Ausgabe 13/2010: Schätze heben

Schätze heben9. autohaus strategiekongress E Breites Themenspektrum, strategische Optionen, praktische Impulse. von prof. hannes brachatDie AUTOHAUS Akademie hatte Mitte Juni beim 9. AUTOHAUS Strategietag starke Inhalte zu bieten: Vertrieb der Zukunft, GVO 2010, Elektro-Auto, Kundenbindungsprogramme, Kundenkarten, präventive Achsvermessung, Top-Betriebe in Sachen „Financial Services“, Google Automotive als neue Chance, Neuwagenverkauf via Internet (Pro-Neuwagen, Mehrmarken Neuwagenvertrieb B2B-Vertriebskanal), Serviceansprache im Internet, Energiekostensenkung im Autohaus – ein breites Spektrum komplexer Themen. Die Kernaussagen:Autovertrieb der Zukunft (Dr. Alexander Graf, Capgemini Consulting) Innerhalb der EU herrscht weltweit der größte automobile Wettbewerb.Es wird künftig noch mehr Distributionskanäle geben. Die zentrale Forderung an den Hersteller/Importeur: Wie entwickle ich ganzheitlich das Vertriebssystem für die eigene Organisation?Bei neuen Geschäftsmodellen (Distributionsorganen) sollte nicht immer der Händlervertrag im Vordergrund der Überlegungen stehen.Das klassische Autohaus hat eine hohe Marktbedeutung, wird aber an Bedeutungskraft verlieren. Durch die Verkaufswirkung von Internet muss im Autohaus die Organisation geändert werden. Das Geschäftsmodell „Mobility“ (Privatkunden) erhält besonderen Stellenwert.GVO 2010 (Uwe Brossette, Rechtsanwalt, Osborne Clarke)Uwe Brossette stellte seinem GVO-Vortrag grundsätzliche Ausführungen voran:Die GVO ist ein Rahmen. Entscheidend ist, was Hersteller und Händler im Händlervertrag vereinbaren.Ziel der GVO ist es, wettbewerbsbehindernde Maßnahmen abzuwenden (= keine Kartellbildung). Selektiver Vertrieb meint, dass der Hersteller nur an die Händler verkaufen darf, die er ausgewählt hat. Bis 1. 6. 2013 ändert sich für den Neuwagenvertrieb nichts. Danach gilt die Vertikal-GVO Nr. 330/2010. Diese Frist gilt es zu nutzen (z. B. Fusionieren, Betriebe kaufen oder verkaufen etc.). Für Hersteller und Händler gilt ab 1. 6. 2013 eine Marktanteilsgrenze im Neuwagenvertrieb von 30 Prozent. Die Berechnung des Marktanteils inkl. der Segmentierung bedarf noch der praktischen Klärung. Für die Berechnung des Marktanteils des Händlers ist sein Bezugsmarkt entscheidend. Liegt der Marktanteil über der 30-Prozent-Schwelle, ist für das Vertriebssystem die GVO nicht anwendbar. Dann ist Einzelfreistellung gefordert. Falls der Hersteller ab 1. 6. 2013 Markenexklusivität einfordert, müssen die Händlerverträge gekündigt und die Exklusivität vorgeschrieben werden. Die Wiedereinführung der Exklusivität ist nur zulässig, wenn der Händler seine Investitionen in den Mehrmarkenhandel amortisieren konnte (vgl. Leitlinien Randnummer 36).Auch wenn die Vertikal-GVO keine Schutzrechte enthält, wird die Kommission einen Hersteller zur Rechenschaft ziehen, der Händler durch „Drohungen, Einschüchterungen, Warnungen oder Strafen“ zu beeinflussen sucht. Der Code of Conduct ist einzuhalten. Querbezugsrecht und EU-Vermittlung bleiben erhalten.Der Direktvertrieb des Herstellers sowie Internetvertrieb sind möglich. Da die Servicenetze der Hersteller und der Werkstätten die Marktanteilsschwelle von 30 Prozent überschreiten, fallen die Werkstattverträge nicht unter die GVO und müssen im Einzelfall freigestellt werden. Der Zugang der unabhängigen Marktteilnehmer zu den technischen Informationen muss gewährleistet sein. Zulieferer und