Der E-Auto-Boom in Deutschland ist im vergangenen Jahr jäh gestoppt worden. Lediglich rund 380.609 reine Elektro-Pkw (BEV) wurden 2024 neu zugelassen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Montag mitteilte. Das war mehr als ein Viertel weniger als im Jahr davor. Der Anteil an sämtlichen Neuzulassungen ging im Vorjahresvergleich um fast fünf Prozentpunkte auf 13,5 Prozent zurück.
Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 rund 15 Millionen reine Batterieautos auf deutschen Straßen zu haben, rückt damit in weite Ferne. Laut KBA lag der Bestand zum Jahreswechsel lediglich bei rund 1,4 Millionen Elektrofahrzeugen.
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"Wir blicken zurück auf ein Jahr der verpassten Chancen für die E-Mobilität. In allen anderen europäischen Staaten einschließlich des Vereinigten Königreichs steigen die Neuzulassungen von E-Fahrzeugen", sagte Thomas Peckruhn, ZDK-Vizepräsident und Sprecher des Fabrikatshandels in Deutschland. Nur in Deutschland habe die Politik den Handlungsbedarf bei den Rahmenbedingungen für die E-Mobilität noch immer nicht erkannt.
Auch Constantin Gall, Mobilitätsfachmann beim Beratungsunternehmen EY, sprach von einem "verlorenen Jahr" für die Elektromobilität in Deutschland. "Obwohl neue und attraktive Modelle auf den Markt kommen, sind die Absatzzahlen deutlich niedriger als von der Branche erwartet und von der Politik erwünscht."
E-Autos zu teuer
Als Hauptgrund für die eingebrochene Nachfrage sehen Experten das abrupte Ende der staatlichen Kaufförderung, die Ende 2023 im Zuge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts überraschend eingestellt wurde. Fachleute führen zudem die nach wie vor hohen Preise für Elektroautos in Deutschland an. Insbesondere die deutschen Hersteller brachten bisher vor allem elektrifizierte Varianten ihrer hochpreisigen Premiummodelle auf den Markt.
Peckruhn betonte: "Der massive Einbruch beim Absatz von E-Fahrzeugen steht sinnbildlich für eine Politik der Bundesregierung, die 2024 mögliche Instrumente zur Förderung der E-Mobilität nicht nur ungenutzt gelassen hat, sondern Maßnahmen wie Kaufanreize und Ladeinfrastruktur-Ausbau inzwischen an die Europäische Kommission delegiert."
Förderung ist Wahlkampfthema
Im Bundestagswahlkampf ist das Thema E-Auto-Förderung längt angekommen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich jüngst für einen europäischen Förderansatz ausgesprochen. "Wir brauchen auch Fördermaßnahmen", sagte er nach einem EU-Gipfel in Brüssel im Dezember. Da der Markt für Elektroautos ein europäischer sei, mit vernetzten Produktions-, Liefer- und Kundenstrukturen, wäre es das Beste, "dass wir eine europäische Lösung finden, was Kaufanreize betrifft", so der Spitzenpolitiker. Als Beispiele nannte er Steuervorteile oder Kaufprämien. Eine ähnliche Forderung steht auch im SPD-Wahlprogramm.
Die CSU wiederum hat für den Fall eines Wahlsiegs der Union bei der Bundestagswahl im Februar eine Kaufprämie in Höhe von bis zu 3.600 Euro angekündigt. Das geht aus einem Papier für die Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Seeon hervor. Darin heißt es, dass bei der Förderung vor allem der Transportweg von der Montage zum Verkaufsort berücksichtigt werden soll. Es sollen also vorrangig in Deutschland produzierte E-Autos gefördert werden.
Dem Vorschlag kann Imelda Labbé, Präsidentin des Verbandes der Internationalen Kfz-Hersteller (VDIK), allerdings wenig abgewinnen. "Offener und fairer Wettbewerb ist die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum im eigenen Land. Deshalb muss eine steuerliche Förderung für Fahrzeuge aller Marken offenstehen. Denn nur im Wettbewerb kann Innovation entstehen und der Umstieg auf bezahlbare und klimaneutrale Mobilität gelingen", erklärte Labbé.
Dänemark und Schweden deutlich weiter
Wie der Hochlauf der E-Mobilität funktionieren kann, zeigt der Blick nach Nordeuropa: Von den Quoten mancher skandinavischer Länder bleibt Deutschland weit entfernt. Elektroautos machen etwa in Dänemark mittlerweile mehr als die Hälfte aller neu zugelassenen Pkw aus, wie die Branchenorganisation Mobility Denmark unter Berufung auf Zahlen der Webseite Bilstatistik.dk kürzlich mitteilte. Im Dezember entsprach ihr Anteil an den Neuzulassungen demnach sogar 61,5 Prozent.
Noch besser steht Norwegen da. Von den knapp 129.000 Pkw, die 2024 in Norwegen neu zugelassen wurden, waren satte 88,9 Prozent E-Autos, wie die Interessenorganisation OFV mitteilte. Das Land hat stark in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert und finanzielle Anreize für den Kauf geschaffen.
Lage der Autobranche bleibt angespannt
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr laut KBA rund 2,8 Millionen Autos in Deutschland neu zugelassen. Das war etwa ein Prozent weniger als im Jahr davor und rund ein Viertel weniger als 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie.