Ausgabe 16/2012: Skandinavischer Luxus

Skandinavischer LuxusVolvo – Mit dem neuen Volvo V40 endet die Ära des ehemaligen Mutterkonzerns Ford. Der Neustart wird aber erst 2015 richtig sichtbar. Von Doris PlateEin City Safety-System, das im Stop-und Go-Verkehr Auffahrunfälle verhindern kann, ein Notbremsassistent mit automatischer Fußgänger-Erkennung und der weltweit erste Fußgänger-Airbag: Der neue Volvo V40 hat einiges zu bieten. Erstmals wird damit auch das Überleben der anderen gesichert, wie der „Spiegel“ titelte. Aber auch wenn die Sicherheitsentwicklung damit ebenso den Menschen zugute kommt, die nicht im Auto sitzen, das große Ziel der Marke ist: Im Jahr 2020 soll kein Insasse eines neuen Volvo-Modells mehr ernsthaft verletzt oder gar getötet werden. Seit 1970 sammeln die Schweden Unfalldaten. Zu jedem Unfall in dem skandinavischen Land, an dem ein Volvo beteiligt ist, werden die Experten des Herstellers hinzugerufen. Derzeit liegen die Schwerpunkte der Arbeit der Entwicklungsabteilung auf dem Verhindern von Unfällen an Einmündungen und Kreuzungen sowie auf dem Vermeiden von Kollisionen mit Wildtieren. Und noch ein Punkt wird immer wichtiger: Umfragen von drei US-amerikanischen Forschungsinstituten belegen, dass Autofahrer heute 25 bis 30 Prozent der Zeit mit anderen Dingen als dem reinen Autofahren verbringen – zum Beispiel mit mobiler Kommunikation. Die Zahl der Fahrer, die hinter dem Lenkrad Telefonanrufe tätigen, SMS verschicken oder ihre Mails checken, nimmt deutlich zu. „Für uns als Automobilhersteller bedeutet dies, dass wir Techniken entwickeln müssen, die den Fahrer ständig und rechtzeitig auf mögliche Gefahren des Verkehrs hinweisen“, erläutert Jan Ivarsson, Senior Manager Sicherheitsstrategien bei der Volvo Car Corporation.Neue Plattform und MotorenSicherheit ist die Kernkompetenz des schwedischen Herstellers, und hier ist er wohl weltweit führend. Aber in Sachen Fahrwerkstechnik und Motoren muss Volvo etwas tun. Zunächst will die Marke sich dabei auf die größeren Fahrzeuge konzentrieren. Mit der selbst entwickelten neuen Plattform SPA (Scaleable Product Architecture), auf der 2015 der neue XC90 erscheinen soll, und der neuen Motoren-Generation VEA (Volvo Environmental Architecture), die ab 2013 auf den Markt kommt, beginnt eine neue Ära. Bemerkenswert: Die VEA-Motoren werden Zwei-Liter-Motoren mit vier Zylindern und Direkteinspritzung sein, bei denen sowohl Diesel- als auch Benzinvarianten auf dem gleichen Block basieren. Sie werden ein Leistungsspektrum von 150 bis 300 PS abdecken. Allianz für kleine FahrzeugeFür die Entwicklung der kleineren Fahrzeuge unterhalb des XC60 sucht die Marke einen Allianz-Partner. Der V40 wird das letzte Fahrzeug der schwedischen Marke sein, das auf einer Plattform aufbaut, die gemeinsam mit dem früheren Mutterkonzern Ford entwickelt wurde. Auch für die kleinen Motoren sucht die Geely-Tochter einen Partner. Die derzeit verwendeten 1,6-Liter-Antriebe stammen noch aus der Kooperation mit Ford, PSA und Mini. Bis der neue Partner gefunden ist und gemeinsam mit ihm die kleineren Fahrzeuge unterhalb des XC60 entwickelt werden können, wird in der Produktpalette erst einmal aufgeräumt. S40 und V50 sind schon eingestellt. Ende des Jahres wird auch der C30 auslaufen. 