freier Teilehandel dürfen auch weiterhin die Markenwerkstätten mit OES-Ersatzteilen beliefern.Garantiekonzepte mit Kundenbindung (Axel Berger, Vorstandsvorsitzender CarGarantie)Gut 41 Prozent der Besitzumschreibungen gegen direkt von Privat an Privat. Davon könnten zehn bis 15 Prozent u. a. über Garantien in den Markenhandel überführt werden. Die Branche hat in Sachen GW ein Image-Problem. Es geht um das Vertrauen, das via Qualität und Service herzustellen ist. Man muss bei Versicherungen im Schadenfalle als Erster am Kunden dran sein, um den Zugriff auf den Schaden zu haben. Kundenbindung erfordert ein „naht-loses“ Kontaktprogramm (Kundenkarte).Besonders wirkungsvoll ist es, die jeweilige Garantie mit der Finanzierung zu kombinieren. Finanzierungsverkauf (Hans-Heiner Lüdemann, Vertriebsvorstand Bank Deutsches Kfz-Gewerbe)50 Prozent des Finanzierungsgeschäftes gehen am Autohandel vorbei, werden von Sparkassen, Volksbanken u. a. getätigt.Ein Drittel der Verkäufer sprechen Kunden auf Finanzdienstleistungen nicht an.Finanzdienstleistungen fördern spürbar den Absatz von Autos.Top-Betriebe kombinieren die Finanzierung mit Mobilitätspaketen.Top-Betriebe kombinieren Internet-Offerten mit Finanzdienstleistungen. Top-Betriebe haben klare Ziele, klare Prozesse, eine erfolgsorientierte Bezahlung und erzielen so höhere Penetrationsraten.In der Diskussion zu dieser Thematik meinte Brachat: „Der Auftritt der Finanzdienstleistungen im Autohaus ist völlig unbefriedigend. Noch immer verstecken die Hersteller ihre Bank-Leistung hinter den Verkäufertresen. Dieser Geschäftszweig verdient mehr Aufmerksamkeit!“ Google Automotive – Chancen für den Handel (Dennis Morgenstern, Google Germany)Bei Google gehen täglich 3,6 Milliarden Suchanfragen ein. Rund 90 Prozent der Internet-User nutzen das Netz vor dem Pkw-Kauf. Google verarbeitet pro Tag in Europa 25 Millionen autorelevante Anfragen.Häufigstes Stichwort bei der Sucheingabe: „Auto“.Im Mai 2010 gab es für Deutschland bei Google 25 Mio. Autokaufanfragen, für Wartung und Service 13 Mio., für Pkw-Finanzierung 5,9 Mio. und für Autoteile/Zubehör 33 Mio.Wann und wie kommt das Elektro-Auto? (Manfred Schlegel, Chefredakteur „ServiceProfi“)Bis 2020 soll das Batteriegewicht auf zehn Prozent der heutigen Werte reduziert sein. Ähnliches gilt für den Preis.Die GVO 2010 hat auch für die Elektro-Fahrzeuge Gültigkeit.Elektro-Motoren sind Austauschmotoren und schnell auswechselbar. Mit dem Elektro-Motor entfällt im Service das Ölgeschäft. Mehr Umsatz durch ganzheitliche Servicegeschäfte (Jozsef Bugovics, Geschäftsführer API)API offeriert als Geschäftsmodell die Serviceleistung „präventive Fahrwerksvermessung“. Dahinter steckt ein hohes Umsatz- und Ergebnispotenzial. Über 80 Prozent der Kunden verlassen die Werkstatt mit einer Fahrwerksfehleinstellung, ohne dies zu wissen und ohne dass der Servicebetrieb einen Auftrag zur Fahrwerkseinstellung erhalten konnte.Präventive Fahrwerksvermessung wird berührungslos in 5 Minuten im Rahmen der Dialogannahme durchgeführt.Dafür sind keine Investitionen bei der Anschaffung nötig, die Abrechnung erfolgt auf Nutzungsbasis. Nächster Schritt: die „präventive Reifenprofilvermessung“.Info: www.api-international.com Kundenbindungsinstrument Kundenkarte (Frank Motejat, Geschäftsführer von Mothor) Mit Hilfe der Kundenkarte können systematisch Daten gesammelt werden.Wer Kunden eine Kundenkarte mit Nutzen offeriert, erhält von seinen