Nach Ansicht der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute dämpft die Umstellung auf das Abgastestverfahren WLTP das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Aufgrund der hohen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Autobranche werde dies "sichtbare Spuren" beim Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hinterlassen, heißt es in dem am Donnerstag in Berlin vorgelegten Herbstgutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute.
Im dritten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal laut Prognose nur um 0,1 Prozent zunehmen. Die Umstellungsprobleme dürften aber im Winter überwunden werden.
Der Wechsel auf das WLTP-Verfahren, mit dem Abgasausstoß und Verbrauch realistischer ermittelt werden sollen, sorgt für große Probleme mit Lieferengpässen. Hersteller mussten die Produktion drosseln. Ab September dürfen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die nach dem neuen Testverfahren zertifiziert sind. Nach Vorzieheffekten werden nun Einbrüche beim Neuwagenverkauf erwartet.
Die Forschungsinstitute nehmen an, dass der Aufschwung in Deutschland insgesamt an Fahrt verliert. Sie senkten ihre Prognosen für das laufende und für das nächste Jahr.
Handelskonflikte bedrohen Aufschwung
Die Ökonomen warnen außerdem vor erheblichen Folgen zunehmender Handelskonflikte für den Aufschwung in Deutschland. Die bisherigen US-Zölle hätten nur geringe Auswirkungen gehabt. "Eine Eskalation des Handelskonflikts, die zu erheblichen Zollerhöhungen der USA auf breiter Front führt, dürfte in Deutschland und in Europa eine schwere Rezession auslösen", heißt es aber.
Die EU könne den Effekt mit Gegenmaßnahmen abmildern - dies werde dann jedoch zu einem Konjunktureinbruch in den USA führen, vermuten die Experten. Seit dem Jahresbeginn habe sich das internationale handelspolitische Klima "drastisch verschlechtert", schreiben die Institute - und verweisen auf die Ankündigung und Umsetzung von Strafzöllen durch US-Präsident Donald Trump. "Sie leiteten eine weltweite Spirale hin zu mehr Protektionismus ein." Die betroffenen Handelspartner, allen voran China, reagierten mit Gegenzöllen.
Die von den USA angedrohten Anhebungen der Zölle auf Autos verdeutlichten, dass auch die EU tiefer in den Konflikt hineingezogen werden könnte. Höhere Zölle für Autos könnten vor allem die starke deutsche Autoindustrie empfindlich treffen. Die USA und die EU verhandeln derzeit über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter.
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte, der Aufschwung in Deutschland stehe zunehmend auf dem Prüfstand: "Von der Euphorie zum Jahresbeginn ist wenig übrig geblieben. Der Fachkräftemangel bremst, und das Exportgeschäft schwächelt." Der Protektionismus sei weltweit auf dem Vormarsch, das treffe gerade die deutsche Wirtschaft hart. (dpa)