Volkswagens Betriebsratschef Bernd Osterloh sieht auf dem wichtigen US-Markt viele hausgemachte Probleme für den Autobauer. Die USA seien für VW eine "Katastrophenveranstaltung", sagte das Aufsichtsratsmitglied am Mittwoch in Wolfsburg. Dem Konzern fehlten in zentralen Segmenten die passenden Autos, das Händlernetz sei nicht eng genug, und den Erwartungen der US-Kunden werde zu wenig Rechnung getragen. "Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Manchmal habe ich den Eindruck, dass das bei uns anders ist", sagte Osterloh. VW müsse sich verstärkt fragen, wo das Delegieren von Verantwortung in die jeweilige Region Sinn ergebe.
Die Vereinigten Staaten sind nach China der wichtigste Automarkt der Welt. Der Gesamtabsatz hatte dort 2013 um fast acht Prozent zugelegt. Die Verkäufe der Kernmarke bei den Wolfsburgern - die Pkw mit dem VW-Logo - gaben jedoch um sieben Prozent nach. VW verlor damit im vergangenen Jahr nach einer zuvor recht rasanten Aufholjagd Anteile gegen die Rivalen General Motors (GM) und Toyota, die der Konzern bis 2018 überholen will. «Wir kamen, sahen und siegten. Und dann siegten die anderen», bilanzierte Osterloh. Seit Jahresbeginn lenkt Michael Horn als neuer VW-Manager das US-Geschäft.
Osterloh kreidet die Versäumnisse auf dem US-Markt nicht einzelnen Personen an: "Mich regt ganz einfach auf, dass bei manchen Dingen, die wir seit Jahren diskutieren, nichts passiert." Dass die US-Kunden etwa raschere Zyklen der kosmetischen Aufpeppung von Modellen wollen - sogenannte Facelifts -, sei keine neue Erkenntnis. Doch VW habe nicht früh genug reagiert. In China, wo VW so erfolgreich ist, komme das Unternehmen Kundenwünschen erfolgreicher nach - etwa mit Sitzen, die weitaus weicher seien, als es etwa europäische Kunden bevorzugten.
Erfolg unterm Strich, Probleme im Einzelnen
Osterloh betonte auch, dass es für VW im Ganzen glänzend laufe. Der Konzern hatte 2013 einen Auslieferungsrekord erreicht und stellt in Aussicht, den hohen Vorjahresgewinn stabil zu halten. Zahlen folgen erst noch. Doch der Erfolg unterm Strich dürfe nicht die vereinzelten Probleme ausblenden.
Die Dämpfer in Indien und Europa beispielsweise träfen die gesamte Branche - doch in den USA sei die Lage eben anders. VW müsse daher auch bestehende Strukturen infrage stellen, nicht alles lasse sich nämlich von Wolfsburg aus steuern. "Die Frage ist: Wie viel Zentralismus ist nötig und wie viel Dezentralismus?", meinte Osterloh.
Produktseitig sei der jahrelange Verkaufserfolg der Pick-ups der Ford-F-Serie ein Beispiel für die offenen Flanken der Wolfsburger. Der F-150 ist seit 32 Jahren der am meisten verkaufte Wagen in den USA. Er gehört für Ford zur wichtigsten Modellserie mit zuletzt 763.000 Verkäufen allein in dem Land. "750.000 Einheiten pro Jahr von einem Modell. Und das Schöne ist: Wir haben keins§, sagte Osterloh.
Seinen eigenen Pick-up Amarok verkauft VW bisher nicht in den USA.Laut Osterloh wäre er für den Markt auch kaum geeignet. Zur Automesse in Detroit versprach der Entwicklungschef der Kernmarke VW-Pkw, Heinz-Jakob Neußer, Besserung. VW werde dem Problem mit größerer Auswahl an einzelnen Modellvarianten begegnen und mehr Abwechslung in die jahrelangen Entwicklungszyklen der Modellgenerationen bringen.
Wende erst für die Jahre 2016/2017
VW produziert seit kurzem seinen Verkaufsschlager Golf auch in Mexiko - vor den Toren der USA also. Das Modell soll Schub bringen. Außerdem ist für 2016 der Start einer siebensitzigen Geländelimousine geplant. Über den Produktionsstandort ist noch nicht entschieden, es steht neben Mexiko noch das US-Werk in Chattanooga zur Auswahl. Der Golf trifft jedoch eher ein vergleichsweise kleines Segment in den USA. Osterloh glaubt an die Wende erst für die Jahre 2016/2017. (dpa)
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