Auf dem Weg zurück zu alter Stärke wird Toyota von alten Problemen eingeholt: Beim größten Autobauer der Welt klemmt es mal wieder. Nach hakenden Gaspedalen 2010 sind es nun elektrische Fensterheber, wegen denen fast 7,5 Millionen Wagen in die Werkstätten gerufen werden, wie der Konzern am Mittwoch mitteilte. Nachdem sich der japanische Auto-Riese gerade von den Folgen der japanischen Erdbeben- und Tsunamikatastrophe erholt und den Rivalen General Motors wieder überholt hatte, könnte die gigantische Rückrufaktion zumindest das Image von Toyota erneut herunter ziehen.
Besonders in den USA dürfte der Schaden groß sein: Hier sind alleine 2,5 Millionen Autos betroffen, weil ein zu dünn aufgetragenes Schmiermittel zu Problemen führen kann. In Deutschland sollen 136.375 Yaris, Auris und RAV4 aus den Baujahren 2006 bis 2008 überprüft werden. Das Problem: Durch das ungleichmäßig verteilte Schmiermittel kann auf der Fahrerseite der Knopf für den Fensterheber klemmen.
Gefährlich könnte es werden, wenn ein Fahrer in Eigenregie versucht, Schmiermittel in die Ritzen zu sprühen. Dadurch könne – je nach Beschaffenheit – in Teilen der Elektrik dauerhaft ein schwacher Strom fließen, sagte ein Sprecher von Toyota Deutschland. "Der kann auf Dauer wiederum genug Wärme erzeugen, um Teile des Systems schmelzen zu lassen." Toyotas US-Tochter warnt in ihrem Rückruf-Schreiben sogar vor Rauch und Flammen.
Diese Warnung habe allerdings formale Gründe, so der Deutschland-Sprecher. Wenn Plastik schmelzen könne, müsse nach US-Statuten auf Feuergefahr hingewiesen werden. Angst vor Flammen aus der Elektronik müsse niemand haben.
Aktion kommt teuer
Doch auch ohne Feuer aus dem Fensterheber dürfte die Rückrufaktion Toyotas Image einen herben Rückschlag versetzen – und dazu ziemlich teuer werden. "Das zeigt, dass die Qualitätsprobleme noch vorhanden sind", sagte Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch-Gladbach. Auf bis zu eine Milliarde Euro schätzt er die Kosten zusammen mit dem Rückruf von 1,5 Millionen Toyotas, bei denen im August die Spurstangen an der Hinterachse überprüft werden mussten.
Dass die jetzt betroffenen Modelle zwischen drei und sechs Jahren alt sind, belege, dass das Gros der Probleme aus der Zeit vor 2009 stammt. "Bis dahin hat man bei Toyota nicht genug auf die Qualität der Fahrzeuge geachtet", sagt Bratzel weiter. Gerade diese Altlasten sollten nach Meinung des Experten auch ein warnendes Beispiel für den großen Herausforderer Volkswagen sein. Denn wenn die Wolfsburger mit ihrem Baukastensystem einzelne Komponenten in viele verschiedene Modelle einbauen, könnten selbst kleinste Fehler auch bei VW riesige Rückrufaktionen auslösen.
Die Japaner mussten zwischen 2010 und 2011 insgesamt fast 15 Millionen Autos in die Werkstätten zurückholen. Gründe waren unter anderem klemmende Gaspedale und verrutschende Fußmatten. Auch mit der Benzinleitung und austretender Bremsflüssigkeit gab es Probleme.
Comeback nicht in Gefahr
Toyotas Comeback im 75. Jahr seines Bestehens sieht Bratzel durch die aktuellen Schwierigkeiten aber nicht in Gefahr. Zwar dürften die Japaner gerade in den USA einige Kunden verlieren und auch eine kleine Delle bei den Verkäufen zu spüren bekommen. Aber am Ende des Jahres werde Toyota wohl wieder der absatzstärkste Autobauer der Welt sein, erwartet der Fachmann.
Auch Konkurrent Honda ruft weltweit eine knappe halbe Million Autos wegen eines ähnlichen Problems zurück, davon in Deutschland 25.114 CR-V (RD8 und RD9) aus dem Bauzeitraum 7. November 2001 bis 6. Oktober 2006. (dpa/ng)
Mühlbauer M.
MK