Digitalisierung im Autohaus: Wir müssen werden wie Amazon!

Gestern noch ein Zukunftsthema, prägt die Digitalisierung heute bereits massiv unsere Gegenwart. Dienstleistungen von Firmen wie Amazon und Zalando oder Fernsehen-on-demand sind Bestandteil unseres Alltags geworden. Ohne Smartphone können die meisten von uns ihr berufliches wie privates Leben kaum mehr meistern. Das Tempo des Wandels ist enorm, selbst digitale Trendsetter bekommen das zu spüren: War Facebook bei Social Media vor wenigen Jahren noch das Nonplusultra, sind unsere Kinder heute von Snapchat und anderen Diensten infiziert - Facebook ist eher uncool und wird von den Älteren genutzt. Was bedeutet all das für den Automobilhandel? Wie wird die Digitalisierung unser aktuelles Geschäftsmodell verändern? Dass es sich ändern wird, steht außer Frage! Google, Facebook & Co. zeigen es uns: Sie vollziehen gerade den Wandel von reinen Kommunikationskanälen zu "Datenkraken", die unsere Nutzungsdaten mehr und mehr monetarisieren, uns als Konsumenten aber auch gezielt Mehrwerte liefern, indem sie uns datenbasiert Angebote unterbreiten, die für uns Relevanz besitzen. Wie werden diese Entwicklungen den Autohandel verändern? Wer werden die Profiteure dieser Entwicklungen sein - die Hersteller, die Händler? Oder neue sog. Disruptoren, die mit innovativen Geschäftsmodellen unsere angestammten Modelle angreifen und zerstören? Der Kunde ist online - und jetzt? Die Roland Berger Studie "Online Sales of New Cars" aus dem Jahr 2016 sagt den Wandel voraus: Danach würden heute bereits 44 Prozent der Käufer ihr Fahrzeug online kaufen. 21 Prozent der befragten Kunden sehen unabhängige Online-Anbieter wie Amazon als einen alternativen Vertriebskanal. Auch Google hat in seiner Studie "Internet und Neuwagenkauf" bereits 2014 ermittelt, dass die Zahl der Neuwagenkäufer, die sich im Vorfeld online informieren, von 77 Prozent in 2012 auf 84 Prozent in 2014 gestiegen ist. Parallel hat sich die Dauer der aktiven Informationsphase von durchschnittlich vier Monaten in 2012 auf zwei Monate in 2014 halbiert. Diese Erkenntnisse bedeuten, dass Kunden uns vermehrt online besuchen, die Häufigkeit der physischen Autohaus-Besuche nimmt ab. Online bedeutet aber auch, dass ein großer Teil unserer Webseiten-Besucher anonym bleibt, unsere Webseite einfach verlässt und wir sie nie in personam zu sehen bekommen werden. Unseren Offline-Vorteil - aufwendige Gebäude mit emotionalen Markenwelten, auf persönlichen Kundenkontakt geschulte Verkäufer, große Fahrzeugausstellungen - können wir häufig gar nicht mehr ausspielen, weil der Kunde nicht mehr zu uns kommt. Damit ich als lokales Autohaus den Vorteil der persönlichen Offline-Betreuung aktivieren kann, gilt es, die Online-Besucher zum Autohaus-Besuch zu motivieren, dazu weiter unten mehr. Neben der persönlichen Offline-Betreuung habe ich als lokales Autohaus aber auch online einige Vorteile gegenüber den nationalen oder internationalen Online-Portalen. Diese gilt es gezielt zu identifizieren und zu nutzen. Die Customer Journey Es steht fest: Ein Großteil der Informationsphase beim Fahrzeugkauf findet heute online statt. Online bedeutet aber auch, dass der Kunde während seiner "Customer Journey" auf viele andere Online-Anbieter stößt, die ihn gezielt auf ihre Seiten ziehen (vgl. Grafik 1). Das sind z. B. Neuwagenbörsen wie meinauto.de, Fahrzeugportale wie mobile.de, Ankaufdienste wie wirkaufendeinauto.de oder auch Foren und Bewertungsportale. Alle mit sehr professionellen Online-Auftritten, guten Prozessen und vor allem viel Know-how darin, den Kunden bei Google aufzuspüren und gezielt in ihr Angebot zu locken. Der Automobilhandel ist hier stark gefordert. Er muss dafür Sorge tragen, dass er von seinen Kunden im Internet gefunden wird, und ihnen dann die Angebote online unterbreiten, die diese suchen und erwarten. Wer das nicht