Ausgabe 21/2007: Praktikum im Autohaus

Betriebspraktikum / Praktika haben eine Doppelfunktion: Dem Praktikanten geben sie Orientierung, dem Betrieb eröffnen sie Nachwuchs-Perspektiven.Praktikum im AutohausVon Prof. Hannes BrachatAchtzig Prozent der Schulabgänger wissen nicht, was sie beruflich machen wollen. Grund für die Wirtschaft, aktiv für Aufklärung zu sorgen. Dazu gehören Praktika. Es gibt unterschiedliche Formen von Betriebspraktika. Zum einen schulische Praktika oder Ferienpraktika. Zum anderen Praktika im Vorfeld von Ausbildung und Beruf, also vor oder während eines Studiums. Schulische Praktika werden – je nach Bundesland – meistens zwischen der 8. und 9. Klassenstufe Hauptschule, der 9. und 10. Klassenstufe Realschule oder der 11. Klassenstufe der Fachoberschule absolviert. Ein "Schul-Praktikum" kann zwischen zwei und vier Wochen dauern. Studentische Praktika dauern in der Regel sechs Monate. Ziel des PraktikumsSchulische Praktika sollen erste Eindrücke in bisher unbekannte Lebensbereiche geben, zum Abbau von Schwellenängsten vor der Berufs- und Arbeitswelt beitragen. Es geht um eine Berufsorientierung und gibt zugleich Einblick in die körperlichen und geistigen Anforderungen und Belastungen des möglichen Wunschberufes. Gleichzeitig werden Berufstugenden wie Ausdauer, Aufmerksamkeit, Pünktlichkeit und Teamarbeit eingeübt. Das Betriebspraktikum ist damit eine der besten Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler festzustellen, ob man für einen Beruf geeignet ist bzw. ob der Beruf den eigenen Wünschen entspricht. Aus dem Betriebspraktikum kann sich in Folge ein fester Vertrag für ein Ausbildungsverhältnis ergeben. Der ZDK hat außerdem einen Leitfaden zur Bewerberauswahl an die technischen und kaufmännischen Ausbildungsberufe im Kfz-Gewerbe herausgegeben. Damit soll zugleich die Rate der vorzeitigen Ausbildungsabbrecher reduziert werden. Siehe weitere Details zum Betriebspraktikum unter www.autoberufe.de/Ausbildung. Aus der PraxisDie Arbeiten im Betrieb sollen beim schulischen Praktikum allein der Information der Schülerinnen und Schüler dienen. Daher ist eine Vergütung eines Schul-Praktikums nicht üblich. Anders bei Praktika im Rahmen eines Studiums. Dort werden zuvor die Aufgaben bzw. der Einsatzbereich festgelegt. Pro Monat werden in der Regel zwischen 600 und 850 Euro bezahlt. Praktikantenplätze für Schüler werden über www.autoberufe/ausbildung/ausbildungsbetriebe/index.html, speziell für Mädchen unter www.1-blick.com oder grundsätzlich auch über www.arbeitsamt.de, Rubrik Praktikumsbörse, angeboten. Dort können sich auch interessierte Betriebe registrieren lassen. Schülerinnen und Schüler dürfen unabhängig vom Alter beschäftigt werden. Über 18 Jahre gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz nicht mehr. Höchstzulässige Arbeitszeit für ein Schülerbetriebspraktikum sind pro Tag 7 Stunden, höchstzulässige wöchentliche Arbeitszeit 35 Stunden. Für Jugendliche 40 Stunden. Eine ausreichende Aufsicht durch fachkundige erwachsene Personen ist selbstredend. Haben Praktikanten Zugang zu Daten, die unter das Datenschutzgesetz fallen, sind sie auf die Schweigepflicht hinzuweisen und dazu schriftlich zu verpflichten. Für das Schülerbetriebspraktikum sind keine Beiträge für die Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung zu entrichten, weil das Praktikum von der Schule vorgeschrieben ist. Praktikanten sind kraft Gesetzes unfallversichert. Im Schadenfall hat der Betrieb diesen an den gesetzlichen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft) zu melden. Für das Schülerpraktikum muss der Schulträger eine Haftpflichtversicherung abschließen und die Kosten dafür übernehmen. Ansonsten werden – je nach Lage des Einzelfalls – Vermögens- und Sachschäden von der Haftpflichtversicherung des Betriebes oder des Praktikanten bzw. der Eltern übernommen. Aus dem Notizbuch eines PraktikantenAUTOHAUS sprach mit dem Praktikanten Claudius