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Fahrbericht McLaren 600LT: Die Rennstrecke ist sein Revier

18.10.2018 06:41 Uhr
Fahrbericht McLaren 600LT: Die Rennstrecke ist sein Revier
Der McLaren 600LT macht durch seine professionelle Rennabstimmung alles eine Spur direkter als seine Basis, der 570S.
© Foto: McLaren

Als wenn der 570S nicht schon genug Fahrspaß auf die Straße bringen würde, legt McLaren mit dem 600LT noch eine Schippe drauf. Käufer sollten am besten in der Nähe einer Rennstrecke wohnen.

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Von Michael Specht/SP-X

McLaren-Kenner wissen natürlich sofort, was es mit dem Kürzel LT auf sich hat. Es steht für "Long Tail", zu deutsch: langes Heck. Dies braucht ein schneller Sportwagen, um noch schnittiger durch den Fahrtwind zu rauschen und mehr Tempo zu machen. Männer brauchen den "Long Tail", um am Stammtisch oder in der Boxengasse ein bisschen anzugeben.

Bei McLaren haben die Buchstaben LT eine gewisse Tradition. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre gab es bereits drei heiße LT-Version. Sie waren im Handumdrehen ausverkauft. Ähnlich dürfte es sich auch mit dem 600LT verhalten. Er stellt nicht nur das stärkste und schnellste straßenzugelassene Modell der sogenannten Sport Series dar, sondern ist auch limitiert. Allerdings nur zeitlich. McLaren baut das Modell ab Oktober für genau ein Jahr. Wer nicht rechtzeitig seine 230.000 Euro nach Woking in England überweist, ist raus.

Das Basisfahrzeug für den 600 LT heißt 570S Coupé, auch bereits ein Vollprofi-Sportler in seiner Klasse, 419 kW/570 PS stark und mit fast schon einer spielerischen Leichtigkeit extrem schnell zu fahren. Das reichte den McLaren-Ingenieuren natürlich nicht. Frei nach dem Motto "Da geht noch was", scheinen sie jede Schraube noch einmal angefasst zu haben, stets mit dem Ziel: weniger Gewicht, mehr Leistung, nochmals präzisere Fahreigenschaften und damit schnellere Rundenzeiten.

Man mag es kaum glauben, aber den Technikern gelang es, den 600LT gegenüber dem 570S um volle 100 Kilogramm abzuspecken, obgleich auch letzterer eigentlich kein unnötiges Gewicht mit sich herumträgt. Allerdings: Der Kunde muss mithelfen. Die zwei Zentner werden nur erreicht, wenn in der Preisliste die ultraleichten Karbonfaser-Sitze für 6.430 Euro angekreuzt werden, was aber sicher über 90 Prozent der Käufer tun werden.

Zusammen mit der auf 441 kW/600 PS gestiegenen Power des 3,8-Liter-Doppelturbo-V8 ergibt das ein Leistungs-/Gewichtverhältnis von 481 PS pro Tonne. Das wäre etwa das Gleiche, als hätte ein VW Polo 500 PS unter der Haube. Es braucht kein Physik-Diplom, um zu erahnen, welche Fahrdynamik daraus resultiert. Doch die reinen Zahlwerte wie 2,9 Sekunden von null auf Tempo 100 oder 8,2 Sekunden von null auf 200 km/h oder auch die Spitze von 328 km/h geben nur einen bestimmten Rahmen vor, die von ähnlich konzipierten Sportwagen aus der Kategorie Ferrari, Porsche oder Lamborghini auch erreicht werden.

Der 600 LT beeindruckt durch seine Leichtigkeit und Präzision

Wirklich beeindruckend ist der lockere Umgang mit dem 600LT, seine Leichtigkeit, mit der er diese Power auf die Straße bringt, wie messerscharf er sich durch Kurven lenken lässt, wie sicher er auf dem Asphalt klebt, wie unglaublich er verzögert und wie vorausschauend er sich benimmt. Er macht durch seine professionelle Rennabstimmung alles eine Spur direkter als der 570S. Dennoch: Auch Nicht-Profis können mit dem 600LT sehr zügig unterwegs sein. Der Wagen kündigt frühzeitig seinen Grenzbereich an und lässt sich – dies erfordert allerdings einige Übung und Überwindung – auch mal im leichten Drift durch die Kurve manövrieren.

Zentrales Element im 600LT bleiben natürlich der hochgezüchtete V8-Motor und das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Beide bilden eine perfekte Arbeitseinheit und sind Spaßtreiber, wie es nicht besser sein könnte. Wie sie miteinander agieren, kann der Fahrer bestimmen, Knopfdruck genügt. Im Modus "Sport" erfolgt während des Schaltens eine kurzzeitige Unterbrechung des Zündfunkens, was den Gangwechsel nochmals beschleunigt und den Auspuffrohren ein Knallen entlässt. Recht brutal wird die Sache allerdings im Modus "Track". Dann glaubt man, es schlägt einem beim Wechsel der Getriebezahnräder jedes Mal einer ins Kreuz. McLaren nennt das "Drehmomentstoß".

Dann lieber zurück in den "Normal"-Modus, der einem plötzlich vorkommt wie das Setting zum Sonntagsausflug. Denn so professionell der 600LT um den Ring geht, er sperrt sich nicht gegen den Alltag. Auch wenn dieser nur bedingt Freude bereitet, zu aufwändig ist der Ein- und Ausstieg, zu groß der Wendekreis, zu nervig das enge Rangieren, zu unübersichtlich die Situationen neben und hinter dem Wagen. Nein, die Welt des 600LT ist die Rennstrecke am Wochenende. Dort gehört er hin, dort blüht er auf, dort bekommt der Fahrer ungefiltert zu spüren, was das McLaren-Team in Woking beabsichtigte und warum es für die Präsentation dieses Autos extra den Formel-1-Kurs bei Budapest gemietet hat.

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