Die frühere CDU-Politikerin und Ex-Strommanagerin Hildegard Müller wird neue Chefin des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Müller sei einstimmig gewählt worden und trete ihr Amt zum 1. Februar 2020 an, teilte der VDA am Freitag in Berlin mit. Sie folgt auf Bernhard Mattes, den derzeitigen Chef-Lobbyisten der deutschen Autobauer, der sein Amt zum Jahresende 2019 aufgibt.
Die 52 Jahre alte Müller war bis Oktober Netzchefin des Energiekonzerns Innogy, eines der größten Betreiber von Ladesäulen für Elektroautos in Deutschland. Davor war sie knapp acht Jahre lang Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Müller gilt nicht nur als gut vernetzt in der Politik, sondern auch als erfahren in der Welt der Verbände. Von 1998 bis 2002 führte sie die Junge Union. Von 2005 an war sie Staatsministerin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und als solche zuständig unter anderem für die Bund-Länder-Beziehungen.
Der VDA ist einer der einflussreichsten Lobbyverbände in Deutschland, die Autobranche mit mehr als 800.000 direkt Beschäftigten eine Schlüsselindustrie. Die steht allerdings seit Jahren wegen des Dieselskandals schwer unter Druck. Die Klimadebatte und der angepeilte Umbau des Autoverkehrs in Richtung E-Mobilität bieten ebenfalls viel Stoff für Konflikte.
"Wir freuen uns, mit Hildegard Müller eine erfahrene Managerin als VDA-Präsidentin gewonnen zu haben", erklärten Daimler-Chef Ola Källenius und Arndt Kirchhoff, Chef der Kirchhoff Automotive Holding. "Wir sind der festen Überzeugung, dass Hildegard Müller die Aufgabe meistern wird, den VDA in einem sich schnell wandelnden Umfeld in die Zukunft zu führen."
"Wir brauchen eine starke Interessenvertretung"
Porsche-Chef und VW-Vorstand Oliver Blume ergänzte, die deutsche Automobilindustrie stehe vor umfassenden Herausforderungen. Mit ihrer Erfahrung aus Industrie, Politik und Verbandsarbeit sei Müller "eine professionelle Partnerin, um Chancen zu erschließen und gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen". Nach Darstellung von BMW-Chef Oliver Zipse muss der VDA den "Wandel in der Industrie begleiten und für die Gesellschaft verständlich machen. Dazu brauchen wir eine starke Interessenvertretung".
Zuletzt war auch über den scheidenden EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) als Kandidat für den VDA-Chefposten spekuliert worden. Zwischendurch hatte der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) als heißester Anwärter gegolten, der hatte aber abgewinkt und erklärt, er stehe nicht zur Verfügung.
Müller nannte die Automobilindustrie der VDA-Mitteilung zufolge "das Rückgrat der deutschen Wirtschaft". Die Branche stehe vor gewaltigen Veränderungen. "Es braucht Kraft für Veränderungen und Mut zur Innovation für alternative Antriebsformen – beides hat die Automobilindustrie in der Vergangenheit immer wieder bewiesen."
Der Posten des Spitzenlobbyisten der Autoindustrie musste neu besetzt werden, nachdem der frühere Ford-Manager Bernhard Mattes im September überraschend seinen Rückzug angekündigt hatte. Mattes ist erst seit März 2018 VDA-Präsident, seine Amtszeit lief eigentlich bis Ende 2020. Die erste Frau an der VDA-Spitze ist Müller allerdings nicht. Von 1989 bis 1996 hatte Erika Emmerich den Verband als Präsidentin geführt. Seither standen aber nur noch Männer an der Spitze. (dpa)