Ausgabe 04/2008: Schmerzgrenze

Versicherung / Durch die Initiative "Nürnberger ServicePartner" können Autohauspartner der Versicherung festlegen, ab welcher Schadenhöhe sie welche Dienstleistungen anbieten wollen.Schmerzgrenzevon Ralph M. MeunzelDie Nürnberger Versicherung ist seit über 20 Jahren mit der Garanta der Partner des Kfz-Gewerbes. Als berufsständischer Versicherer bietet sie den Autohäusern spezifische Versicherungsangebote an. In mehr als 4.500 Agenturen verkaufen Mitarbeiter der Nürnberger Versicherungsprodukte direkt im Autohaus. So wird garantiert, dass das Auto im Schadensfall im eigenen Betrieb repariert wird. Ein Gespräch mit dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Dr. Armin Zitzmann über die Entwicklung der Autoversicherung:AH: Herr Dr. Zitzmann, die Autobranche hatte im vergangenen Jahr unter einer Absatzkrise zu leiden. Die Autoversicherung wird davon nicht verschont geblieben sein?Dr. Zitzmann: Zunächst hat sich das Geschäft für die Nürnberger Versicherung exzellent entwickelt. Wir hatten das beste Geschäftsjahr aller Zeiten. Allerdings mussten wir beim Versicherungsverkauf über den Autohandel Rückgänge verzeichnen. Zuwächse in der Autoversicherung erreichten nur unsere Versicherungsmakler.AH: Wie haben sich die Schäden bei der Haftpflicht- und Kaskoversicherung entwickelt?Dr. Zitzmann: Während die Schäden im privaten Bereich rückläufig waren, sind die Unfälle im gewerblichen Bereich gestiegen. Das Niveau ist damit gleich geblieben. Allerdings hatten wir aufgrund des Sturms Kyrill höhere Aufwendungen in der Kaskoversicherung. AH: Nun ist das Autoversicherungsgeschäft sehr wettbewerbsintensiv. Welche Vertriebswege setzen sich durch?Dr. Zitzmann: Wir setzen auf drei Vertriebswege. Zunächst erreichen unsere Makler und Generalvertretungen eine sehr große Kundenbindung durch den Verkauf von verschiedenen Versicherungsprodukten. Der Verkauf der Autoversicherung ist dabei nur ein Teil der Gesamtverbindung und damit weniger preissensibel. An erster Stelle steht jedoch das Geschäft über die Agenturen im Autohaus. Da die Autoversicherung hier unser erster Kundenkontakt ist, hat man es häufig mit preissensiblen Kunden zu tun. Wer eine Finanzierung für null Prozent bekommt, will auch für die Versicherung nichts bezahlen. Damit hat es der Handel also nicht leicht, mit Service- und Produktleistungen zu argumentieren.AH: Welche Anteile konnten sich die Direktversicherer in den vergangenen Jahren sichern?Dr. Zitzmann: Der Marktanteil der Direktversicherer in der Autoversicherung wächst stetig, liegt aber noch im einstelligen Prozentbereich. Die Nürnberger Versicherung konnte ihren Marktanteil in den vergangenen Jahren insgesamt stabil halten. Allerdings war das Geschäft über den Vertriebsweg Autohaus im Jahr 2007 etwas schwächer als im Vorjahr.AH: Ist künftig auch mit einer Nürnberger24 zu rechnen?Dr. Zitzmann: Das ist nicht auszuschließen, jedoch gibt es aktuell dazu keine Pläne.AH: Wie kann die Versicherungsagentur im Autohaus ihre Vorteile gegenüber der Konkurrenz ausspielen?Dr. Zitzmann: Indem beispielsweise dem Kunden klar vermittelt wird, dass er im Schadenfall mit einer optimalen Betreuung rechnen kann. Es geht also darum, den Service im Autohaus hervorzuheben. Kunden, die bereits einen Unfall hatten, sind hier wesentlich leichter zu überzeugen. Anders verhält es sich oft bei Autokäufern, die noch keinen Unfall hatten. Diese Gruppe ist am Service weniger interessiert und lässt sich leider oft nur über den Preis überzeugen. Klar