Ausgabe 21/2013: Prinzip Hoffnung

Nein, von Krise wollte ZDK-Präsident Robert Rademacher auf der Bundestagung am 14. Oktober in München nicht sprechen. Die 2,9 Millionen Einheiten, die das Kfz-Gewerbe in diesem Jahr voraussichtlich absetzen werde, lägen immer noch innerhalb des Toleranzbereichs, der nicht als Krise bezeichnet werden kann, sagte er vor den 450 Teilnehmern. Auch hätten sich die Bruttogewinne etwas besser gehalten, als es angesichts des Preisdrucks aus dem Internet zu erwarten war. Darüber hinaus sei bei den Besitzumschreibungen nicht nur ein mengenmäßiges Plus von 3,2 Prozent zu verzeichnen gewesen, sondern auch eine bemerkenswerte Erholung der - im Vorjahr völlig unzureichenden - Bruttogewinne. Die Werkstattauslastung lag per September zwar um einen Prozentpunkt unter Vorjahr, aber - weit wichtiger - auch hier stimmten in aller Regel die Bruttogewinne. Rademacher sah also durchaus Hoffnung auf einen versöhnlichen Jahresabschluss.Und auch für das kommende Jahr setzt der ZDK-Präsident auf Erholung: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sollen sich nach Einschätzung mehrerer Wirtschaftsforscher weiter verbessern. Das Bruttoinlandsprodukt soll 2014 um 1,7 bis 1,9 Prozent zulegen - fast viermal stärker als im laufenden Jahr mit 0,5 Prozent. Außerdem würden steigende Löhne, die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt, eine moderate Teuerungsrate und niedrige Zinsen das Konsumklima positiv beeinflussen. Hinzu kämen die auf der IAA vorgestellten neuen Modelle, deren Auswirkungen im Markt erst 2014 zu spüren seien. Auch die E-Autos und Hybride würden mit dem Eintritt wichtiger Hersteller in diesen Markt "aus dem Keller der Zulassungsstatistik" herausklettern. Mit all diesen positiven Einflüssen könnten es im nächsten Jahr wieder drei Millionen Neuwagenzulassungen werden.Internet im FokusIm Branchenfokus stand auf der Bundestagung des Kfz-Gewerbes aber wieder einmal der Internet-Verkauf. Rademacher legte hier großen Wert auf die Unterscheidung zwischen Internetbörsen, die als Vermittler zwischen Autohäusern und Kunden agierten, und Internet-Portalen und Plattformen, die von fremden Dritten betrieben würden und von Händlern satte Provisionen dafür kassierten, dass sie ihnen von irgendwo her Kunden zuführen, die zu Niedrigstpreisen Autos kaufen wollen. Der ZDK-Präsident prangerte die Anonymität der Plattformen und Portale an. Sie verleite die Händler zum "Verklitschen von Neuwagen zu Dumpingpreisen".Aber auch der Handelslobbyist erkannte an, dass die Verbraucher grundsätzlich Online-Angebote wollen. Deshalb ist für ihn klar, dass sich Automobilhersteller und Händler dem Thema "Online Sales" aktiv stellen und gemeinsam entsprechende Strategien erarbeiten müssen. Rademacher sieht die Lösung in fabrikatsspezifischen Neuwagen-Börsen. Dabei gäbe es allerdings noch wettbewerbsrechtliche Fragen zu klären. Aber: "Aus Sicht des Kfz-Gewerbes kann es gar keine Frage sein, dass auch beim Online-Vertrieb der stationäre Autohandel voll eingebunden ist und der Verkauf nicht an ihm vorbei vollzogen wird", so der ZDK-Präsident in München.Spotmarkt für AutomobileOhnehin bräuchten die Kunden die Beratung durch fachkundiges Personal: Kaum jemand sei in der Lage, sich auf einem Neuwagen-Konfigurator selbst ein Auto zusammenzustellen. Dafür bräuchte es die Hilfe der zertifizierten Verkäufer des Fabrikatshandels. Auch Automobil-Professor Willi Diez appellierte an den Handel im Wettbewerb mit den Börsen mit seinen Stärken - Beratung, Betreuung, Bindung - zu punkten. Ohnehin zeige eine Studie des IFA-Instituts, dass bei oberflächlicher Betrachtung zwar fast 40 Prozent der Kunden Kaufbereitschaft im Internet signalisierten. Frage man aber danach, ob die Kunden auch bereit seien, im Internet zu bezahlen, reduziere sich diese Zahl sehr schnell auf 12 bis 14 Prozent.Trotzdem