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Neue Vorwürfe: Schaden für "Made in Germany"?

25.07.2017 15:15 Uhr
Neue Vorwürfe: Schaden für "Made in Germany"?
Imageschaden für die deutsche Wirtschaft?
© Foto: Daimler

Noch ist unklar, ob deutschen Autokonzernen verbotene Absprachen nachgewiesen werden. Doch schon der Verdacht auf Mauscheleien im Hinterzimmer dürfte das Image weiter ankratzen. An der Börse sind schon Milliarden verpufft.

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Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert, befürchtet wegen der Kartellvorwürfe gegen mehrere Autokonzerne einen Imageschaden für die deutsche Wirtschaft. "Das Qualitäts-Label 'Made in Germany' könnte Schaden nehmen", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Wenn der Verdacht zuträfe, wäre dies "ein unverantwortlicher Vorgang gegenüber den Kunden und der deutschen Wirtschaft". Als erstes seien jetzt die Aufsichtsräte der betroffenen Autohersteller in der Pflicht, gegebenenfalls auch Sondersitzungen zur Klärung einzuberufen.

Nach Berechnungen von NordLB-Analyst Frank Schwope haben die drei im Dax gelisteten Konzerne Volkswagen, BMW und Daimler von Freitag bis Montagabend mehr zehn Milliarden Euro an Börsenwert verloren. Auch der finanzielle Schaden könnte in die Milliarden gehen, sagte Schwope der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er verwies auf eventuelle Strafzahlungen, Schadenersatzforderungen und einen noch nicht abzuschätzenden Imageschaden, der langfristig Auswirkungen auf die Verkäufe haben werde.

Der "Spiegel" hat über ein womöglich seit vielen Jahren bestehendes Kartell berichtet, in dem sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben sollen. Zu dem allgemeinen Vorwurf schweigen die Konzerne bisher. So sagte etwa VW-Konzernchef Matthias Müller der "Heilbronner Stimme" (Dienstag): "Zum aktuellen Sachverhalt kann ich nur sagen, dass wir uns zu Spekulationen und Sachverhaltsvermutungen, die auf der Grundlage der öffentlichen Berichterstattung beruhen, nicht äußern." Man arbeite aber kooperativ mit den Behörden zusammen.

Hersteller wollen Nachrüstlösung vorlegen

Nach Burkerts Einschätzung bekommt der am 2. August geplante "Diesel-Gipfel" von Bund, Ländern und Autobranche nun "zusätzliche Brisanz". Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) könne das Thema nicht ausblenden, sagte der SPD-Politiker der "Mittelbayerischen Zeitung".

Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, versprach eine schnelle Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen in Deutschland. "Die deutschen Hersteller werden am 2. August ein Angebot für eine breite Nachbesserung für Diesel-Pkw machen. Es wird eine Lösung geben, die effektiv und für den Kunden attraktiv ist", sagte Wissmann dem "Handelsblatt». Er fügte hinzu: «Mein Eindruck ist, die deutschen Hersteller werden die Kosten nicht an ihren Kunden hängen lassen."

Bei dem "Diesel-Gipfel" will die Bundesregierung mit mehreren Ländern und Autobauern Schritte für einen geringeren Schadstoffausstoß festlegen. Dabei geht es auch darum, Modelle der Emissionsklassen Euro 5 und 6 mit neuer Software nachzurüsten.

Dobrindt fragt EU-Kommission nach Kartell-Erkenntnissen

Nach den Kartellvorwürfen übernehmen die Wettbewerbshüter der EU-Kommission die Federführung bei der Aufklärung. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Montag mit. Die Untersuchung sei aber komplex und langwierig. "Wenn die EU-Kommission einen begründeten Verdacht entwickelt, schickt sie den Unternehmen die konkreten Vorwürfe zu", sagte ein Sprecher in Brüssel. Das Bundeskartellamt erklärte, es führe kein Verfahren. Aber es lägen "Informationen" zu möglichen Absprachen im technischen Bereich vor. Auch die EU-Kommission habe Einblick. Das Bundeskartellamt hatte just vor einem Jahr mehrere Autohersteller und Zulieferer wegen möglicher Absprachen beim Einkauf von Stahl durchsucht. Hierzu laufe ein Verfahren, teilte es in Bonn mit.

