Ausgabe 16/2009: Schlimmeres verhindert

Schlimmeres verhindertGVO E Die EU-Kommission will die Schirm-GVO für unsere Branche und eine Umstellungsfrist für den Neufahrzeughandel bis 2013. Von Doris PlateDie Europäische Kommission hat die Weichen für die künftige Anwendung des Kartellrechts im Automobilsektor gestellt. In ihrem „Impact Assessment“, von den EU-Übersetzern „Folgenabschätzungsbericht“ genannt, befürwortet sie, die sektorspezifischen Normen für den Neufahrzeughandel auslaufen zu lassen. Unsere Branche soll künftig unter die allgemeinen Wettbewerbsregeln, die so genannte Schirm-GVO, fallen. Für den Verkauf wird jedoch eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2013 gewährt. Dazu GVO-Experte Uwe Brossette, Rechtsanwalt in der Kanzlei Osborne Clarke: „Für die Vertragshändler ist erfreulich, dass wichtige Bestimmungen zum Händlerschutz wenigstens für drei weitere Jahre erhalten bleiben. Damit war im Laufe der Diskussion nicht immer zu rechnen.“Auch Cecra-Präsident Prof. Dr. Jürgen Creutzig ist froh, Schlimmeres verhindert zu haben. „Es ist zunächst einmal keine Entscheidung im Sinne einer Verschlechterung. Die Hersteller haben jetzt keinen Vorwand mehr, ihre Verträge vorsorglich zu kündigen.“ Trennung von Vertrieb und ServiceAber: Cecra ist generell gegen die Trennung von Verkauf und Service, die in dem Vorschlag der EU-Kommission ebenfalls vorgesehen ist. Während der Fahrzeugvertrieb nämlich ohne nennenswerte Wettbewerbsbeschränkungen funktioniere, sehen die EU-Bürokraten im Aftersales-Bereich unmittelbaren Handlungsbedarf. Sie schlagen vor, im Service bereits ab Juni 2010 die allgemeinen Wettbewerbsregeln, also die Schirm-GVO anzuwenden. Sie soll allerdings durch sektorspezifische Leitlinien bzw. eine sektorspezifische Aftermarket-GVO ergänzt werden. Darin soll zum Beispiel der Zugang zu technischen Informationen, Ersatzteilen und den Servicenetzen der Hersteller konkret geregelt werden, heißt es in dem Papier. „Aber auch neuere Fragen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben, wie missbräuchliche Garantiepraktiken, mit denen unabhängige Werkstätten verdrängt werden sollen, finden Berücksichtigung.“ Mit dieser Zweiteilung hat die EU-Kommission eine Kompromisslösung vorgeschlagen. Vorausgegangen war ein Streit zwischen EU-Kommissar Günter Verheugen, der für die Übergangslösung war, und Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, die für eine sofortige Neuordnung plädierte. Es ist noch nicht zu EndeBeide wollten damit kurz vor dem Ende ihrer Amtsperiode noch einmal Zeichen setzen. Kroes und Verheugen werden der am 1. November 2009 einzusetzenden neuen EU-Kommission nicht mehr angehören. Kroes teilte zwar mit, dass sie mit der neuen Regelung, die auch schon festlegt, was nach der Übergangsfrist passiert, „Rechts- und Planungssicherheit für die Branche“ schaffen wolle. Für Creutzig ist aber das Rennen um den Fortbestand der Kfz-GVO nach Ablauf der Übergangsfrist noch nicht zu Ende. „Man soll nie aufhören zu kämpfen, bevor die Schlacht geschlagen ist“, meint der Cecra-Präsident, der allen Unkenrufen zum Trotz weiter für den Erhalt der Kfz-GVO gekämpft hat – und jetzt zumindest teilweise Erfolg hatte.Auch in Sachen Trennung von Vertrieb und Service will Cecra im Rahmen des Konsultationsverfahrens, das bis zum 25. September läuft, nochmals versuchen, auf die EU-Kommission einzuwirken. „Verkauf und Service gehören zusammen und deswegen ist auch eine gemeinsame Regelung sinnvoll.“ Der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) hält hingegen den Kompromiss für vertretbar: Er sieht zwar für den Handel weiteren Regelungsbedarf, kann aber der so genannten „Mini-GVO“ für Kundendienst und Instandhaltung zustimmen. Außerdem meint auch Geschäftsführerin Antje Woltermann, dass es viel schlimmer hätte kommen können. Eine detaillierte Kommentierung will sie in der zweiten Augustwoche vorlegen. Immerhin sollen auch die zukünftigen Regelungen für den Verkauf noch durch entsprechende Leitlinien zum Beispiel für den Mehrmarkenvertrieb versehen werden. Auch was passieren soll, wenn dann die Niederlassungsfreiheit und die Möglichkeit zur Untervergabe des Service wegfallen, soll beschrieben werden. Außerdem soll Erwähnung finden, wie die Konzerne verfahren sollen, für die die Schirm-GVO wegen der Überschreitung der Marktanteilsgrenze von 30 Prozent (Volkswagen) nicht gilt.Offene FragenAuch auf die genaue Ausgestaltung der Regelungen zum After Sales darf man gespannt sein. Die Details will die Kommission Ende des Jahres vorlegen. Wer sich allerdings Sorgen macht, dass er während der Übergangsfrist zwar mehrere Marken vertreiben, aber keine Garantiearbeiten an den verkauften Autos ausführen darf, kann sich beruhigen. „Die Mehrmarkenwerkstatt wird es auch weiterhin geben“, bestätigte Dr. Stephan Simon von der EU-Kommission. „Da der Marktanteil eines Herstellers auf dem markenspezifischen Kundendienstmarkt in aller Regel klar über den 30 Prozent liegt, die ab 2010 die neue Schwelle für allen Arten von Vertriebs- und Kundendienstverträgen sein werden, kann von der in der Schirm-GVO enthaltenen Möglichkeit, für höchstens fünf Jahre ein Wettbewerbsverbot auszusprechen, gerade nicht Gebrauch gemacht werden“, erläutert der zuständige Beamte auf Nachfrage von AUTOHAUS. „Darüber hinaus kann wegen des Marktanteils von über 30 Prozent nur qualitativ ausgewählt werden, das heißt jeder Hersteller muss wie bisher eine Werkstatt, die die qualitativen Standards erfüllt, aufnehmen, wenn er auf der sicheren Seite sein will.“ zLesen SIe hier...... wie die Zukunft der Kfz-GVO nach dem Willen der EU-Kommission aussehen soll – und was Experten davon halten. KurzfassungDie EU-Kommission will die sektorspezifischen Regelungen für den Neufahrzeughandel auslaufen lassen. Nach einer Übergangsfrist bis zum Jahr 2013 soll die Schirm-GVO auch für unsere Branche gelten. Im Service sehen die Brüsseler Behörden aber sofort Handlungsbedarf. Beim Zugang zu Ersatzteilen oder technischen Informationen gebe es keine hinreichende Chancengleichheit. Auch Garantiebedingungen sorgen weiterhin für Verzerrungen im Servicemarkt. Dies soll schon ab 2010 in entsprechenden Leitlinien zu der dann bereits im Service geltenden Schirm-GVO geregelt werden. Zu diesen Vorschlägen können sich die interessierten Kreise bis zum 25. September äußern.Handel

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