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Vehiculum-Mitgründer: "Bestandsware rückt in den Fokus"

24.03.2020 09:00 Uhr
Vehiculum-Mitgründer: "Bestandsware rückt in den Fokus"
"Es wird deutlich, wie wichtig es sein kann, dass man ortsunabhängig in der Lage ist, seine Produkte anbieten zu können", erklärt Lukas Steinhilber, CEO von Vehiculum.
© Foto: Vehiculum

Im Interview mit AUTOHAUS spricht Lukas Steinhilber, CEO von Vehiculum, über die Auswirkungen der Corona-Krise auf das Online-Geschäft. Sein Unternehmen konzentriert sich nun verstärkt auf Bestandsfahrzeuge.

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Von Online-Redakteur Andreas Heise

Seit 2015 vermittelt Vehiculum Leasingverträge über das Internet. Was folgten, waren medien- und marketingwirksame Kooperationen, zum Beispiel mit Lidl. Konzentrierte sich das Start-up zunächst vorwiegend auf das B2B-Geschäft, öffnete sich das Berliner Unternehmen im vergangenen Jahr auch für Privatkunden.  

Wie wohl jedes Unternehmen in Deutschland spürt auch Vehiculum derzeit die Auswirkungen der Corona-Krise. Darüber und über die Chancen, die digitaler Handel bietet, sprach AUTOHAUS mit Lukas Steinhilber, CEO und Mitgründer des Start-ups.

AUTOHAUS: Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihr Geschäft aus? Wie sind die Zugriffszahlen?

Lukas Steinhilber: Wir sind mit Rekordzahlen ins Jahr gestartet. Seitdem sich die Lage in den letzten Tagen verschärft hat, können wir feststellen, dass der B2B-Traffic leicht rückläufig ist. Das ist nachzuvollziehen, da viele Unternehmen aktuell von Tag zu Tag denken. Der leichte Rückgang wird aber durch die Privatkundenseite ausgeglichen – hier verzeichnen wir einen Anstieg beim Traffic. Die Auswirkungen sind daher noch überschaubar.  Das ist aber nur der momentane Ist-Zustand. Alles andere werden die nächsten Tage und Wochen zeigen.

Wie sieht es auf der Angebotsseite aus?

L. Steinhilber: Da ist es ein Stück weit dramatischer. Wir sind im regen Austausch mit unseren Partnern, den Autohäusern. Die schließen reihenweise ihren Verkauf und fragen bei uns an, was man tun kann, um den Absatz zu gewährleisten. Wir haben zudem auch relativ viele neue große und mittelgroße Handelspartner, die sich bisher wenig mit dem Online-Thema beschäftigt haben und sich jetzt melden. Das Thema Bestellware, sprich konfigurierbare Fahrzeuge, ist natürlich schwierig in Zeiten von geschlossenen Produktionsstätten. Fahrzeuge lassen sich zwar bestellen, aber es ist ja komplett unklar, wann die geliefert werden. Wir sind aber froh, dass wir im letzten Quartal in Technologie investiert haben, die es ermöglicht, tausende Lagerfahrzeuge per Knopfdruck in die Plattform zu bekommen und zu bepreisen. Denn viele Händler haben noch Fahrzeuge auf dem Hof, das Kapital steht dort rum – aber es fehlt der Verkaufsraum. So wird aus meiner Sicht der Verkauf von Bestandsware in den nächsten Wochen und Monaten eine große Rolle spielen, um als Händler den Cashflow aufrechtzuerhalten.

Spüren Sie auch das Problem, dass schon mehrere Zulassungsstellen geschlossen sind?

L. Steinhilber: Das ist natürlich ein Riesen-Problem – auch für den Cashflow des Händlers. Wir merken jedenfalls die ersten Verzögerungen und sind im engen Austausch mit Dienstleistern wie Kroschke und DAD, die nach Lösungen suchen.

Braucht es aktuell überhaupt einen Online-Handel? – Nicht selten hört man in diesen Tagen, dass die Kunden jetzt andere Probleme hätten.