2017/2018 steht dann mit dem Modellwechsel des aktuellen V40 sowie weiterer Modelle das endgültige Ende der früheren Zusammenarbeit mit Ford bevor. Wieder in der GewinnzoneDas Wichtigste ist aber für den Hersteller, dass wieder Geld verdient wird. Die Bemühungen des neuen Führungsteams um den früheren VW-Mann Stefan Jacoby scheinen da schon erste Früchte zu tragen. Immerhin: Erst 2010 übernahm der chinesische Autobauer Geely die damals hoch defizitäre Volvo Pkw-Sparte von Ford. 2011 konnte die Volvo Car Corporation schon wieder 160 Millionen Euro Profit vermelden. Und der Umbau geht weiter. Jacoby zieht immer mehr deutsche Manager nach, inzwischen sitzen mit Cheftechniker Peter Mertens (von Jaguar/Land Rover), Einkaufschef Axel Maschka (von Continental) und Designchef Thomas Ingenlath (von VW) insgesamt vier Landsleute an wichtigen Stellen im schwedischen Konzern. „Das kann für den deutschen Markt nur gut sein“, kommentiert Deutschland-Chef Bernhard Bauer, der kaum chinesischen Einfluss verspürt. Lediglich im Aufsichtsrat sind drei Asiaten vertreten, darunter natürlich Geely-Haupteigner Li Shufu. Schwergewichte wie „Mr. Volvo“ Hans-Olov Olsson, Herbert Demel (Audi, Magna) sowie der frühere MAN-Chef Hakan Samuelsson sorgen aber dafür, dass der Blick auf Europa nicht vergessen wird. Auf dem Weg zur InternationalitätDenn der kleine Hersteller – 2011 hat Volvo weltweit 450.000 Autos verkauft – expandiert jetzt nach China und baut dort ein Werk. Elf Milliarden US-Dollar sollen weltweit bis 2020 investiert werden, der globale Absatz soll sich auf 800.000 Fahrzeuge fast verdoppeln. 2013 soll die Volvo-Fahrzeug-Produktion in China starten. Das Hauptaugenmerk des Herstellers liegt dann darauf, die Qualität dort zu sichern. Der Export von Volvo-Modellen aus chinesischer Produktion in andere Märkte wäre „perspektivisch denkbar“, heißt es aus dem Unternehmen. Kurzfristig sei dies aber nicht zu erwarten. Ob Geely- Modelle ihren Weg in den Westen antreten werden, ist noch offen. Der Name „Geely“ als Markenname soll allerdings verschwinden, so wird zukünftig nur noch die Holding heißen. Die Autos tragen weiterhin den Namen „Volvo“. „Scandinavian Luxury“ heißt die Marschrichtung der Marke in die nahe Zukunft. Bauer erläutert das so: „Wir wollen die Marke so positionieren, wie die Welt eine schwedische Marke sieht.“ Hinzu komme die Markenstrategie „Designed Around You“. „Das beschränkt sich nicht nur auf die Produkte, sondern gilt für alle Bereiche unseres Geschäfts, speziell beim Service. Höchste Kundenzufriedenheit ist unser primäres Ziel.“ Wachstum durch V40Der V40 muss aber nun erst einmal für das Wachstum der Marke in den kommenden Monaten sorgen. Deswegen hatte der deutsche Importeur im Juli alle Händler, Verkäufer und Serviceberater zu seiner Präsentation nach Dresden eingeladen. Zur Markteinführung im September sollen alle Mitarbeiter fit sein für den Neuen. 3.000 Fahrzeuge sollen noch in diesem Jahr aus der belgischen Fabrik in Gent zu den deutschen Händlern rollen. Im ersten vollen Verkaufsjahr, 2013, werden es dann 9.000 sein. Nach dem ersten Halbjahr liege Volvo hierzulande auf Plan, sagte Bauer in Dresden. Es sei zwar anstrengend, den Marktanteil von einem Prozent zu verteidigen, bisher aber gelungen. Das Wachstum, das die Marke bis 2020 auf zwei Prozent Marktanteil bringen soll, soll nun mit Hilfe des V40 eingeläutet werden. „Das wird nicht einfach“, weiß auch Bauer. Vom V60 Plug-in Hybrid, der am Jahresende in den Handel kommt, erwartet er keine großen Stückzahlen. Er soll hauptsächlich die Technik-Kompetenz des Herstellers demonstrieren. ■Kurzfassung2010 wurde Volvo vom chinesischen Hersteller Geely übernommen. Ein neues Führungsteam ist nun dabei, die Marke neu zu organisieren. Dabei wollen die Verantwortlichen sich zunächst auf größere Fahrzeuge konzentrieren. Für die kleineren Plattformen und Motoren wird ein Kooperationspartner gesucht. Lesen SIe hier...... wie Volvo auch in Zukunft seiner Kernkompetenz „Sicherheit“ gerecht werden will und wie sich bislang der Eigentümerwechsel von Ford zu Geely bemerkbar macht.

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