Die Digitalisierung führt zu einer Veränderung des Kaufverhaltens. Die Kunden sind an vernetzte Online- und Offlinekaufprozess gewöhnt, an Preis- und Kostentransparenz. Auf diese sich verändernden Kundenwünsche reagiert die Automobilindustrie derzeit mit der Umstellung des Vertriebs auf ein Agentursystem. Allen voran Mercedes-Benz. Der Stuttgarter Autobauer macht nun mit der echten Agentur ernst und führt zum 31. Mai 2023 den sogenannten "Vertrieb der Zukunft (VDZ)" ein.
- "Bei der echten Agentur muss der Hersteller die tatsächlichen Kosten vergüten"
- Jürgen Stackmann im AUTOHAUS Podcast: "Dann hat die echte Agentur eine Megachance"
- Befragung: Mehrheit der Autohändler lehnt Agenturmodell weiter ab
- Gastkommentar: Der Handel hat eine einmalige Chance
"Wir denken von unseren Kundinnen und Kunden her", betont Jörg Heinermann, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland (MBD), gegenüber AUTOHAUS. "Das echte Agenturmodell ist unsere Antwort auf den signifikanten gesellschaftlichen und technologischen Wandel und die damit verbundenen Herausforderungen in der Automobilindustrie. Nur im echten Agenturmodell können die Kundinnen und Kunden nahtlos zwischen den unterschiedlichen Vertriebskanälen, online wie offline, nahtlos und bequem wechseln – eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg auch in Zukunft." Ein bundesweit einheitlicher Preis je Fahrzeugmodell und Kundengruppe durch eine zentrale Preisgestaltung über alle Kanäle hinweg biete den Kunden volle Kostenkontrolle.
Firmengruppe Widmann - neues Mercedes-Autohaus in Künzelsau
BildergalerieMercedes-Benz: Physischer Kundenkontakt
Mercedes setzt mit dem neuen Vertrieb auch in Zeiten der Digitalisierung weiter auf den physische Kundenkontakt als einem wesentlichen Teil des Markenkerns. Im neuen Vertriebsmodell soll das Geschäft der Agenten nun deutlich planbarer werden, da sie eine feste Provision je ausgeliefertem Fahrzeug erhalten – egal ob der Kauf online oder im Showroom abgeschlossen wurde. "Nur im echten Agenturmodell haben die Vertragspartner die Sicherheit planbarer Investitionen und können sich voll auf ihr Vermittlungsgeschäft konzentrieren. Nur im echten Agenturmodell haben wir als Hersteller die volle Transparenz über den Gesamtmarkt und können so schneller und präziser reagieren: zum Vorteil von Kunden, Partnern und Hersteller“, sagt Heinermann. "Durch diese Sicherheiten verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit der Vertragspartner."
Durch die neuen Möglichkeiten des datengesteuerten Vertriebs will Mercedes-Benz die Produktion und die Bestände bei den Handelspartnern künftig besser planen und schneller an die sich stets verändernden Bedürfnisse unserer Kunden anpassen. "Es werden also zum Beispiel nach wie vor Nachlässe auf den Listenpreis gewährt – nur eben durch uns als Hersteller", sagt Heinermann.
Im neuen Vertriebsmodell ändere sich lediglich der Prozess der Preisgestaltung. "Er ist effizienter und transparenter für unsere Kunden und stellt sicher, dass sie von jedem lokalen Mercedes-Benz-Partner je nach Kundensegment den gleichen Preis erhalten.“ Der endgültige Transaktionspreis beinhalte die bestmöglichen Konditionen und zwar gleich vom ersten Angebot an. Dadurch solle auch ausgeschlossen werden, dass bestehende Angebote oder Aktionen übersehen würden. "Auf diese Weise möchten wir das Vertrauen in die Fairness unserer Preise stärken." Mit dem Start des Agenturmodells Ende Mai wird der Autobauer die Transaktionspreise offline und online harmonisieren.
MedeleSchäfer Mercedes-Benz in Weilheim
BildergalerieMercedes-Benz - Vorteile der echten Agentur
Bislang hatte Mercedes-Benz Erfahrungen mit dem sogenannten "unechten" Agenturmodell gemacht. Dabei musste der Hersteller bestimmte kartellrechtlichen Vorgaben erfüllen, so dass es faktisch nur wenige Unterschiede zu einem klassischen Händlermodell gab. Ein weiterer Nachteil war laut Mercedes-Benz, dass viele Daten nicht zentral verwaltet wurden. Denn der jeweilige Vertriebspartner übernahm die Rolle der regionalen Marktsteuerung. "In der echten Agentur haben wir nun die Transparenz über Bestand und Nachfrage nicht nur in einem regionalen Raum, sondern insgesamt in Deutschland. Auch können wir die einzelnen Fragmente der Customer Journey auswerten. Das alles verschafft uns den enormen Vorteil, dass wir einen besseren Überblick über die Bestände und Kundenwünsche haben, so unsere Lieferkettengeschwindigkeit erhöhen und Kundenanfragen und -bestellungen schneller bedienen können", so Heinermann.
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Josef Schwab