Brachat (18), der ein vier Wochen dauerndes Betriebspraktikum in einem VW- und Audi-Autohaus absolviert hat, über seine Erfahrungen: AH: Was waren Ihre Erwartungen an das Betriebspraktikum?C. Brachat: Ich stehe im letzten Jahr vor dem Abitur und will mich kundig machen, in welchem Bereich ich einmal beruflich tätig werden möchte. Und dazu gehört die Automobilwirtschaft.AH: Welche Leistungsbereiche haben Sie im Autohaus kennen gelernt?C. Brachat: Die erste Woche stand ich am Info-Tresen, die zweite Woche in der Direktannahme und der Werkstatt, in der dritten Woche im Teilelager und der Disposition und in der vierten Woche im Neu- und Gebrauchtwagenverkauf. AH: Was hat Ihnen im Praktikum am besten gefallen?C. Brachat: In der Gesamtschau die Vielfalt. Persönlich jeweils, wenn ich selber aktiv etwas beitragen konnte. Und da hatte ich in der Werkstatt einen ganz tollen Mechaniker, der fachlich hervorragend erklären konnte, der etwas vormachte und mich sogleich nachmachen ließ. Außerdem hatte ich über die gesamte Zeit einen sehr verständigen Ansprechpartner, mit dem ich über die einzelnen Tage sprechen konnte und an den ich jeweils meine offenen Fragen richten konnte. Als mir der Finanzleiter dann am Ende des Praktikums noch 300 Euro übergab, habe ich wirklich innere Freudenzucker bekommen. Das war weder Anspruch noch Erwartung, sondern eine ganz großzügige Überraschung. AH: Und was hat Ihnen am wenigsten gefallen?C. Brachat: Wahrscheinlich ist das im Leben immer so, dass es davon abhängig ist, mit welchen Menschen man zusammenarbeitet. Die einen sind offen, haben Verständnis für einen Praktikanten, beziehen einen ein. Bei den anderen hat man den Eindruck, man ist lästig. Bitte keine Fragen stellen. Das hält nur auf. Und das erinnert einen an die Schule. Der eine Lehrer kann sehr gut erklären, kann einen begeistern, der andere nicht. Und dann gibt es eben Arbeiten, die man rein inhaltlich lieber macht als anderes. Unnützes Rumstehen ist allerdings am schlimmsten. Aber das kam Gott sei Dank nicht vor.AH: Welche wichtige Erfahrungen nehmen Sie für sich aus dem Praktikum mit?C. Brachat: Ich musste mein Vorurteil über Mechaniker völlig revidieren. Da ging ich mit größtem Respekt weg. Wir hatten beispielsweise ein Navi-System zu reparieren. Als ich im Lager arbeitete, wurde mir klar, wie wichtig das konfliktfreie Zusammenwirken zwischen Verkauf, Teilelager und Service ist. Da stellt jeder einfach alles im Lager ab. Der "Magaziner" wird das schon richten. An der Infozentrale staunte ich über die unterschiedlichen Kunden, was da alles über das Telefon ankommt, wie der Kunde im Einzelnen gesteuert wird. Das Phänomen der Direktannahme lernte ich zum ersten Mal kennen. Am meisten zu Lachen hatte ich mit den Verkäufern. Typen! Jeder ist anders. Auch in der Verkaufsmethodik. Der eine hat mehr eine softe Verkaufsmethode, der andere drückt und drängt. Es war wirklich eine Zauberwelt für sich, wo der einzelne Verkäufer seine Kunden jeweils abholte und wie er individuell betreut wurde. Ich bin wirklich für alle Erkenntnisse sehr dankbar. www.autohaus.de/PraktikumDen Wortlaut eines Mustervertrags über ein Schüler-Betriebspraktikum sowie einen Mustervertrag für einen Praktikantenvertrag (Pflichtpraktikum, siehe Abb.) finden Sie unter www.autohaus.de/praktikum. Dazu kommt meist ein Ergänzungsblatt zur Geheimhaltungs- und Informationsschutzverpflichtung sowie Hinweise zur Arbeitszeit, Lohnsteuerkarte, Abwesenheitstage, Praktikumsbericht, Gehaltsabrechnung etc. Ein Muster für eine Praktikumsbescheinigung finden Sie ebenso unter www.autohaus.de/praktikum. Praktikantenzeugnisse umfassen außerdem eine exakte Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten, wobei Arbeitsqualität, Arbeitsweise, Motivation, Team-, Kundenorientierung und Kommunikationsfähigkeit Beurteilungskriterien sind. Fazit: Die Branche ist auch in dieser Frage gefordert!

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