zeigte sich Diez sicher, dass auch künftig die Überproduktion ins Internet drängen wird und die Neuwagen-Börsen damit zu einem "Spotmarkt" für Automobile werden, wenn sie das nicht schon sind. Der Begriff stammt aus dem Erdölgeschäft, wo Ölmengen, die keinen regulären Absatz finden, als Überproduktion meistbietend verhökert werden. Das Problem dabei sei, erläuterte Diez, dass diese Ölmengen bei den freien Tankstellen günstig angeboten würden und damit die Markentankstellen zwängen, ebenfalls die Preise zu reduzieren. Dasselbe gelte für Automobile: "Die Internetpreise werden Referenzpreise." Ein Problem, das auch Dello-Geschäftsführer Kurt Kröger in einem Redebeitrag thematisierte: "Wir brauchen keine Neuwagen-Internetplattformen. Sie machen nur die Preise kaputt." Seine Forderung: "Die Hersteller könnten das durch geeignete Margensysteme verhindern."Fast nicht zu schaffenFür den Geschäftsbereich Service warnte Bundesinnungsmeister Wilhelm Hülsdonk vor Risiken, die die Ertragskraft zu schmälern drohten. So dürfe der Neuwagenabsatz nicht durch die Werkstattleistung subventioniert werden. "Unserem Gewerbe nützt es gar nichts, wenn die monatliche Allinclusive-Rate zwar den Neuwagenabsatz forciert, aber die Werkstatt-Rendite killt", so der ZDK-Vize.Zudem prangerte Hülsdonk die teilweise viel zu knapp bemessenen Arbeitswert-Vorgaben der Autohersteller für Wartung und Reparatur einschließlich Karosserie- und Lackreparatur an. Diese Auflagen ließen sich auch von erfahrenen Profis in immer weniger Fällen erreichen. Das senke zwar die Aftersales-Kosten, gehe aber zu Lasten der Betriebe. Ähnliches gelte auch für die Garantiekosten. "Die Vergütung der vom Hersteller beauftragten Garantiearbeiten muss so bemessen sein, dass die Kosten gedeckt sind und ein angemessener Gewinn im Betrieb hängenbleibt", forderte er.Konkrete HinweiseAber nicht nur die große Politik war Thema der Bundestagung: In einem Forum, an dem vier Fabrikatshändler teilnahmen, gab es ganz konkrete Hinweise auf Handlungsfelder, die es für die Betriebe zu bestellen gilt, um zusätzliche Erträge zu generieren. So warb der Aachener Unternehmer Fritz Kuckartz dafür, sich in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Reifen, Glas, Zubehör und Tuning konkrete Ziele zu setzen und diese auch gemeinsam mit den Mitarbeitern zu verfolgen. Der Northeimer Wolfgang Hermann berichtete unter anderem von guten Erfahrungen, die er mit Angstseminaren für seine Mitarbeiter gemacht habe. So könnten zum Beispiel die Hemmungen der Meister, Zusatzleistungen zu verkaufen, bekämpft werden. Bruno Kemper warb dafür, auch im eigenen Unternehmen unterschiedliche Persönlichkeiten zu akzeptieren: Ein Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Mitarbeitern aufzubauen sei wichtiger, als den Kunden zu einem Kauf zu drängen. Zwar müssten einerseits möglichst alle Leistungen des Autohauses berechnet werden, kleine Geschenke erhielten aber auch die Freundschaft. "Wenn an einer Stelle 25 Euro verschenkt und dafür an anderer 50 Euro Ertrag generiert werden, hat sich das gelohnt", plädierte er für Augenmaß. Einen wichtigen Hinweis gab auch Heinz Preiß aus Glinde: Er habe einer Bank untersagt, Provisionen für bestimmte Produkte direkt an die Mitarbeiter auszuzahlen. Dieses mittlerweile wohl von einigen Instituten praktizierte Vorgehen, den Unternehmensinhaber und Arbeitgeber zu umgehen, müsste unbedingt verhindert werden, weil dadurch Verhaltensweisen gefördert werden könnten, die dem Unternehmen als Ganzes schaden.Zum Abschluss der Diskussionsrunde gab Kuckartz auch noch einen ganz konkreten Hinweis: "2014 werden die im Abwrackprämienjahr 2009 verkauften Fahrzeuge fünf Jahre alt. Das heißt, sie kommen zu ihrem zweiten TÜV-Termin. Nutzen Sie die Chancen, die diese Kontakte bieten."

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