Elon Musks tollkühne Erwägungen, Tesla von der Börse zu nehmen, bleiben das große Thema an den Finanzmärkten. Die Frage nach der vom Tech-Milliardär als gesichert bezeichneten Finanzierung eines solchen Deals bleibt weiter offen, was rechtlich Brisanz birgt. Das "Wall Street Journal" berichtete in seiner Donnerstagausgabe unter Berufung auf Insider, dass die US-Börsenaufsicht den Vorfall bereits prüfe. Die "New York Times" brachte auf den Punkt, was die Wall Street am meisten umtreibt: "Wie will er [Musk] dafür bezahlen?"
Der Tesla-Chef hatte Anleger am Dienstag mit der überraschenden Ankündigung in Aufregung versetzt, mit dem Gedanken zu spielen, den E-Autobauer bei einem Aktienkurs von 420 Dollar zu privatisieren, also von der Börse zu nehmen. Das wäre ein finanzieller Kraftakt der Superlative - Musk bräuchte mehr als 70 Milliarden Dollar, um Investoren anzubieten, ihre Anteile zurückzukaufen. Der Tesla-Chef erläuterte seine Beweggründe zwar später im Firmen-Blog, woher er das Geld für sein Mammut-Projekt nehmen will, erklärte er jedoch nicht.
Anlegerklagen wegen möglicher Marktmanipulation könnten drohen
Das hat nun offenbar die SEC auf den Plan gerufen. Laut "Wall Street Journal" hat sich die Aufsichtsbehörde bei Tesla erkundigt, ob die massiv kursbewegende Mitteilung den Tatsachen entspreche und warum sie über den Kurznachrichtendienst Twitter lanciert worden sei. Die SEC wollte dazu keinen Kommentar abgeben. Tesla ließ Anfragen unbeantwortet. Auch wenn noch unklar ist, ob die Aufseher eine formale Ermittlung starten - für Musk ist die Sache heikel. Sollte er seine Behauptung, den Abgang von der Börse finanziell sicher stemmen zu können, nicht belegen können, könnte es großen Ärger geben.
Bei einem erhärteten Verdacht, dass Musk geblufft haben könnte - etwa um den vielen Spekulanten eins auszuwischen, die gegen die Tesla-Aktie wetten - drohen nicht nur Konsequenzen durch die SEC. Rechtsexperten zufolge wäre dann auch der Boden für Anlegerklagen wegen möglicher Marktmanipulation bereitet, denn Musks Tweet bewegte Milliarden an Börsenwert. Teslas Verwaltungsrat hält sich derweil bedeckt und teilte bislang lediglich in einer Stellungnahme mit, Musks Ideen diskutiert zu haben und weiter prüfen zu wollen.
Dass die Privatisierungspläne zuerst bei Twitter verbreitet wurden, ist ebenfalls sehr ungewöhnlich - normalerweise verkünden börsennotierte Firmen marktbewegende Nachrichten außerhalb der Handelszeiten in Pflichtmitteilungen. Allerdings verbietet die SEC Social-Media-Kanäle nicht und Tesla hatte seinen Aktionären bereits vor Jahren empfohlen, Musks Tweets im Blick zu behalten. Trotz einiger Skepsis in Sachen Finanzierung, ist zudem auch keineswegs auszuschließen, dass Tesla die nötigen Mittel auftreiben könnte.
Mögliche Partner für eine Privatisierung gibt es viele
Das Unternehmen ist zwar verlustreich und hat nur relativ geringe Geldreserven, doch in Finanzkreisen wird eifrig über reiche Partner spekuliert. Befeuert wird dies etwa durch einen Bericht der "Financial Times", laut dem Saudi-Arabien mit seinem rund 250 Milliarden Dollar schweren Staatsfonds bei Tesla eingestiegen und bereits zum Großaktionär aufgestiegen ist. Allerdings sollen sich die Saudis am freien Markt mit den Papieren eingedeckt haben, weil Musk eine direkte Beteiligung angeblich abgelehnt hatte.
Dem Finanzdienst Bloomberg zufolge hat der Tesla-Chef zudem schon vor über einem Jahr mit dem japanischen Großinvestor Masayoshi Son und seiner Softbank Group über einen möglichen Börsenrückzug gesprochen. Die Gespräche seien aber an unterschiedlichen Auffassungen über die Eigentümerstruktur gescheitert. Neben Softbank und den Saudis werden der chinesische Internetriese Tencent sowie Weggefährten von Musk aus dem Silicon Valley wie Peter Thiel und Scott Bannister als mögliche Partner bei einer Privatisierung gehandelt.
Unterdessen loten Führungskräfte von Großbanken wie Goldman Sachs und Citigroup angeblich schon aus, wie ein Deal strukturiert werden könnte, um den lukrativen Auftrag an Land zu ziehen, Tesla von der Börse zu nehmen. Ein Geschäft dieser Größenordnung werde mit zehn bis 20 Milliarden Dollar bewertet, hieß es in der "New York Times". Dass die Wall-Street-Häuser von dem Projekt offenbar erst jetzt erfuhren, nährt jedoch auch Zweifel an Musks Aussagen zur Finanzierung. Solche großen Deals sickern in der Finanzwelt meist vorher durch. (dpa)
Annotator