Die Vorstandschefs von Volkswagen, Daimler und BMW haben mehr Mut und Tempo beim Aufbruch in die digitale Welt gefordert. Die deutsche Autoindustrie habe "dramatischen Veränderungsbedarf", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche am Mittwoch beim "Handelsblatt"-Autogipfel in München. VW-Chef Matthias Müller rief dazu auf, eingefahrene "Pfade zu verlassen und Dinge einfach mal zu probieren" - auch wenn man sich einmal eine blutige Nase hole.
Vorsicht, Fehlervermeidung und die Suche nach der 100-prozentigen Lösung hätten deutsche Wertarbeit weltweit erfolgreich gemacht. Aber während "wir in langen Gremien-Sitzungen über den Neigungswinkel der Heckscheibe nachgedacht haben", habe das Silicon Valley begonnen, das Auto zum Internet der Dinge zu machen. "Bei uns herrscht eine Kultur des Komplizierten", sagte Müller und forderte mehr Wagemut: "Wer nichts unternimmt, hat schon verloren." Die Diesel-Affäre sei im VW-Konzern auch ein Wendepunkt, um Verkrustungen aufzubrechen.
BMW-Chef Harald Krüger forderte mehr Zuversicht: "Rückblickend hat jede Disruption den Menschen ein besseres Leben ermöglicht." Das Interesse der Internet-Konzerne zeige, dass das Auto eine große Zukunft habe. "Alles wird mit allem vernetzt sein, Mobilität wird maßgeschneidert." Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte: "Der Spirit macht den Tesla attraktiv. Davon müssen wir was mitnehmen und nicht immer so verzagt sein."
Erste Batteriefabrik wird in Deutschland entstehen
Müller bestätigte auf dem "Autogipfel" auch, dass Volkswagen seine erste eigene Batteriefabrik in Deutschland bauen wolle. Seit geraumer Zeit wird darüber spekuliert, ob VW eine Batteriefertigung als Ersatz für wegfallende Arbeit im Zuge der stärkeren Elektromobilität auch in Deutschland hochzieht. Dies ist eine Forderung der Arbeitnehmerseite im gerade auszuhandelnden Zukunftspakt zwischen Management und Belegschaft.
Mit dem Pakt soll die renditeschwache Pkw-Kernmarke mit dem VW-Logo fit gemacht werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur steht eine Batteriefabrik in Salzgitter auf der Agenda. Das dortige Werk für Verbrennungsmotoren verliert in den kommenden Jahren absehbar Arbeit. Zur Zahl möglicher Mitarbeiter in solchen Werken wollte sich Müller nicht äußern. (dpa)
Alexej Koch