Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Greenpeace haben juristische Schritte gegen vier deutsche Großkonzerne eingeleitet, um sie per Gesetz zu mehr Klimaschutz zu verpflichten. Den Autobauern BMW, Mercedes Benz AG und Volkswagen sowie dem Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea wurden Unterlassungsschreiben zugeleitet, wie die Anwälte der Verbände am Freitag in Berlin mitteilten. Damit wollen die Organisationen erreichen, dass die drei Autokonzerne bis 2030 unter anderem den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor stoppen. Wintershall Dea soll spätestens ab 2026 keine neuen Öl- und Gasfelder mehr erschließen. Die Konzerne sollten dazu verpflichtet werden, ihr Geschäftsmodell so zu ändern, dass sie die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllen, bekräftigen DUH und Greenpeace.
Sollten die Konzerne nicht innerhalb der kommenden Wochen die gewünschten Unterlassungserklärungen abgeben, seien die Klagen vor den entsprechenden Gerichten bereits vorbereitet, teilten die Verbände weiter mit. BMW kündigte bereits an, die Unterlassungserklärung nicht abgeben zu wollen. "Wir haben das Schreiben erhalten - und werden die geforderte Erklärung nicht abgeben. Die Berechnungen und Vorhaltungen sind für uns nicht nachvollziehbar", schrieb der Konzern am Freitagnachmittag.
Die anderen beiden Autohersteller äußerten sich ebenfalls kritisch zum Vorgehen der Umweltverbände und gaben an, die erhaltenen Schreiben prüfen zu wollen. Mercedes-Benz stellte für den Daimler-Konzern klar: "Wenn es zu einer Klage kommt, werden wir uns dagegen mit allen juristischen Mitteln verteidigen." Der Konzern Wintershall Dea war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
"Wenn die Welt noch mal zehn Jahre zaudert, dann ist das 1,5-Grad- und wahrscheinlich auch das Zwei-Grad-Ziel nicht mehr zu erreichen", sagte Anwältin Roda Verheyen mit Blick auf die fortschreitende Erderwärmung, für die die Umweltverbände die Konzerne maßgeblich mitverantwortlich machen. Die deutsche Automobilindustrie habe einen "gigantischen globalen Fußabdruck", sagte die Juristin, die Greenpeace im Verfahren gegen VW vertritt. Anwaltskollege Remo Klingen bereitet für die Umwelthilfe die Klage gegen die anderen drei Konzerne vor. Die DUH und Greenpeace berufen sich bei ihrem Vorgehen auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021.
Die Richter in Karlsruhe hatten damals das bis dato geltende Klimaschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt und mit Verweis auf die gefährdeten Freiheitsrechte künftiger Generationen einen ambitionierteren Klimaschutz angemahnt. "Daran sind nicht nur Staaten, sondern auch große Unternehmen gebunden", sagte Verheyen.
Als Klägerinnen und Kläger treten auf Seiten der Umweltverbände die DUH-Geschäftsführer Barbara Metz, Sascha Müller-Kraenner und Jürgen Resch auf. Bei Greenpeace sind es die Geschäftsführer Martin Kaiser und Roland Hipp sowie die Fridays-for-Future-Aktivistin Clara Mayer. Sie wollen nach eigenen Angaben zivilrechtliche Ansprüche auf Schutz ihrer persönlichen Freiheits- und Eigentumsrechte geltend machen.
Unterschiedliche Fristen für Unterlassungserklärungen
Für das Abgeben der Unterlassungserklärungen haben die jeweiligen Anwälte unterschiedliche Fristen formuliert. VW hat den Angaben zufolge Zeit bis Ende Oktober, die anderen Konzerne sollen bereits bis zum 20. September Stellung nehmen. Eine Fristverlängerung sei aber nicht ausgeschlossen, sagte Klingen.
"Wir bekennen uns klar zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und damit zur Dekarbonisierung der Automobilbranche", teilte die Mercedes-Benz AG mit. Das Unternehmen habe den "Spurwechsel zur Klimaneutralität" eingeleitet und sehe "keine Grundlage für einen Unterlassungsanspruch". Das Unternehmen wolle ab 2039 auf eine komplett klimaneutrale Pkw-und Van-Neufahrzeugflotte umgestellt haben, elf Jahre früher, als es die EU-Gesetzgebung vorschreibe. Die eigenen Werke der Mercedes-Benz AG würden bereits ab 2022 weltweit CO2-neutral produzieren, hieß es. BMW betonte, die CO2-Emissionen je Fahrzeug bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent reduzieren zu wollen. Das Unternehmen bekenne sich zum 1,5-Grad-Ziel aus dem Klimaabkommen.
Bei Volkswagen hieß es, bis 2025 sollen 35 Milliarden Euro in die Elektromobilität investiert werden. Die Vorgehensweise der Umweltverbände sowie die Ankündigung einer Klageerhebung gegen ein einzelnes Unternehmen halte man "nicht für ein angemessenes Mittel zur Lösung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen".
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) mahnte, Klimapolitik "nicht im Gerichtssaal", sondern im Parlament zu entscheiden. "Eine Klage gegen die Unternehmen wird die Geschwindigkeit der Transformation nicht verändern", betonte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.