schafft, wird im Rennen um den Online-Kunden das Nachsehen haben und die Tür für häufig branchenfremde Online-Portale öffnen. Was offline die physische Automeile ist, ist online Google und das Internet. Nur wenn ich online auffindbar bin und es schaffe, meinem Kunden online die gewünschten Services zur Verfügung zu stellen, nur dann wird er mich finden und mir die Chance eröffnen, ihn von einem Online-Nutzer zu einem Offline-Besucher zu transformieren. Bei Google gefunden werden heißt aber: Ich muss auf der ersten Seite stehen, denn nur auf der ersten Seite werde ich wirklich gefunden. Ganz ähnlich wie bei der Automeile habe ich als lokales Autohaus bei Google einen großen Vorteil, den überregionale Anbieter in dieser Form nicht haben: Ich kann mich mit meiner lokalen Offline-Adresse bei Google MyBusiness registrieren und werde so mit meinem Betrieb und meiner Homepage in lokalen Suchen mit Ortsbezug gefunden. Dieser Service ist bei Google kostenlos und ich habe hier die Chance - ähnlich wie beim Telefonbuch - zu hinterlegen, was ich anbiete und vertreibe. Was sucht der Kunde online? Wenn wir erkannt und anerkannt haben, dass der Nutzer heute große Teile seines Lebens online managt und ein Großteil der Informationsphase im Internet stattfindet, dann müssen wir diesen Bedürfnissen mit unseren Online-Angeboten entgegenkommen. Inzwischen nahezu selbstverständlich ist das Angebot der Gebrauchtwagen und meist auch Tageszulassungen und Vorführwagen auf den Händlerwebseiten. Themen wie die Neuwagenkonfiguration werden meist den Herstellern oder, wenn es um Transaktionspreise geht, den Neufahrzeugbörsen wie z. B. meinauto.de oder autohaus24.de überlassen. Die machen es uns vor und integrieren zusätzlich Finanzierungsrechner und Versicherungsrechner in die Angebote, sodass der Kunde sich erst sein Wunschfahrzeug konfigurieren kann und im Anschluss schon eine Rate kalkuliert bekommt. Will er dann noch ein Fahrzeug in Zahlung geben, wird er zu Online-Ankaufdiensten wie z. B. wirkaufendeinauto.de weitergeleitet. Diese Anbieter bilden also nahezu das gesamte Neuwagen-Geschäft inkl. realer Transaktionspreise online ab, sodass König Kunde bereits heute nahezu nahtlos vom Wohnzimmer aus ein Auto kaufen kann. Gegenüber den Internetbörsen hat der Handel aber einen gravierenden Vorteil: Er bietet heute schon offline das gesamte Spektrum aus einer Hand an, ist es gewohnt, Fahrzeuge zu finanzieren und Gebrauchtwagen in Zahlung zu nehmen. Zusätzlich kann er sogar noch Zusatzleistungen rund um das Auto wie z. B. Servicepakete, Winterreifen etc. mit anbieten, womit sich die einschlägigen Portale heute noch schwertun. Der Handel muss es "nur" auf seine eigene Webseite bringen (vgl. Grafik 2, rechts unten) und künftig seinen Kunden online im "Wohnzimmer" zur Verfügung stellen. Das ist der Online-Zugang zum Handel, der dann um alle emotionalen und persönlichen Komponenten des Vor-Ort-Seins ergänzt werden kann. Ähnlich wie es die Fahrzeugmärkte auf ihrer Homepage vorexerzieren, gibt es von verschiedenen Anbietern Konfiguratoren, Finanzierungsrechner oder Kalkulationstools für Werkstattleistungen, die sich einfach in den Homepages der Autohäuser einbetten lassen. Im Rahmen des ZDK-Fabrikatshändlerkongresses hat z. B. die Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe zusammen mit der DAT ihre Online-Offerten für die Webseiten der Händler vorgestellt, die die Themen Konfiguration, Gebrauchtwagenbewertung und -ankauf sowie Service anbieten. Aus Online-Interessenten Offline-Kunden machen Wenn der Kunde online das Gesuchte gefunden hat, geht es darum, ihm gezielt und offensiv die Online-Kontaktmöglichkeit mit dem Autohaus anzubieten. Neben der Telefonnummer und der Möglichkeit, eine E-Mail zu schicken, gibt es weitere Kanäle wie den LiveChat. Egal welcher Kanal genutzt wird, wichtig ist, dass jede Anfrage kompetent und schnell