L. Steinhilber: Die Bedenken kann ich zu 100 Prozent nachvollziehen. Ich glaube auch, dass die Nachfrage in der Summe erst einmal ein wenig zurückgehen wird. Aktuell denken die Menschen von Tag zu Tag. Wenn sich der erste Schock aber gelegt hat und die Menschen sich damit abgefunden haben, dass es womöglich noch zwei, drei Monate so weitergehen könnte, dann könnte es auch sein, dass die Kunden von zu Hause aus im Home-Office wieder normale Konsumentscheidungen treffen. Angenommen der Markt bricht um 70 bis 80 Prozent ein, dann können die restlichen 20 bis 30 Prozent ja nur online gehen. Entsprechend kann es eine Chance sein, wenn man digital gut aufgestellt ist. Dass man die, die den Bedarf noch haben und es sich leisten können, online abholt. In jeder Misere liegt eine Chance. Aber wo die Reise hingeht, lässt sich abschließend natürlich nicht sagen.

Die Autohäuser sollten den Online-Handel also als Chance wahrnehmen?

L. Steinhilber: Auf jeden Fall. So eine Krise macht leider sehr deutlich, dass in der Automobilbranche digital noch großer Nachholbedarf besteht. So haben wir aktuell auch das Problem, dass wir nicht allen Handelspartnern, die auf uns jetzt zukommen, gerecht werden können. Ich bin mir sicher, dass es, wenn sich das Ganze beruhigt hat, generell ein Umdenken in Richtung Online-Vertrieb geben wird. Weil man jetzt merkt, dass man damit künftig deutlich besser aufgestellt ist – unabhängig davon, um welche Krise es sich genau handelt. Es wird deutlich, wie wichtig es sein kann, dass man ortsunabhängig in der Lage ist, seine Produkte anbieten zu können.

Sehen Sie es jetzt als großen Vorteil, dass man wie bei Vehiculum einen volldigitalisierten Bestellprozess anbieten kann?

L. Steinhilber: Sicherlich. Das hilft absolut. Wir haben in den vergangen Monaten und Jahren viel investiert in diese Richtung. Das macht sich jetzt bezahlt. Allgemein hilft Technologie in Zeiten wie diesen immer. Wenn der Kunde dadurch uneingeschränkten Zugang hat – wenn er nicht auf eine Rückantwort angewiesen ist oder dass jemand Zugang zu einem System hat. Viele unsere Handelspartner sind da gut aufgestellt. Aber es gibt auch welche, die beispielsweise nur vom Betrieb aus auf Banksysteme zugreifen können. Da handelt es sich um Grundvoraussetzungen, die geschaffen worden sein sollten.

Telefon- und Videoberatung werden derzeit gerne als digitale Kanäle genannt. Welche nutzen Sie im Unternehmen?

L. Steinhilber: Videoberatung ist bisher bei uns kein Thema. Wir arbeiten mit E-Mail, Chat und Telefon – in der internen wie externen Kommunikation. Wir haben zwei Arten von Chats. Auf unserer Website gibt es einen Chat, wenn Kunden Fragen haben oder etwas nicht finden. Registriert sich ein Kunde, gibt es ebenfalls im Laufe des Bestellprozesses eine Chatfunktion, hinter der ein persönlicher Berater von Vehiculum steht.

Planen Sie spezielle Tools/Angebote  auf Ihrer Website?

L. Steinhilber: Wir wollen die Plattform angesichts der aktuellen Lage mehr auf Bestandsfahrzeuge ausrichten. Damit der Kunde schnell erkennt: Dieses Auto ist schon gebaut und theoretisch in zwei bis vier Wochen verfügbar. Davon abgesehen haben wir schon länger geplant, einen größeren Fokus auf E-Mobilität und alternative Antriebsformen zu legen. Wir wollen die Kunden verstärkt an das Thema heranführen.

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KOMMENTARE


Uwe Schneider

24.03.2020 - 17:39 Uhr

Obwohl auch im Autohandel die Bedeutung im Online-Geschäft zunimmt, kann ich mir nicht vorstellen, Fahrzeuge ausschließlich online zu kaufen und möchte das als Privatkunde und Autofan auch nicht. Den persönlichen Kontakt zum Autohaus brauche ich und der bewährt sich bei jedem Fahrzeug und Garantiefall!


Dr. Klaus Peter Reintges

24.03.2020 - 19:38 Uhr

Hier wird der traditionelle Autohandel zu Grabe getragen. Und dies ist kein Vorwurf an Vehiculum, die einen sehr guten Job machen.


ExVerkäufer

25.03.2020 - 10:24 Uhr

@Uwe Schneider. Der persönliche Kontakt zum Autohaus braucht, vor allem wenn es um Garantie und sonstige Reklamationen geht, fast jeder. Aber, will man dafür auch mehr Geld bei der Anschaffung ausgeben? Soll heißen: Günstig online kaufen und dann im Autohaus als "Kunde" mit allen Annehmlichkeiten auftreten. Das ist doch mittlerweile NORMAL.


