Ausgabe 01-02/2013: Verstärkte Abzocke

Verstärkte Abzockepkw-envkv – Formierter Widerstand bei Abmahnungen und Vertragsstrafen in Sachen Pkw-EnVKV erforderlich. Autohaus Juristen Rechtsanwälte G. Haug und Partnerauch in 2013 werden die Abmahnungen und Vertragsstrafenverlangen in Sachen Pkw-EnVKV und Internet ein platzgreifendes Thema der Branche bleiben. Insbesondere die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat das von ihr beackerte Geschäftsfeld mit großem wirtschaftlichem Erfolg ständig weiter ausgebaut. Die dort für das Referat „Verbraucherschutz“ ausgewiesenen Einnahmen betrugen 2007: 294.000 €, 2008: 480.000 €, 2009: 676.000 €, 2010: 1.277.000 € und 2011: 1.489.000 €. Es handelte sich jeweils um die drittgrößte Einnahmeposition des Vereins nach staatlichen Zuschüssen und Spenden. Laut Mitteilung des ZLW sollen sich die entsprechenden Einnahmen der DUH in 2012 bereits auf ca. 2 Mio. € belaufen. Grund genug, um ernsthaft die Frage nach den tatsächlichen Interessen des Vereins zu stellen und formierten Widerstand aufzubauen mit dem Ziel, die finanziellen Anreize so weit wie möglich streitig zu machen. Nachdem die Abmahnungen der DUH serienmäßig immer nach demselben Muster erfolgen, lässt sich den Betroffenen als grobes Muster folgendes Vorgehen empfehlen:Schritt für Schritt: Wie man bei Abmahnungen vorgehen sollteSchritt 1 ist die Prüfung, ob ein behaupteter Verstoß vom Adressaten begangen wurde, also beispielsweise das Fahrzeug tatsächlich als Neufahrzeug oder mit einer Laufleistung unter 1.000 km ohne notwendige Kennzeichnungen angeboten wurde. Die konkrete Verletzungshandlung muss in der Abmahnung identifizierbar bezeichnet sein. Benannt sein muss beispielsweise, wann auf welcher Internet-Plattform welches Fahrzeug mit welchen fehlenden Angaben inseriert wurde. Gegebenenfalls ist der Abmahnung zum Ablauf der gesetzten Erklärungsfrist mit entsprechender Begründung schriftlich zu widersprechen.Schritt 2: Erfolgt die Beanstandung zu Recht, ist zu entscheiden, ob ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, welche die Abmahnung missbräuchlich erscheinen lassen. Zu den oben dargelegten finanziellen Interessen der DUH gibt es bislang keine für die Händler günstige Rechtsprechung. Kommt es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, sollte es aber nicht versäumt werden, hier vortragen zu lassen. Missbrauch ist der DUH jedenfalls vorzuhalten, wenn sie – wie jüngst geschehen –systematisch die einzelnen Inserenten einer Internet-Fahrzeugbörse abmahnt, weil in sämtlichen Anzeigen auf der Suchergebnisliste die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zum CO²-Ausstoß einheitlich fehlen. Ersichtlich handelte es sich um einen Systemfehler, der der DUH zuvor auf Nachfrage vom Betreiber der Plattform bestätigt worden war mit dem Hinweis auf einen Programmabsturz als Ursache.Schritt 3: Hier ist für den Einzelfall abzuwägen, ob eine Unterlassungserklärung abgegeben oder der Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewartet wird. Die Entscheidung ist eine solche zwischen Pest und Cholera: Für die Abgabe der Unterlassungserklärung spricht, dass die Angelegenheit zunächst relativ kostengünstig mit Bezahlung einer Kostenpauschale erledigt werden kann. Die DUH verlangt aktuell 227,50 € inkl. 7% MwSt. Das mit der Unterlassungserklärung zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr zwingend einzugehende Vertragsstrafenversprechen kann aber schmerzhaft als Bumerang zurückkommen. Regelmäßig schließen die Betroffenen es zwar kategorisch aus, dass ihnen ein gleich gelagerter Verstoß nochmals unterlaufen kann. Die Praxis zeigt aber, dass auch den sich so sicher fühlenden Kandidaten jederzeit derselbe Fehler erneut passieren kann und ein solcher Wiederholungsverstoß im Zeitalter der Suchmaschinen von der DUH mit einiger Sicherheit auch dann aufgedeckt wird, wenn das Vertragsstrafenversprechen bereits Jahre zurückliegt. Und dann wird es richtig teuer, vor allem wenn leichtfertig die aktuell mit 10.000 € verlangten Vertragsstrafen unterzeichnet wurden. Die Vertragsstrafe ist an die DUH zu bezahlen, die mit solchen Einnahmen ausgestattet wieder zu weiteren Begehrlichkeiten motiviert wird.Entscheidet man sich für die einstweilige Verfügung, betragen die zu übernehmenden Verfahrenskosten im Regelfall ca. 1.700 €. Hinzu kommt die Abmahnpauschale. Dieser im Vergleich erst einmal sehr hoch erscheinende Betrag lässt sich allerdings mit der Überlegung relativieren, dass bei Verstoß gegen die einstweilige Verfügung auf Antrag der DUH vom Gericht lediglich ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann. Dieses kommt nicht der DUH zugute, sondern fließt in die Staatskasse. Damit sinkt das Interesse