Meine Nackenmuskulatur funktioniert noch hervorragend für mein Alter. Gott sei Dank. Denn ich brauche sie jetzt, um den Kopf gerade zu halten. Weil Alain Gras justament vehement aufs rechte Pedal tritt. Und anschließend stante pede den nächsten Gang reinhaut. Gaspedal und Schalthebel sind in einem Peugeot 205 Turbo 16 verbaut. Ein Exemplar von 1984, dem Premierenjahr dieses Allrad-Löwen. Silbergrau schimmert der Lack, doch mit knapp 2.000 Kilometern auf der Uhr ist er noch jung und rüstig: Alle 200 Turbo-Pferde sind noch da, wiehern direkt in unserem Rücken unter der komplett aufstellbaren Heckklappe. Und galoppieren vehement los, als Alain ihnen kurz nach dem Ortsausgang von Sochaux zügellosen Lauf lässt. Sie röcheln, lechzen, der Abgasturbolader des quer verbauten 1.775 Kubikzentimeter kleinen Vierzylinder-Aggregats pfeift eher dezent. Alain ist der Fahrer meines Vertrauens, denn er hat mir in Bruchstücken von seinem einstigen Quertreiben mit einem Renault 8 Gordini auf lokalen Rennstrecken der Republik erzählt. In seiner Eigenschaft als Peugeot-Testfahrer hat er dieses Treiben in den vergangenen Jahren auf dem Erprobungsgelände in Belchamp, ein knappe halbe Autostunde von Sochaux entfernt, fortgesetzt. Besagte halbe Stunde ist übrigens das durchschnittliche Zeitmaß. Für jemand, der es gemütlich und straßenverkehrsgesetzeskonform angehen lässt. Wir schaffen es in weniger als 30 Minuten. Denn Alain ist natürlich nicht so ein "jemand". Schon gar nicht als Chauffeur des 205 Turbo 16: Aus den Augenwinkeln registriere ich das "Tempo 30"-Zeichen, als wir auf den Kreisverkehr zuschießen. "Freinage est merde", doziert Alain in Stichworten, damit es die mit nur noch rudimentärem Schulfranzösisch gefüllten grauen Zellen auch verstehen. Aha, Scheißbremsen also. "Bien sur", das merke ich jetzt auch. Aber das Fahrwerk ist Klasse. Alain kennt es natürlich. Offensichtlich ebenso wie den Kreisverkehr, durch den er den 205 Turbo 16 jetzt im leichten Powerslide zirkelt. Den Ausgang – wieder in eine 30er Zone hinein – nehmen wir im dezenten Drift unter den begeisternd funkelnden Augen der Bauarbeiter-Truppe, die just Brotzeit im Garten eines Abbruchhauses macht. Ich blicke Alain von der Seite an. "Non, non!" antwortet er grinsend auf meine stumme Frage. Hier ist kein 205 Turbo 16 eingeschlagen. Wäre aber auch schade drum gewesen. Mir wird warm. Um's Herz natürlich. Das also ist die Basisversion der legendären, zwischen 350 und 430 PS starken Gruppe B-Rallye-Varianten, mit denen Fahrerlegenden wie Ari Vatanen, Timo Salonen oder Juha Kankkunen in den Achtzigerjahren zu Siegen und Weltmeistertiteln drifteten.
200 Jahre Peugeot: Taxifahrt im 205 Turbo 16
Im Jahr 200 der Löwenmarke ist Party angesagt. asp-Klassik feiert auf dem Beifahrersitz eines 205 Turbo 16 und führt Sie anschließend noch auf einen Rundgang durch das erneuerte Werksmuseum – natürlich inklusive Bildergalerie.