Wolli

25.03.2020 - 13:59 Uhr

Mit "Fremdkunden" - diesen, die woanders gekauft haben - verfahren wir ganz einfach: Bei leichten Problemen (quasi kurzfristig lösbaren und wo man kein Garantiegeld mitbringt) Terminvergabe normal. Bei schwerwiegenden Fehlern (3 Stunden suchen, zig Teile umbauen, letztlich zahlt der Hersteller nur 45 min.) Terminvergabe in 8 Wochen ... bei akuten Problemen - bitte Wagen stehen lassen, wir schauen zu, dass wir innerhalb kurzer zeit (7 Tage) dazu kommen. Kulanz gibt's gar nichts - denn Kulanz heißt, dass der Händler aus seinem Budget/Kasse Geld hinzuschießt.


Schmelzer

26.03.2020 - 09:34 Uhr

@Uwe Schneider. Vielleicht würden Sie als Privatkunde jedoch über die Händlerwebseite bestellen. So wird der traditionelle Autohandel nur etwas verlagert und der Kunde bleibt auch Ihr Kunde. Nicht falsch verstehen, ich finde Vehiculum auch super und eine Möglichkeit, in das Online-Business einzusteigen. Man sollte jedoch auch schauen, dass ich als Autohaus auch meine Kunden auf meiner Webseite bedienen kann.


Rudi

26.03.2020 - 16:32 Uhr

@Wolli: Respekt, wie Sie mit potenziellen Kunden umgehen! Jeder Werkstattkunde ist ein Kontakt zum Kunden und eine Chance, ihn von sich und Ihrem Autohaus zu überzeugen. Wenn Ihr Service topp ist, dann überlegt der Kunde es sich vielleicht und kauft das nächste Auto bei Ihnen, auch wenn er es woanders eventuell günstiger bekommen hat. Wie gehen Sie denn bei diesen "Fremdkunden" vor, wenn eine Inspektion gemacht werden soll? Oder ein Unfallschaden repariert oder eine AHK nachgerüstet wird? Wenn der Kunde schon bei einem Garantiefall unerwünscht ist, wird er diese Dinge auch nicht mehr bei Ihnen machen lassen. Und: Nicht jeder "Fremdkäufer" tut das wegen des Preises, es gibt zig Gründe, das Auto woanders als in der Region zu kaufen. Und nicht zuletzt: So ein mieser Umgang mit den Kunden wird leider zu oft auch nicht nur auf Ihr Haus geschoben, sondern auf den Hersteller.


ExVerkäufer

26.03.2020 - 17:51 Uhr

@Wolli, scheint wohl ein ganz Schlauer zu sein. Zum Glück haben die Kunden die Möglichkeit, solche Betriebe zumeiden. In meiner aktiven Zeit habe ich gerade auf diese Kunden ein besonderes Auge geworfen. Nicht selten wurden diese Menschen zu meinen besten Stammkunden. Man kann den anderen nicht ändern, aber sich selbst ... wenn man möchte. Wolli hat es wohl aber nicht nötig.


Thomas

27.03.2020 - 06:05 Uhr

@Rudi: Hier ist glaub ich der Wunsch eher Vater des Gedankens. Arbeite seit 15 Jahren für eine große Importmarke im Verkauf. Seit 10 Jahren haben wir einen großen EU Händler direkt gegenüber der Straße vor der Nase, Luftlinie keine 10 Meter. Wir haben im Werkstattdurchlauf über 35 % EU Kunden. Wir machen bei der Behandlung der Werkstattkunden z. B. hinsichtlich der Terminvergabe keinen "Standesunterschied". Und jetzt zu Ihrer Theorie. Die EU Kunden durch einen guten Service auf sich aufmerksam machen um evtl. den nächsten Wagen selber zu verkaufen. Vergessen Sie das ganz schnell. Je besser der Service, umso eher kaufen die EU Kunden wieder beim nächsten Mal ein EU Fahrzeug. Sie nutzen das gleiche Prinzip: Ein paar Tausend Euro beim Kauf sparen und den gleichen und guten Service, wie z. B. auch die Garantiebearbeitung, beim Vertragshändler bekommen. Ich habe dies in den letzten Jahren wirklich so Hunderte Male mitbekommen, je besser der Service, umso mehr wird wieder ein EU Fahrzeug gekauft. Ausnahmen gibt es, aber die halten sich in Grenzen.


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