beantwortet wird. Leider werden noch immer ca. 50 % der E-Mail-Anfragen nicht zeitnah bzw. gar nicht beantwortet und ca. 30 % der Telefonanrufe werden nicht innerhalb der ersten fünf Klingelzeichen angenommen. Unsere erste Hausaufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass der anfragende Kunde ebenso gut betreut wird wie der Kunde, der physisch vor uns steht. Ziel ist es dabei, den Kunden aus der Anonymität des Internets zu einem persönlichen Besuch im Autohaus zu motivieren. Das bedeutet, jede Anfrage ist ernst zu nehmen und entsprechend qualitativ hochwertig zu beantworten. Zur Beantwortung gehört, dass wir 1. den Interessenten in unseren Systemen erfassen, 2. jeden Kontakt mit dem Kunden emotional aufladen, jede Mail, jeden Telefonanruf wie eine Bewerbung behandeln - nicht um einen Job, sondern in diesem Fall um den Kunden; 3. gezielt bei dem Kunden nachfassen und so eine Verbindlichkeit in den Kontakt bringen. In den USA wird hierzu bereits eine spezielle Kennzahl diskutiert, die sich darauf bezieht, ob und wie es der Bearbeiter geschafft hat, den Kunden in einen Dialog zu überführen (Engagement). Diese Kennzahl basiert auf der These, dass nur der Interessent zu einem Offline-Kunden wird, mit dem ich diesen Dialog initiiert und es dabei geschafft habe, neben der Antwort auf seine Frage auch eine Reaktion hervorzurufen (vgl. Grafik 3, rechts). In den Untersuchungen hat man herausgefunden, dass die Verkäufer, die gezielt nachfassen und den Dialog fördern, auch die höchsten Konvertierungsraten haben. Konvertierung meint dabei den Anteil der Anfragen, der in einen Verkauf mündet. Bei den Leads, die von Online-Börsen wie mobile.de oder autoscout24.de kommen, sind Werte/Konvertierungen von 5 % - 25 % zu beobachten. Ziel eines jeden Händlers/ Verkäufers sollte es natürlich sein, eine möglichst hohe Konvertierung zu erreichen, um aus der gegebenen Anzahl Anfragen möglichst viel herauszuholen. Was kostet und was bringt mein Online-Engangement? Grundsätzlich lässt sich nur managen, was auch gemessen werden kann. Im Falle des Online-Themas möchte ich ergänzen: gemessen und verstanden wird. Gerade die jüngsten Diskussionen zu Preiserhöhungen der beiden führenden Fahrzeugmärkte zeigen, dass wir zwar auf die Preiserhöhungen sensibel reagieren und uns auch darüber ärgern. Wir ärgern uns, weil wir aktuell keine wirklichen Alternativen kennen und uns den Börsen ausgeliefert fühlen. Aber nur die wenigsten von uns werten genau aus, was bringen die Börsen, wie viele Leads führen zum Verkauf, gibt es Unterschiede bei den Verkäufern und letztendlich: was kostet eigentlich ein verkauftes Fahrzeug über die Börse bei mir oder bei meinem Kollegen? Gibt es Alternativen zum gleichen Aufwand, zum Beispiel über gezielte Google-Werbung oder andere Lead-Quellen? Hinzu kommt, dass häufig die Hersteller oder unabhängige Agenturen gezielt Werbung bei Google anbieten und häufig mit sehr moderaten Kosten pro Google-Klick (CPC) geworben wird. Aber auch hier stellt sich die Frage, wie relevant sind die Klicks und was passiert danach? Grundsätzlich benötigt der Handel für das "Online-Thema" neue Kennzahlen, mit denen der Erfolg und die Kosten des Erfolgs ermittelt werden können. Grafik 4 zeigt am Beispiel einer Google-Onlinekampage mit dem Ziel der Neuwagenkonfiguration und dem anschließenden Verkauf, wie die einzelnen Schritte gemessen werden können, durch die ein Kunde geht. Erst die möglichst lückenlose Ermittlung und Auswertung dieser Kennzahlen ermöglicht es, Benchmarks zu generieren und fundierte Entscheidungen über Ihr Online-Engagement in den Kanälen zu treffen. Letztendlich zählt für uns als Erfolg der Verkauf. Die wichtigste Kennzahl muss deshalb sein: die Kosten pro verkauftes Fahrzeug. Dieser Wert lässt sich aber nur ermitteln, wenn jede Anfrage und jeder Verkauf systematisch erfasst, der entsprechenden Kampagne