Dobrindt will vor dem Gipfel mögliche Erkenntnisse der EU-Kommission einholen. Er habe EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in einem Brief gefragt, welche Art von Informationen sie mitteilen könne, sagte Dobrindt am Dienstag in Berlin. Der Minister berichtete, dass er sich zuvor auch beim Bundeskartellamt wegen der Vorwürfe erkundigt habe. Über die Art dort vorliegender Informationen sei er aber nicht unterrichtet worden. Er verwies darauf, dass das Kartellamt im Verantwortungsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums stehe. Dieses habe seinem Ressort gegenüber in den vergangenen Wochen nichts zu entsprechenden Informationen der Behörde mitgeteilt.

Mit Blick auf die Absprachevorwürfe wies Dobrindt auf einen für ihn "nicht logischen Zusammenhang" hin. Der Diesel-Skandal drehe sich um Fahrzeuge der Emissionsklasse Euro 5, bei denen noch keine Abgas-Nachbehandlung mit Harnstoff (AdBlue) im Einsatz sei. Die Grundlage für Abgas-Manipulationen wie bei VW müsse also "zeitlich deutlich früher gewesen sein".

Abstimmung zwischen den Herstellern rechtlich zulässig?

Die stellvertretende Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland, Sylvia Schwab, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Grundsätzlich ist es ja üblich, dass sich Unternehmen in Verbänden zusammensetzen und gemeinsame Interessen und Vorhaben besprechen." Problematisch werde es erst, wenn das den technischen Fortschritt behindere, nicht fair und transparent zugehe und den Kunden schade.

Laut VDA prüfen die Behörden jetzt, "ob und in welchem Umfang die Abstimmung zwischen den Herstellern rechtlich zulässig war oder nicht". Schon das Ausnutzen von Grauzonen wäre inakzeptabel. Aber "der Stand des Verfahrens legt es gleichzeitig nahe, mit Vorverurteilungen zurückhaltend umzugehen. Standardisierungs- und Normierungsaktivitäten sind pauschal weder schädlich noch illegal." Vor einigen Monaten hätten die Autokonzerne den Verband gebeten, "Entwicklungs-, Normungs- und Standardisierungsthemen in den VDA zu integrieren", um "bisherige herstellereigene Strukturen aufzulösen".

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) erwägt bereits Klagen gegen die Autokonzerne wegen möglicher Verstöße gegen Ad-hoc-Pflichten. Die Finanzaufsicht (Bafin) teilte mit: "Wir schauen uns den Sachverhalt derzeit an und entscheiden dann, wie wir weiter verfahren." (dpa)

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KOMMENTARE


Dieter M. Hölzel

25.07.2017 - 12:13 Uhr

Nach wie vor werden in Deutschland sehr gute Autos gebaut, da ist es wenig zielführend wenn Herr Burkert und andere die deutsche Automobilwirtschaft wg. dieser Vorkommnisse schlecht reden. Aufhören damit und das Kartellamt wird schon seines Amtes walten. Dies jetzt zu Wahlzwecken missbrauchen wird von den Wählern schnell durchschaut, auch wenn so manche " Saubermänner " daraus politisches Kapital schlagen wollen, gerade jene, deren Umfragewerte sich im tiefen Keller befinden.


egon samu

26.07.2017 - 08:28 Uhr

"Made in Germany"...Was soll das bedeuten?Germany wurde längst zu "Germoney": wir bezahlen alles, wir bürgern für alles, wir versorgen jeden... Und versinken dadurch langsam aber sicher in politisch gewollter Beliebigkeit, Chaos und Identitätslosigkeit.Der weltweit hoch geschätzte Abschluß und Qualitätsmerkmal "Diplom-Ingenieur" wurde längst zu Gunsten beliebig austauschbarer Titel wie Bachelor und Master abgechafft. Statt made in Germany gilt jetzt "Made in EU". Gleich ob in Deutschland, Frankreich oder Bulgarien hergestellt. Alles Jammern darüber hilft nicht mehr.


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