Bei Volkswagen sollen die Top-Manager nach dem Abgasskandal durch eine Obergrenze sowie Einschnitte bei Bonuszahlungen künftig weniger verdienen. Der Aufsichtsrat beschloss am Freitag in Wolfsburg eine Reform des Vergütungssystems. Diese sieht Obergrenzen für die Gehälter der Top-Manager vor. Der Vorstandschef soll künftig höchstens zehn Millionen Euro im Jahr verdienen, die Vorstandsmitglieder maximal 5,5 Millionen. Damit sinkt laut VW die theoretisch mögliche Maximalvergütung gegenüber dem alten System um zu 40 Prozent. Die Maximal-Einkommen könnten aber nur bei einer "herausragenden Unternehmensentwicklung" erreicht werden, hieß es. Hohe Gehälter und hohe Bonuszahlungen bei VW trotz Dieselkrise waren öffentlich scharf kritisiert worden.
Die Folgen der Abgas-Manipulationen belasten Volkswagen weiter. Dennoch fuhr der Konzern im vergangenen Jahr vor allem wegen seiner Stärke in China unterm Strich einen Gewinn von 5,1 Milliarden Euro ein, nach einem Rekordverlust von knapp 1,6 Milliarden Euro zuvor. "Die Zahlen zeigen: Volkswagen ist sehr robust aufgestellt, operativ und finanziell", sagte Vorstandschef Matthias Müller.
Um Sonderkosten vor allem für die Rechtsstreitigkeiten rund um die Diesel-Affäre bereinigt konnte VW ein Rekord beim operativen Ergebnis von 14,6 Milliarden Euro verzeichnen, 14 Prozent mehr als vergangenes Jahr. Grundlage dafür ist ein Absatzplus vor allem wegen der Stärke von VW in China und das erfolgreiche Abschneiden profitabler Tochtermarken wie Audi. Der Konzernumsatz stieg 2016 um knapp zwei Prozent auf 217,3 Milliarden Euro.
Dennoch trübt die Dieselaffäre um manipulierte Abgastests von Millionen Dieselautos weiter die Bilanz der Wolfsburger. Auch zum Jahresende belasteten die Sonderkosten für Rechtsstreitigkeiten in Nordamerika die Bilanz mit mehreren Milliarden Euro, auf Jahressicht kostete das Dieseldesaster noch einmal 6,4 Milliarden Euro. Insgesamt hat VW für den Skandal bisher mehr als 22 Milliarden Euro zurückgestellt. In Vergleichen in den USA und Kanada hat VW bisher die Zahlung von umgerechnet rund 22,7 Milliarden Euro zugesagt. In Europa setzt der Autoriese darauf, die betroffenen Fahrzeuge komplett umrüsten zu dürfen und keine Entschädigungen zahlen zu müssen - Kläger gehen jedoch weiter dagegen vor.
Top-Gehälter werden begrenzt
Als Folge auch des Abgasskandals hatte Volkswagen bereits 2016 angekündigt, sein Vergütungssystem für Führungskräfte zu ändern. Zuvor hatte es massive Kritik an hohen Bonuszahlungen für die Vorstände gegeben - obwohl VW wegen des Abgasskandals rote Zahlen geschrieben hatte.
Die Reform des Vergütungssystems sieht neben einer Deckelung der Einkommen vor, dass die Ziele für die variable Vergütung, darunter umstrittene Bonuszahlungen, verschärft werden. Dafür wird das Fixgehalt angehoben. Das neue System gilt vom Geschäftsjahr 2017 an. Die Verträge der Vorstandsmitglieder werden entsprechend geändert.
Der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn war 2011 auf ein Einkommen von rund 17,5 Millionen Euro gekommen. Dies lag vor allem an hohen Bonuszahlungen angesichts von hohen Gewinnen und hatte eine breite Debatte über Managergehälter ausgelöst. 2015 lag das Einkommen des amtierenden VW-Vorstandschefs Matthias Müller wegen der Folgen von "Dieselgate" deutlich unter der nun eingeführten Obergrenze von zehn Millionen Euro.
Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil bezeichnete die Reform bei den Vorstandsgehältern als wichtigen Schritt. Die neue Vergütungshöhe sei deutlich reduziert worden, gleichzeitig sollten die Ziele für die variable Vergütung anspruchsvoller werden, erklärte der SPD-Politiker.
Vertrauen in Stadler
Ein Thema im VW-Aufsichtsrat sollte auch die Rolle von Audi-Chef Rupert Stadler im Dieselskandal sein, wie es zuvor im Konzernumfeld hieß. Stadler, der seit 2007 im Amt ist, war zuletzt in den Fokus gerückt. Ein von Audi entlassener früherer Chefentwickler von Dieselmotoren hatte Vorwürfe gegen ihn erhoben. Stadler habe ihm bei der Beurlaubung gesagt, "dass alles auf Druck von VW und dem VW-Aufsichtsrat geschehen ist", hatte der Anwalt des Ingenieurs Ulrich Weiß am Dienstag am Arbeitsgericht Heilbronn aus einem Gesprächsprotokoll zitiert.
VW-Konzernchef Müller und der Audi-Aufsichtsrat sprachen Stadler am Freitag ihr Vertrauen aus. Der Aufsichtsrat habe die erhobenen Anschuldigungen von einer Anwaltskanzlei prüfen lassen. «Diese Prüfung kommt zum Ergebnis, dass die gegen Herrn Stadler erhobenen Vorwürfe nicht zutreffend sind", teilte die VW-Tochter mit.
Außerdem gab es bei VW kürzlich Auseinandersetzungen zwischen dem VW-Markenchef Herbert Diess und dem Betriebsrat. Anlass war die Umsetzung des "Zukunftspakts". Mit dem Spar- und Umbaukonzept soll die Konzern-Kernmarke VW profitabler werden. Betriebsratschef und VW-Aufsichtsrat Bernd Osterloh hatte Diess Wortbruch vorgeworfen und deshalb einige Projekte vorerst auf Eis gelegt. Der Streit konnte Anfang dieser Woche beigelegt werden. Die Familien Porsche und Piëch als VW-Großaktionäre stützten Diess. Man setze weiter auf den aktuellen Vorstand, erfuhr die dpa aus dem Konzernumfeld. Dies umfasse auch die Vorstandsmitglieder Diess sowie Audi-Chef Stadler. (dpa)
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