ist aber auch, dass man mit einem Außendienst und einer Agentur preislich nicht auf Augenhöhe mit Direktversicherern agieren kann. Da hat man andere Vertriebskosten.AH: Damit sind wir bei der Schadensteuerung. Der günstige Preis der Versicherung ist damit verbunden, dass im Falle eines Schadens auch billig repariert werden muss. Dafür gibt es vertragliche Bindungen mit bestimmten Werkstätten, die teilweise zu erschreckend niedrigen Preisen reparieren und weitere kostenlose Serviceleistungen bieten. Muss man davor kapitulieren?Dr. Zitzmann: Sicher nicht. Zunächst haben wir es mit verschiedenen Kundengruppen zu tun, die sehr wohl die Zusammenhänge kennen und den Service im Autohaus honorieren. Allerdings müssen wir uns preislich anpassen und dazu gehört auch eine kostengünstige Reparatur in unseren Partnerbetrieben, die ausnahmslos die Schäden ihrer Kunden auf den Hof bekommen.AH: Haben sich die Autohäuser künftig auf niedrigere Erlöse im Karosserie- und Lackbereich einzustellen, obwohl man darauf aufgrund der wirtschaftlichen Lage nicht verzichten kann?Dr. Zitzmann: Wir müssen hier die Balance finden, und dies gelingt uns mit unseren Autohauspartnern zunehmend. Einerseits liegen wir dann preislich nur noch leicht über den Direktversicherern, andererseits sind wir in der Lage, die Reparaturleistungen angemessen zu honorieren. Wenn die anderen Versicherungen künftig allerdings Dienstleistungen wie Hol- und Bring-Service oder Ersatzwagen kostenlos anbieten, müssen wir darauf reagieren. Wir leben nicht auf einer Insel. Unsere Initiative Nürnberger ServicePartner ist hier der ideale Weg für den Autohandel. Er kann auf unserer Internetplattform abgestuft hinterlegen, ab welcher Schadenhöhe er bereit ist, dem Kunden diese Dienstleistungen anzubieten. Für einen 300-Euro-Schaden ist die Überlassung eines kostenlosen Mietwagens durch den Autohändler betriebswirtschaftlicher Unsinn, den wir im Sinne unserer Partnerschaft verhindern wollen.AH: Wie beurteilen Sie die All-inclusive-Pakete der Autohersteller?Dr. Zitzmann: Der Verkäufer muss sich dadurch mit dem Produkt Autoversicherung stärker auseinandersetzen. Dies fördert das Bewusstsein für den Verkauf der Autoversicherung im Autohaus.AH: Ist damit zu rechnen, dass das Versicherungsgeschäft im Autohaus unter Druck gerät?Dr. Zitzmann: Wenn wir unsere Partner anschauen, so haben wir teilweise Penetrationsraten um die 20 Prozent. Das ist viel zu wenig. Wer sich als Chef allerdings um dieses Geschäft kümmert und jeden einzelnen Kunden auf die Autoversicherung ansprechen lässt, kann eine Penetrationsrate von über 50 Prozent erreichen. Die Verkäufer müssen dazu allerdings motiviert werden, sonst wählen sie den Weg des geringsten Widerstands. Man muss dabei auch an die Auslastung der Werkstatt denken. Das Servicevolumen ist bekanntlich rückläufig. Die Stärke unseres Konzeptes ist es auch, dass wir dem Kunden weitere Versicherungsverträge anbieten können. Damit sorgen wir für zusätzliche Erträge und eine starke Kundenbindung. Luft ist also noch genügend drin.AH: Was ändert sich zum 1. März bei den Doppelkarten?Dr. Zitzmann: Die Doppelkarte wird abgeschafft und durch eine elektronische Versicherungsbestätigung ersetzt. Der Versicherungsnehmer gibt seine Daten an den Versicherer. Dieser besorgt über den GDV online eine entsprechende Nummer, die dann vom Versicherten bei der Zulassung angegeben werden muss. AH: Herr Dr. Zitzmann, herzlichen Dank für das Gespräch!

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