In den schwierigen Tarifverhandlungen für rund 120.000 VW-Beschäftigte zeigt sich Betriebsratschef Bernd Osterloh zunehmend ernüchtert. "Es ist wirklich enttäuschend, wie sich das Unternehmen verhält", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Wolfsburg. "Und das nach Rekordverkäufen im vergangenen Jahr. Unsere Leute sind geladen, sie fühlen sich vom Unternehmen auf den Arm genommen." Mit Blick auf möglicherweise drohende Warnstreiks meinte er: "Wenn die Verhandlungen am Dienstag nicht vernünftig laufen, dann wird es von der IG Metall und unseren Kolleginnen und Kollegen sicherlich die entsprechende Reaktion geben."
Mitte Januar war die zweite Runde der Gespräche zum VW-Haustarif ergebnislos vertagt worden. Das bisherige Angebot des Managements sieht vor, die Entgelte ab Mai um zwei Prozent anzuheben, mit einer Laufzeit von zwölf Monaten. Zudem solle es für Februar bis April 200 Euro Einmalzahlung geben. Die IG Metall hatte sechs Prozent mehr Geld gefordert, zudem eine Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung sowie eine Garantie für den Erhalt von Ausbildungsplätzen.
Für die nächste Runde erwartet Osterloh wenig Bewegung. "Unsere Forderung unterscheidet sich von der Forderung der Fläche speziell bei der betrieblichen Altersversorgung. Das ist ein ganz wichtiger Baustein – und nachdem der Vorstand im vergangenen Jahr nicht bereit war, mit uns darüber konkret zu reden, erwarten wir ein vernünftiges Angebot. Kein Angebot, das wir selber finanzieren – ich erwarte von diesem Unternehmen, dass es sich daran beteiligt, den Kollegen künftig eine auskömmliche Altersversorgung zukommen zu lassen."
"Wir haben als Team alles gegeben"
Osterloh sprach von einem "Kulturwandel" in den Tarifgesprächen. "Bei uns stellt die Unternehmensseite unrechtmäßige Forderungen zum Manteltarifvertrag, der gar nicht gekündigt ist. Der Abgasskandal wurde bewältigt mit dem außergewöhnlichen Einsatz der Beschäftigten. Es hat sich keiner hängen lassen. Wir haben als Team alles gegeben. Und ich habe noch keinen Vorstand gesehen, der ein Auto baut."
Er habe den Eindruck, dass der Vorstand "das Thema nur noch aus finanztechnischer Sicht betrachtet. Es wäre mal an der Zeit, dieser Belegschaft zu zeigen, dass man Wertschätzung für sie übrig hat". Osterloh kritisierte auch den Umgang mit Leiharbeitern. Rund 400 Kollegen hätten noch vor Weihnachten gehen müssen. "Das hat es bei VW noch nie gegeben. Das wirft ein Licht darauf, wie das Management und der Vorstand mit der Belegschaft umgehen", sagte er. "Es fehlt am Gespür, zu sehen, was die Menschen jetzt erwarten." Darüber hinaus mit neuen Forderungen zu kommen, sei "indiskutabel".
Der VW-Haustarif ist Deutschlands größter Firmentarif. Er läuft Ende Januar aus und gilt in den sechs westdeutschen VW-Werken Emden, Hannover, Wolfsburg, Salzgitter, Braunschweig und Kassel sowie bei der Finanztochter aus Braunschweig. (dpa)