Gesellschaft Für Technische Überwachung: "Unsere Flexibilität zahlt sich aus"

Rainer de Biasi, Geschäftsführer der GTÜ, erläutert im AUTOHAUS-Interview u. a. den besonderen Stellenwert der Hauptuntersuchung für Autohaus- und Werkstattbetriebe, die Dumpingpreise einiger Werkstattketten bei der AU, warum die tatsächlichen Mängelquoten im Pkw-Bestand deutlich höher sind als jene im jährlichen GTÜ Mängelreport, und er nimmt auch Stellung zum VW-Abgasskandal. AH: Herr de Biasi, der Automarkt hat sich im vergangenen Jahr positiv entwickelt. Wie hat sich dies auf das Geschäft der GTÜ ausgewirkt? Rainer de Biasi: Wir sind sehr zufrieden. Bei den Hauptuntersuchungen haben wir 2015 um sechs Prozent zugelegt und damit unseren Marktanteil auf 16 Prozent gesteigert. Beim Umsatz konnten wir zweistellig wachsen. Ich kann unseren Partnern zu dieser Leistung nur gratulieren. Unsere Qualifikation, Servicebereitschaft und Kundenorientierung waren auch im vergangenen Jahr die Gründe für den Erfolg. Die Flexibilität unserer Prüfingenieure und Sachverständigen vor Ort zahlt sich hier aus. Gleichzeitig sind unsere Tools zur Bewertung von Gebrauchtwagen oder Leasingrückläufern sehr effizient. 70 Prozent der AU in der Werkstatt AH: Wie teilt sich das Wachstum auf? R. de Biasi: 70 Prozent der Hauptuntersuchungen führen wir in den Werkstätten durch. 30 Prozent der Kunden kommen zur Prüfstelle. Hier gab es keine Verschiebungen. Wir differenzieren hier nicht - auch nicht bei den Gebühren. Wir betreuen beide Kundengruppen gleichermaßen. AU als Werkstattleistung AH: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der AU? R. de Biasi: Durch die Dumpingangebote, die einige Werkstattketten bei der AU leider anbieten, ist es für die Werkstätten inzwischen weniger interessant, diese Leistung selbst zu erbringen. Eine festgesetzte amtliche Gebühr für die AU wäre hier eine bessere Lösung gewesen. Die AU könnte dann sauber durchgeführt werden und die Werkstätten könnten davon leben. So kann jeder diese Leistung frei festlegen - mit den entsprechenden Konsequenzen. Wir verlangen zwischen 30 und 35 Euro für die AU, abhängig davon, ob mit oder ohne Endrohrmessung. Die Werkstätten sind unsere langjährigen Partner und sollten mit angemessenen Entgelten weiterhin diese Leistung anbieten können. Marktliberalisierung AH: Die GTÜ hat sich immer für die weitere Marktliberalisierung eingesetzt. Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf? R. de Biasi: Wir haben vieles schon erreicht. Beim Paragraph 21 der Straßenverkehrsordnung sind wir weiterhin dran. Grundsätzlich ist eine Änderung nicht aufzuhalten, ob es in diesem Jahr bereits klappt, werden wir sehen. Hier geht es darum, dass wir zwar im Rahmen des "Technischen Dienstes" Fahrzeuge, die noch nicht zugelassen sind, in den Verkehr bringen dürfen. Bei Fahrzeugen, die bereits zugelassen sind bzw. waren, darf die GTÜ beispielsweise eine einfache Änderung der Räder-Reifen-Kombination nicht testieren. Wir haben deshalb ein EU-Pilotverfahren angestrebt. Die Bundesregierung muss hier Stellung beziehen. Eine nationale Lösung wäre allerdings die bessere Alternative. Akquise von Autohaus-Gruppen AH: Wie sprechen Sie mit den selbständigen GTÜ-Büros Autohaus-Ketten an? R. de Biasi: Die GTÜ-Partner können mit einheitlichen Prozessen und zentraler Rechnungsstellung gemeinsam