Trotz Diesel-Skandals erhalten die 120.000 Beschäftigten im VW-Haustarif spürbar mehr Geld. Die Tarifeinkommen steigen in einem ersten Schritt ab September um 2,8 Prozent und ab August nächsten Jahres um weitere zwei Prozent. Damit kopiert Volkswagen im Wesentlichen die jüngst erfolgte Einigung im Flächentarif der Metallbranche. "Die VW-Mitarbeiter zahlen nicht mit für die Krise", sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine zur Bekanntgabe der Ergebnisse am Freitag in Hannover. Der neue Vertrag läuft 20 Monate bis Anfang 2018 und justiert auch die Regeln der Altersteilzeit neu.
Die Einkommen der 120.000 Haustarif-Mitarbeiter steigen über die gesamte Laufzeit je nach Eingruppierung um mindestens rund 100 Euro brutto pro Monat. In den höchsten Tabellenstufen, etwa für erfahrene Akademiker, ziehen die Einkommen über die zwei Stufen um gut 330 Euro brutto pro Monat an.
Das Ergebnis war mit Spannung erwartet worden, vor allem weil der Konzern mit der Diesel-Affäre in seiner größten Krise steckt. Meine sagte, in den schwierigen Zeiten bei VW sei es ein guter Kompromiss, der das Unternehmen nicht überfordere. Meines Gegenüber Martin Rosik sprach von einem wettbewerbsfähigem Gesamtpaket und wertete vor allem die Neuaufstellung der Altersteilzeit als Gewinn für den Autobauer.
IG-Metall-Chef und VW-Aufsichtsrat Jörg Hofmann sagte: "Mit dem erzielten Tarifergebnis ist ein wichtiges Zeichen gesetzt - die Beschäftigten erhalten einen fairen Anteil für ihre gute Leistung und sie müssen nicht für die Fehler des Managements zurückstecken."
Feine Unterschiede zum Metall-Flächentarif
Im Vergleich zum jüngst ausgehandelten Metall-Flächentarif gibt es feine Unterschiede beim VW-Haustarif. So fließt in der Fläche eine Einmalzahlung von 150 Euro, im VW-Haustarif sind es 200 Euro Zuschuss für die Rente. Die Laufzeiten der zweistufigen Entgelterhöhung sind zudem nicht deckungsgleich, ebenso ist die Gesamtlaufzeit bei VW mit 20 Monaten bis Ende Januar 2018 einen Monat kürzer als in der Fläche.
Damit rangiert VW bei der nächsten Verhandlung nur noch einen Monat hinter den Kollegen in der Metall- und Elektrobranche. Zu den Kosten der nachts erarbeiteten Einigung wollte Rosik aus Wettbewerbsgründen nichts sagen. Meine sprach von einer Vergleichbarkeit: "Von seinem Gesamtvolumen her entspricht der Abschluss dem der Fläche."
Die Tarifparteien verlängerten die Altersteilzeitregel bis zum Jahr 2022 und setzten teils neue Leitlinien. Das neue Modell greift für die Jahrgänge 1967 und älter. Das Basismodell läuft nur noch sechs statt bisher sieben Jahre. Eine Besonderheit gilt für die sogenannten Tarif-Plus-Mitarbeiter in den höchsten Entgeltstufen - in der Regel sind das gesuchte Spezialisten. "Für diese Personen werden wir die Altersteilzeit auf vier Jahre beschränken", sagte Rosik. Theoretisch konnte diese Gruppe bisher auch das Modell mit sieben Jahren nutzen.
Für Schwerbehinderte gilt die frühere Sieben-Jahres-Periode weiter und in Sondersituationen kann es im Einvernehmen acht Jahre geben. Das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit gilt unverändert; der Arbeitnehmer muss in Altersteilzeit wollen und VW muss einwilligen. VW-Personalvorstand Karlheinz Blessing sagte, die neue Regel sei nun individueller zuzuschneiden auf den Bedarf des Unternehmens und erhöhe so die Flexibilität. "Das ist eine wesentliche Voraussetzung zur Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit", sagte Blessing.
Der VW-Haustarif ist Deutschlands größter Firmentarif. Er gilt in den sechs westdeutschen VW-Werken Emden, Hannover, Wolfsburg, Salzgitter, Braunschweig und Kassel sowie bei der Finanztochter aus Braunschweig. Die 120.000 Mitarbeiter repräsentieren jede fünfte Stelle im Konzern. (dpa)
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