Kunden die Unterschrift für E-Mails, Kundenzeitungen, SMS, Telefonanrufe etc. Wer die Datenschutzerklärung hat, ist im Vorteil. Die Kundenkarte gibt es im Autohaus Mothor in Platin, Gold und Silber. Die einzelnen Karten sind mit unterschiedlichen Serviceofferten hinterlegt. Die Karte hat Zahlfunktion (Visa). Damit trägt der Kunde sie immer in der Tasche. Mit dieser Karte können auch Service-Leistungen finanziert werden. Mit Kundenkarten können Kunden mit älteren Fahrzeugen gewonnen werden.Die Karten kosten je nach Abnahmemenge zwischen 2 und 4 Euro.Serviceansprache im Internet und Servicebörsen (Dr. Arne Hensel, Geschäftsführer)ATU verweist auf 32 Prozent Umsatzwachstum im E-Commerce seit 2009 und unterhält die meistbesuchte Website im deutschen Kfz-Service.Kunden können konkret angesprochen werden mit Festpreisen im Service, Teile- und Zubehörangeboten. 24 Stunden erreichbar mittels Online-Reparaturanfrage.Internet-Angebote für den Service müssen reingestellt werden bei Google, ebay, meinewerkstatt.de, Mein Auto.de, HerstellerWebseite, reparaturFUXX.de, pkw.de, auto.de, autoreparaturen.de, blauarbeit.de, MyHammer.de u. a.Provider wie ServiceLister offerieren ein Content-Management-System für die gesamte Service/Zubehör-Kommunikation und Preispflege.20 Prozent Energiekostensenkung sind drin! (Dipl.-Ing. Erich Koller)Die Energiekosten im Autohaus betragen 0,1 bis 1 Prozent vom Umsatz.Im Energieeinkauf sind www.verifox.de und www.goldgas.de wichtige Internetadressen für Preisvergleiche.Chancen für die Stromreduzierung liegen in der Spannungsminderung, der Beleuchtung, Druckluft, Serverkühlung sowie bei Standby-Ventilatoren. Einscheibenverglasung ist wie „im Freien“.Trinkwasserverbrauch für die Waschanlagen bedeutet auch Abwassergebühren. Im Schnitt sind das pro Autohaus 1,5 Millionen Liter. Die Abwasserkosten: 1,10 Euro bis 4,80 Euro pro Kubikmeter.Flachdachsanierung mit Photovoltaik ist selbstamortisierend. Details, auch zur Beratungsunterstützung über die KfW, siehe www.energieeffizienz-beratung.de.Elektro-Mobilität: Zukunftsmusik oder Realität? (Ralf Schaub, Vertriebsvorstand der Smiles AG, Aub)Ralf Schaub, Vertriebsvorstand bei Smiles AG in Aub, brachte ein Elektro-Fahrzeug in den Kongressraum zu Hannover mit, den Zero des italienischen Herstellers Tazzari (Kaufpreis: 24.000 bis 28.000 Euro). Smiles ist dafür deutscher Importeur, wie auch für das indische Elektro-Fahrzeug REVA (14.000 – 20.000 Euro). Vom dreirädrigen CityEL, der in Eigenproduktion hergestellt wird, wurden bislang 6.000 Einheiten verkauft. Verkaufspreis 10.000 – 14.000 Euro. Die Fahrzeuge haben 50 bis 120 km Reichweite, sind 5 Jahre steuerbefreit und kosten in der Haftpflichtversicherung 80 bis 130 Euro. Betriebskosten pro 100 km: 1 bis 2 Euro. Unter www.smiles-world.de erfährt man, wo in Deutschland bereits Vertriebsstationen bestehen. Weitere Vertriebsstandorte werden gesucht!Fazit: Der 9. AUTOHAUS Strategiekongress hatte wieder ein überaus breites Themenspektrum mit vielen Impulsen geboten, die entweder sofort praxisnah umgesetzt werden können oder neue strategische Ansätze für die nachhaltige Entwicklung des eigenen Autohaus-Geschäftsmodells eröffnen. zLesen SIe hier...... welche Potenziale Themen wie E-Mobility, Kundenkarten, Google, Internet-Neuwagenverkauf, präventive Achsvermessung, Energieeffizienz etc. etc. Autohäusern zu bieten haben.

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