Nach langer Planungsphase steht bei VW der Fahrplan für die Markteinführung eines Billigautos. "Wir bringen ab 2018 eine Budget-Car-Familie auf den Markt, mit SUV, Stufen- und Schrägheck", sagte Winterkorn der "Bild am Sonntag". "Wir bauen die Fahrzeuge in China, die Modelle werden etwa zwischen 8.000 und 11.000 Euro kosten." Über andere Verkaufsmärkte sei noch nicht entschieden.
Volkswagen hatte jahrelang an den Budget-Car-Plänen gefeilt. Eine anfängliche Zusammenarbeit mit dem Partner Suzuki war im Streit gescheitert. Billigautos gelten als ein Schlüssel für die weitere Erschließung von Schwellenländern wie beispielsweise in Asien. Volkswagen ist hinter Toyota der weltweit zweitgrößte Autokonzern und arbeitet in China, dem wichtigsten VW-Markt, mit örtlichen Partnern zusammen.
Die Konkurrenz von Internet-Konzernen aus den USA bei der Entwicklung des Fahrzeugs der Zukunft fürchtet Winterkorn nicht: "Das nächste Auto für die Generation iPhone kommt nicht aus dem Silicon Valley, sondern aus Wolfsburg", meinte der 68-Jährige selbstbewusst.
Winterkorn äußerte sich auch zu der beispiellosen Auseinandersetzung mit dem VW-Patriarchen Ferdinand Piëch. Er bezeichnete den wochenlangen Machtkampf mit dem inzwischen abgetretenen Aufsichtsratschef als die schwierigste Zeit seiner Karriere. "Das hat mich schon sehr getroffen. Wen würde so etwas nicht berühren?"
Kein Groll gegenüber Piëch
Die Kritik Piëchs, der in einer Äußerung im "Spiegel" auf "Distanz zu Winterkorn" gegangen war und damit eine Führungskrise in dem Autokonzern ausgelöst hatte, war für den Manager völlig überraschend gekommen: Er habe bei Treffen mit dem VW-Patriarchen, dessen Familie auch einer der Haupteigentümer des Wolfsburger Unternehmens ist, zuvor "keine Entfremdung" festgestellt.
Ans Aufgeben habe er dabei nie gedacht, sagte Winterkorn der Zeitung. Auch hege er jetzt keinen Groll gegenüber Piëch. "Wir werden professionell miteinander umgehen, wenn wir uns begegnen werden." Denn für ihn gebe es "hier keine Sieger und Verlierer". Mit Unterstützung der übrigen Aufsichtsratsvertreter behielt Winterkorn in der Auseinandersetzung die Oberhand: Piëch trat schließlich Ende April von seinem Amt an der Spitze des Kontrollgremiums zurück.
Der VW-Vorstandschef zeigt sich entschlossen, den Umbau des Konzerns voranzutreiben. Ergebnisse sollen im Herbst präsentiert werden. "Dazu gehört, mehr Verantwortung in die Marken und Regionen zu geben." Allerdings brauche Volkswagen auch weiterhin eine starke Zentrale, betonte Winterkorn. "Ich verstehe mich als Integrationsfigur." Dazu soll der Vertrag des Top-Managers laut einem Aufsichtsratbeschluss über 2016 hinaus verlängert werden. Unterstützung erhielt Winterkorn nach eigener Aussage dafür auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Sie hat sich gefreut, dass ich weitermache."
Formel 1 "nicht wirklich interessant für uns"
Einem Formel-1-Einstieg von Volkswagen erteilte der Top-Manager erneut eine Absage. "Das ist momentan nicht wirklich interessant für uns." Winterkorn verwies auf den weitgehend ereignislosen Grand Prix von Österreich in der Vorwoche. Die Formel 1 wird seit dem Vorjahr von Mercedes dominiert. "Da fehlt die Spannung", sagte er. Zuletzt war immer wieder über ein mögliches Engagement der VW-Töchter Audi oder Porsche in der Königsklasse spekuliert worden, unter anderem als Motorenpartner für das Red-Bull-Team.
Derzeit liefern sich Audi und Porsche ein Duell um Siege und Titel in der Langstreckenserie. Porsche hatte beim jüngsten 24-Stunden-Spektakel in Le Mans die Siegesserie von Audi beendet. Winterkorn verteidigte das gleichzeitige Engagement der beiden Autobauer in der WM-Serie. "Wettbewerb in einem Konzern kann nicht schaden." Allein in Le Mans würden die Autos so viele Kilometer zurücklegen wie in einer ganzen Formel-1-Saison. "Da können sie eindrucksvoll demonstrieren, wie zuverlässig ihre Autos sind", sagte Winterkorn. (dpa)
hwb
Dieter M. Hölzel
ex emil frey