erheblich, nach Wiederholungsverstößen zu suchen.Schritt 4: Im Fall der Abgabe einer Unterlassungserklärung ist sodann der Inhalt festzulegen. Keinesfalls sollten die vorgefertigte Unterlassungserklärung der DUH und die dort vorgegebenen Formulierungen verwendet werden. Regelmäßig enthalten diese eine überzogene Vertragsstrafe bei gleichzeitig umfangreicher Verpflichtung auf die Einhaltung der Vorschriften der Pkw-EnVKV. Wurde also beispielsweise ein Neufahrzeug im Internet inseriert, ohne die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO²-Ausstoß gleichzeitig mit dem Angaben zur Motorisierung einzustellen, lässt sich die DUH die Vertragsstrafe auch gleich für alle anderen möglichen Verstöße gegen die Vorschriften der Pkw-EnVKV zur Angabe des Kraftstoffverbrauchs und der Emissionswerte versprechen, gegen die gar nicht verstoßen wurde. Umfasst sind dann z. B. Angaben in Werbeschriften, die Einhaltung von Schriftgrößen und neuerdings sogar die Verwendung des Energieeffizienzlabels, das von der DUH selbst als Mogelpackung kritisiert wird. Tatsächlich geschuldet ist aber nur die Erklärung, es künftig zu unterlassen, im Internet Neufahrzeuge anzubieten, ohne die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO²-Emissionen gleichzeitig mit den Angaben zur Motorisierung zu machen. Auch die Vertragsstrafe wäre erheblich geringer anzusetzen im Bereich ab 3.000 €.Mit den entsprechend reduzierten Erklärungen wird das Geschäftsmodell der DUH aber allenfalls gestört und nicht gekippt. Es erübrigen sich aber Streitigkeiten darüber, ob bei neuen, nicht identischen Verstößen die Vertragsstrafe fällig wird. Hier hatten zuletzt das OLG Naumburg und das OLG Düsseldorf unterschiedliche Auffassungen geäußert. Schritt 5 betrifft die Kontrolle, ob eine ergangene einstweilige Verfügung inhaltlich akzeptiert werden kann. Zu verweisen ist sinngemäß auf die Beurteilungen oben unter Schritt 4. Gewöhnlich ist es Sache des Gerichts, die Anträge der DUH auf ein konkret fassbares Maß zu stutzen bzw. auf eine zulässige Antragstellung hinzuwirken, die sich nicht überwiegend auf die Wiederholung von Passagen des Verordnungs-textes beschränkt. Gegebenenfalls kann hier Bedarf bestehen, gegen die einstweilige Verfügung vorzugehen. Bei Erfolg können die Kosten der DUH auferlegt werden.Soll die einstweilige Verfügung ganz oder teilweise Bestand haben, ist dringend die Abgabe einer sogenannten „Abschlusserklärung“ innerhalb eines Zeitraumes von 14 Tagen ab Zustellung anzuraten, um einer Fristsetzung der Gegenseite zur Erklärung des Anerkenntnisses zuvorzukommen und hier nicht einer weiteren Kostenforderung ausgesetzt zu werden.Rechtsanwalt Robert Glocker, Kanzlei@raehaug-partner.de,www.haug-partner.de Kurzfassung1. Hauptsächlich die DUH mahnt flächendeckend Verstöße gegen die Pkw-EnVKV ab. Der damit verbundene wirtschaftliche Erfolg begründet erhebliche Zweifel, ob hier tatsächlich in erster Linie die Interessen des Verbraucher- und Umweltschutzes im Vordergrund stehen.2. Der Handel sollte sich im Rahmen des Möglichen zur Wehr setzen und das als Abzocke erscheinende Treiben nicht mit vermeidbaren Zahlungen unterstützen.3. Fehler passieren. Im Fall der Abmahnung sollte im Einzelfall geprüft werden, ob und mit welchem Inhalt ein Vertragsstrafenversprechen zugunsten der DUH abgegeben wird. Längerfristig und im Gesamten betrachtet kann auch das Abwarten einer einstweiligen Verfügung eine sinnvolle Alternative darstellen.Kommentar< Die fulminante Entwicklung der Einnahmen der DUH aus wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen und Vertragsstrafen lässt aufhorchen und berechtigt die Frage stellen, ob es der DUH tatsächlich noch um den Schutz von Umwelt- und Verbraucherinteressen oder vielmehr um die eigene Gewinnerzielung geht. Steht das finanzielle Interesse des Abmahners im Vordergrund, schließt die Rechtsmissbräuchlichkeit nach § 8 Abs. 4 UWG den Unterlassungsanspruch aus.Um Missverständnisse auszuschalten, muss darauf hingewiesen werden, dass es nicht darum geht, das Abmahnwesen abzuschaffen, sondern das Abmahnunwesen. Es dürfte wenige Leute geben, welche die Notwendigkeit des Umweltschutzes negieren und die Ziele des Kyoto-Protokolles von 1997 zur Eindämmung der Klimaänderung nicht auch weiterhin unterstützen. Diese Ziele liegen unabhängig von der Frage einer glücklichen Umsetzung sowohl der EG-Richtlinie 1999/94 wie auch dem deutschen Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz (EnVKG) und der Pkw-EnVKV zugrunde. Die genannten Vorschriften sollen aber nicht dazu missbraucht werden können, mit im Einzelfall äußerst zweifelhaftem Nutzen einem Serienabmahner Millionenbeträge zu generieren. >

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