Hybride. Dazu zählt auch die für Ende des Jahres angekündigte verbesserte Version des E-Golf mit einer Reichweite von dann 300 Kilometern – aktuell sind es nur 190 Kilometer. Vergangene Woche hatte Wolfsburg bereits die Zielmarke von weltweit einer Million verkaufter E-Fahrzeuge bis 2025 auf Konzernebene genannt (wir berichteten).
Die bereits verfügbaren Elektrofahrzeuge wie der Golf GTE, der Passat GTE oder auch der rein elektrische Golf basieren auf dem herkömmlichen Baukasten für Autos mit Diesel- und Ottomotoren. Künftig soll es für Elektrofahrzeuge einen eigenen Modellbaukasten geben. Der Modulare Elektrifizierungsbaukasten (MBE), der die Basis für eine neue Generation von reinen E-Fahrzeugen legen soll, werde derzeit entwickelt. Der auf der CES in Las Vegas präsentierte Studie "BUDD-e" basierte bereits auf der neuen Plattform. Volkswagen will 2019 die ersten Fahrzeuge auf dieser Plattform in den Markt bringen. "Der MBE ist auf Elektromobilität zugeschnitten, man baut darin das Fahrzeug um die Batterie herum", sagte Tanneberger. In dem gezeigten Konzept ist die Batterie platzsparend in der Bodenplatte verbaut.
"Es war bei den bisher überschaubaren Stückzahlen eine kluge Entscheidung, auf einer Plattform alle Antriebsarten, also neben den Verbrennungsvarianten auch die Elektrofahrzeuge anzubieten", erklärte Tanneberger die bisherige VW-Strategie. Für die zu erwartenden steigenden Stückzahlen von Elektrofahrzeugen mache es aber Sinn, eine komplett neue Architektur für E-Mobile zu entwickeln.
Durch die beschlossene Elektroauto-Kaufprämie rechnet VW-Markenvertriebschef Jürgen Stackmann vornehmlich mit einem Absatzschub bei Hybridmodellen. "Wir sind überzeugt, dass in der ersten Phase Plug-in-Hybrid eher ein Thema ist", sagte er in Berlin. Hohe Reichweite und günstige Verbrauchswerte seien Attribute, mit denen Hersteller auch bei bisherigen Dieselkäufern punkten könnten. Stackmann deutete im Zuge der Förderung auch besondere Marketingaktionen an: "Wir werden das natürlich zum Anlass nehmen, mehr zu machen als einfach Fahrzeuge zu verkaufen." Details nannte er jedoch nicht.
Händler: Geschäftsmodell im Wandel
Zusammen mit der Elektrifizierung der Fahrzeuge werden sich auch die Schwerpunkte der Wertschöpfung für den Handel verschieben. Stackmann: "Den Händlern ist bewusst, dass perspektivisch auch ihr Geschäftsmodell vor Veränderungen steht. Alleine schon dadurch, dass Elektrofahrzeuge keinen Verbrennungsmotor mehr haben und keine großen Getriebe. Es wird sich eine Verschiebung der Wertschöpfung ergeben." Die Wertschöpfung liege künftig nicht mehr "in Teilenummern" sondern in der Vernetzung des Kunden mit der Gesamtdienstleistung der Marke Volkswagen.
Künftig will VW um das Fahrzeug herum ein ganzes "Ökosystem" von Diensten entwickeln, die auf der vollständigen Vernetzung der Fahrzeuge mit ihrer Umwelt und dem Hersteller beruhen, betonte Entwicklungschef Tanneberger. Dazu gehören Infotainment-Funktionen ebenso wie die Parkplatzsuche oder Navigationsdienste. Denkbar sei auch dass künftig bestimmte Assistenzsysteme für das Auto optional und auf Zeit buchbar sind.
Apple als Vorbild
Nach dem Vorbild des Smartphone-Herstellers Apple wolle man den Kunden nach dem Prinzip "Single-sign-on" die Nutzung und Bezahlung dieser Dienstleistungen innerhalb der VW-Markenwelt inklusive Bezahlfunktion so leicht wie möglich machen. Nach einmaliger Registrierung sollen alle Dienste auf Knopfdruck buchbar sein. Dabei setzt VW sowohl auf eigene Entwicklungen als auch auf Kooperationen mit anderen Unternehmen. "Wir werden keine Suchmaschine entwickeln, das kann Google eindeutig besser", betonte Tanneberger. Allerdings baue man derzeit gezielt IT-Kompetenzen im Konzern auf, um nicht in Abhängigkeiten von Dritten zu geraten. (diwi/dpa)
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