Der Versicherungsschutz einer Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk erstreckt sich nicht auf Fahrzeuge, die von einem unberechtigten Dritten ohne Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers mit roten Kennzeichen versehen worden sind, die die Zulassungsstelle dem Versicherungsnehmer zugeteilt hat. Darauf hat jetzt der Kölner Rechtsanwalt Uwe Brossette hingewiesen. Die Haftungsfrage bei der Verwendung von roten Kennzeichen war bereits vielfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Meist galt es zu entscheiden, ob der Haftpflichtversicherer des Händlers auch dann für einen Schaden einstandspflichtig ist, wenn das an den Kunden verkaufte Fahrzeug bereits übergeben und überführt wurde und somit nicht mehr der Obhut des Händlers unterlag. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer früheren Entscheidung bejaht. Denn grundsätzlich unterstehe ein Fahrzeug solange dem Versicherungsnehmer (Händler), wie es sich in seinem Verantwortungsbereich befinde. In den Fällen, in denen der Händler dem Kunden sozusagen als Service rote Kennzeichen überlässt, erstrecke sich die Verantwortung des Händlers jedenfalls bis zur Rückgabe der Kennzeichen. Demgemäß umfasst die Haftpflichtversicherung des Händlers uneingeschränkt auch diejenigen Fahrzeuge, die noch nach der Übergabe an den Erwerber mit der roten Zulassungsnummer gefahren werden. Folgt die Haftpflicht den Kennzeichen oder dem Fahrzeug? Damit war aber noch nicht die Frage geklärt, ob die Haftpflicht auch dann gegeben ist, wenn der Kunden, die roten Kennzeichen auch für andere Fahrzeuge verwendet. Der Wortlaut der neuen "Sonderbedingungen zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für das Kfz-Handwerk und -Handel" lässt eine derartige Haftungserweiterung vermuten. Denn danach sind ausnahmslos alle Fahrzeuge, die mit roten Nummernschildern versehen wurden, vom Versicherungsschutz umfasst, und zwar dem Wortlaut der Regelung nach ohne Rücksicht, ob sich das Fahrzeug (noch) in der Obhut des Händlers befand oder nicht. Der BGH war daher erneut gefordert und stellte mit einem am 28. Juli 2006 verkündeten Urteil (Az. IV ZR 316/04) erneut die Haftungsfrage klar: In dem Fall hatte ein Händler einem Kunden ein Fahrzeug verkauft und zur Überführung mit roten Kennzeichen versehen. Nach der Überführungsfahrt montierte der Kunde die Schilder eigenmächtig an seinen nicht zugelassenen Altwagen und verursachte bei der anschließenden Fahrt einen Unfall, bei dem drei Personen verletzt wurden und ein Kind starb. Da bei dem Schädiger nichts zu holen war, verklagte eine der Verletzten die Haftpflichtversicherung des Händlers – allerdings ohne Erfolg. Entgegen des weit gefassten Wortlauts der Versicherungsbedingungen sind laut BGH längst nicht alle Fahrzeuge, die mit roten Kennzeichen des Händlers versehen werden, versichert, sondern nur die Fahrzeuge, die einmal zum Bestand des Händlers gehört haben. Eigenmächtiges Handeln Dritter jedenfalls verpflichte die Versicherung nicht. Keine Fremdversicherung Insbesondere liege in diesen Fällen auch kein Fall der sog. Fremdversicherung vor. Eine solche ist typischerweise nur in den Fällen anzunehmen, in denen der Händler Fahrzeuge mit roten Nummer versieht, die er lediglich in Verkaufskommission genommen hat. Auf Fahrzeuge, die nie zu seinem Bestand gehört haben oder auch nur in irgendeinem Bezug zu seinem Betrieb gestanden haben, trifft dies jedoch nicht zu (siehe auch OLG Stuttgart, Urt. v. 31.08.2000). Etwas anderes gilt jedoch in den Fällen der missbräuchlichen Verwendung der roten Nummern durch Händler und Erwerber. Wenn das Kennzeichen zu anderen als im Versicherungsvertrag niedergelegten Zwecken (d.h. Probe-, Prüfungs- und Überführungsfahrten) verwendet wird, liegt ein Verstoß gegen die so genannten Verwendungsklausel der Versicherungsbedingungen vor, der die Versicherung von der Leistung befreit. Wenn der Händler schuldhaft (ggf. gemeinsam mit dem Kunden) hiergegen verstoßen hat, kann die Versicherung kündigen, mit der Folge, dass die Versicherung nicht bezahlen muss. Es empfiehlt sich daher immer, mit dem Kunden schriftlich zu vereinbaren, dass die überlassenen roten Kennzeichen nur zur Überführung übergeben werden und eine andere Nutzung ausdrücklich ausgeschlossen ist. Uwe Brossette Rechtsanwalt uwe.brossette@osborneclarke.com
Praxistipp: Vorsicht bei der Überlassung roter Kennzeichen an Kunden
BGH: Versicherungsschutz erstreckt sich nur auf Fahrzeuge, die einmal zum Händler-Bestand gehört haben