Opel startet ein weiteres Abfindungsprogramm, um sein Entwicklungszentrum in Rüsselsheim zu verkleinern. Der ursprüngliche Plan, 2.000 Leute an den französischen Ingenieurdienstleister Segula abzugeben, ist letztlich am Widerstand der Arbeitnehmer gescheitert. In einer sogenannten Einigungsstelle vereinbarten Betriebsrat und Unternehmen nun, den Opel-Ingenieuren zuvor erweiterte Abfindungsangebote zu unterbreiten. Dies teilten beide Seiten am Mittwoch mit.
Die frühere General-Motors-Tochter Opel war im August 2017 vom französischen PSA-Konzern übernommen worden und hatte im vergangenen Jahr mit 859 Millionen Euro den ersten operativen Gewinn seit fast 20 Jahren ausgewiesen, in dem allerdings die Sanierungskosten nicht berücksichtigt sind. Die neue Mutter PSA drängte auf weitere Einschnitte, so dass Opel mit Segula einen Teilverkauf des Rüsselsheimer Entwicklungszentrums und des Testgeländes in Rodgau-Dudenhofen vereinbarte. Der Deal soll noch in diesem Sommer vollzogen werden.
Der Plan stieß auf den erbitterten Widerstand der IG Metall, die das Segula-Geschäftsmodell trotz erheblicher Ausgleichszahlungen von Opel nicht für tragfähig erachtete. Betriebsrat und Gewerkschaft verlangten unter anderem ein Rückkehrrecht zu Opel und einen Kündigungsschutz bis zum Sommer 2023, wie er auch bei einem Verbleib im Unternehmen gegolten hätte. PSA-Chef Carlos Tavares hatte der IG Metall daraufhin vorgeworfen, die Sicherung von 2.000 Arbeitsplätzen zu gefährden.
Abfindungen, Vorruhestand und Altersteilzeit
Nach der nun erzielten Einigung können die Beschäftigten wie bereits beim vorangegangenen Sanierungsprogramm "Pace" je nach individuellen Voraussetzungen mit einfachen Bar-Abfindungen gehen oder sich in den Vorruhestand und Altersteilzeit verabschieden. Für die beiden letzten Möglichkeiten wurde der Kreis der Berechtigten um drei Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1963 erweitert. Zudem wurde die unbefristete Übernahme der aktuell fertig ausgebildeten Lehrlinge vereinbart.
Die Höhe der Zahlungen entspreche denen der ersten Abfindungsrunde, hieß es im Unternehmen. 2018 waren Abfindungen mit Grundbeträgen bis zu 275.000 Euro gezahlt worden. Damals hatten 3.700 Leute das Unternehmen verlassen.
Es bleibt damit zunächst unklar, wie viele der aktuell noch rund 6.400 Beschäftigten des Opel-Entwicklungszentrums tatsächlich zu Segula wechseln werden. An seinen Plänen eines eigenen Engineering-Campus in Rüsselsheim hält der Dienstleister fest. Der Weg zur erfolgreichen Umsetzung sei jetzt frei, sagte Deutschland-Chef Martin Lange am Mittwoch und verwies auf großes Interesse externer Kunden. Man wolle 2.000 Mitarbeitern eine langfristige Perspektive bieten. Selbstverständlich könnten sich auch Opel-Ingenieure bewerben, die zuvor die Abfindung gewählt hätten, sagte eine Sprecherin.
Abfindungen können Firmenwechsel beschleunigen
"Solche Abfindungsprogramme haben das Risiko, dass die Spitzenkräfte die Abfindungen nehmen und dann zu den Wettbewerbern wechseln", sagte der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer in einer ersten Einschätzung. Aus seiner Sicht seien Arbeitsplätze bei anderen Herstellern oder großen Zulieferern für die meisten Ingenieure attraktiver als ständig wechselnde Auftragsarbeiten. Im Rhein-Main-Gebiet wie auch im nahen Mannheim und Stuttgart seien viele potenzielle Arbeitgeber vorhanden.
Mit dem Schritt werde auch immer klarer, dass die grundlegende Opel-Technik in Zukunft von PSA kommen werde, während in Rüsselsheim nur noch wenige Aufgaben verblieben, meinte der Leiter des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen. Opel hatte stets darauf verwiesen, dass man das komplette Design der Opel-Autos sowie zusätzliche zentrale Aufgaben im PSA-Konzern wie beispielsweise die leichten Nutzfahrzeuge und die Brennstoffzellen-Technologie übernehme. (dpa)