gegenüber größeren Kunden auftreten. Die GTÜ-Zentrale übernimmt dann die Rolle des Moderators und tritt als alleiniger Ansprechpartner auf. Zudem leistet unser Außendienst Vertriebsunterstützung und spricht einzelne Autohäuser auch direkt an. AH: Was bringt die Durchführung der HU dem Autohaus an Zusatzumsatz? R. de Biasi: Das Autohaus braucht die Hauptuntersuchung. Der Kunde kommt nicht mehr so oft in die Werkstatt und die HU schafft Kundenkontakte. Wir haben im Durchschnitt bei erheblichen Mängeln eine Quote von 22 Prozent - ein beachtliches Reparaturpotenzial. Die HU ist also für das Autohaus hoch interessant. AH: Was steht für 2016 an? R. de Biasi: Die Konzentration im Autohandel wird zunehmen, die Zahl der Werkstätten auf Grund der Kundenorientierung allerdings weitgehend konstant bleiben. Wir werden uns auch weiter mit entsprechenden Angeboten auf die Autohaus-Gruppen konzentrieren. Gleichzeitig werden wir den Bereich Schadengutachten forcieren. Grundsätzlich bieten wir von A wie Arbeitssicherheit bis Z wie Zertifizierung schlüssige Individuallösungen für unsere Kunden. GTÜ-Mängelreport AH: Die GTÜ veröffentlicht einen jährlichen Mängelreport. Nun gibt es ja bei bestimmten Marken subventionierte Vorabchecks, die bereits vor der HU durchgeführt werden. Beeinflusst dies dann das Ergebnis? R. de Biasi: Dies sehen wir mit gemischten Gefühlen und es wird dadurch die Statistik sicher geschönt. Gerade wenn diese Maßnahme vom Hersteller gefördert wird. Wir wissen aber, dass die Schadenstatistik der GTÜ eh ein positiveres Bild vom tatsächlichen Zustand auf der Straße abbildet, weil eben viele Fahrzeuge bereits vorher repariert oder gewartet werden. Eine Alternative wäre die alleinige Auswertung der Ergebnisse unserer Prüfstellen. Damit wäre aber auch keinem geholfen. Fakt ist, dass die tatsächlichen Mängelquoten deutlich höher sind. Abgasskandal und Verbrauchswerte AH: Hat der Volkswagen Abgasskandal auch den Prüforganisationen geschadet? R. de Biasi: Man muss klar sagen, dass hier ein Betrug stattgefunden hat - ohne Beteiligung einer Prüforganisation. Die Manipulationen hätte man auch bei der HU nicht feststellen können. Bleibt zu hoffen, dass es bei dem einen Hersteller bleibt. Eine völlig andere Thematik ist aber, dass die von den Herstellern veröffentlichten Verbrauchswerte im Labor und nicht auf der Straße gemessen wurden und damit von den realen Werten deutlich abweichen. Hier wurden die Testbedingungen im Rahmen der erlaubten Möglichkeiten optimiert. Der Gesetzgeber müsste hier die Bedingungen ändern. Vollständig auf Laboruntersuchungen können wir allerdings nicht verzichten, denn damit wird die Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit der Produkte untereinander erreicht. Es gehört eben auch ein Stück Ehrlichkeit dazu, klar zu sagen, dass im Fahrbetrieb Mehrverbräuche unvermeidbar sind. AH: Herr de Biasi, herzlichen Dank für das Gespräch! Interview: Ralph M. Meunzel Wandel Im Handel Die Konzentration im Handel geht weiter. Wie gehen die selbstständigen GTÜ-Büros mit dieser Transformation zu immer größeren Autohaus-Ketten um? Rainer de Biasi erläutert in diesem Kontext die hilfreiche Rolle von GTÜ-Geschäftsstelle und -Außendienst, von einheitlichen GTÜ-Prozessen und einer zentralen Rechnungsstellung.

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