zugeordnet und letztendlich ausgewertet wird. Auf Basis dieser einzelnen Schritte können dann auch verschiedene Kanäle und Kampagnen miteinander verglichen werden. Und es lässt sich eine klare Entscheidung für oder gegen eine Kampagne oder einen Kanal treffen. Selbstverständlich haben unterschiedliche Zielsetzungen auch unterschiedliche Kennzahlen zur Folge. Gerade das Nutzungsverhalten auf der eigenen Homepage sollte dabei über Tools wie z. B. Google Analytics regelmäßig ausgewertet werden. Dabei spielen Daten wie - woher kommen die Kunden, - wie lange bleiben die Kunden - und was haben sie auf der Webseite gemacht (z. B. besuchte Seiten) eine maßgebliche Rolle bei der Bewertung einer Kampagne. Jetzt die Chancen nutzen! Die digitalen Kanäle und Angebote stellen uns alle vor neue Herausforderungen. Wenn wir diese Herausforderungen nicht annehmen, werden das neue, branchenfremde Anbieter tun. Wir haben klare Vorteile: Wir sind an unseren lokalen Standorten die local heroes, wir beherrschen heute das gesamte Automobilgeschäft, vom Verkauf des Neufahrzeugs über die Finanzierung, die Inzahlungnahme bis hin zum Aftersales-Geschäft. Diese Kompetenz gilt es jetzt auch online anzubieten und unsere Kunden nicht anderen zu überlassen. Dabei dürfen wir auch eines unserer größten Assets nicht vergessen: unsere Daten, die wir gemeinsam mit den Herstellern und Dienstleistern wie den Auto-Banken über unsere Kunden, deren Nutzungsverhalten und deren Fahrzeuge haben. Diese Daten bieten schon heute die Möglichkeit, die Kunden gezielt anzusprechen, bevor sie in der Anonymität des Internets neu "gefangen" werden müssen - so wie Amazon es macht, wenn uns immer wieder relevante Angebote unterbreitet werden, weil Amazon sich gemerkt hat, was wir mögen. Peter Lorenzen arbeitete nach seiner Ausbildung bei Opel-Dürkop und anschließendem Studium bei verschiedenen Importeuren und Herstellern - immer an der Schnittstelle zwischen Marketing, Vertrieb, Handel und Kunden. Nach einer Station bei GM Europe im Bereich Großkunden wechselte er 2005 zu Autoscout24, wo er bis 2014 den Vertrieb in Deutschland verantwortete. Danach ging er als Leiter Digitalisierung zu Dürkop. Seit 2016 ist Peter Lorenzen als freier Berater tätig und unterstützt seine Kunden in der Entwicklung von Systemen und Prozessen im Rahmen der digitalen Herausforderung. Fahren auf Sicht Das Tempo der Digitalisierung ist so hoch, dass einem Hören und Sehen vergehen kann. Viele warten ab, bis sich hinter der "Disruption" am Horizont wieder eine klare Perspektive für eine zukunftssichere Unternehmens-Aufstellung zeigt - und verlieren so Zeit und den Anschluss.Fahren auf Sicht, trial an error, sollte die Devise lauten: Heute tun, was sinnvoll erscheint, auch wenn das Risiko besteht, mal eine falsche Entscheidung zu treffen. So bleibt man am Ball, hält ihn im Spiel, auch wenn das Tor noch nicht in Sicht ist. Was man ganz pragmatisch heute in Sachen Digitalisierung im Autohaus tun kann, erläutert Peter Lorenzen in diesem Beitrag. Wie Amazon werden - Das Video-Training "Digitale Kanäle richtig nutzen", "Kaufinteressenten genau im Kaufprozess abholen" und "Alle Touchpoints" - in diesen drei Video-Training-Modulen nimmt Digitalexperte Peter Lorenzen engagierte Autohausunternehmer und deren Mitarbeiter an die Hand. Nutzen Sie AUTOHAUS next, das kostenfreie Angebot für alle AUTOHAUS-Abonnenten, um sich fit für die Zukunft zu machen. Seien Sie schneller als der Wettbewerb!Patrick Neumann, stellv. Chefredakteur"Sie wollten Ihren Kunden schon immer professionell im Digitalzeitalter begleiten? Vom Erstkontakt bis zum Kaufabschluss? Unser Digitalexperte Peter Lorenzen zeigt Ihnen wie. Und wie nicht! Steigen Sie rechtzeitig ins Tiefenwissen ein und lernen Sie mit unserem neuen Angebot für AUTOHAUS-Abonnenten."www.next.autohaus.de

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