Werkstattplanungssysteme: "Plane mir meine nächste Rädersaison"

Die Verwaltung einer Autowerkstatt erfordert einiges an Planung und Koordination. Werkstattplanungssystemen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Entsprechend wichtig ist es, ein Tool zu finden, das für die eigenen Anforderungen geeignet ist und so auf den täglichen Workflow einzahlt. Seit 27 Jahren ist auch Ralph Landwehr in dem Bereich mit seinem Unternehmen tätig. Werkstattplanungssysteme hat der Soft-nrg-Geschäftsführer mit seinem Team schon in rund 4.100 Betrieben implementiert. Er weiß, worauf es ankommt. Ein Kernelement eines Werkstattplanungssystems ist in seinen Augen die Anpassbarkeit an betriebsindividuelle Gegebenheiten. Gerade im Premiumbereich mit seinen feinkörnigen Mitarbeiterrollen müssten die Systeme zudem "ganze Herstellerphilosophien" abbilden und in den Planungsvorgang miteinbeziehen, weiß der Experte. Entsprechend wichtig ist es, dass die Systeme in mehrere Richtungen offen sind: zum OEM, zur Warenwirtschaft und zu anderen Systemanbietern. Das erklärte Ziel: möglichst wenig händisch machen. Online-Terminbuchung Nicht weniger wichtig ist die Kommunikation mit den Kunden. Anstatt in der Werkstatt anzurufen, nutzen immer mehr die Möglichkeit der Online-Terminbuchung. Von Loco-Soft einmal abgesehen, stellen alle hier vorgestellten Werkstattplanungssysteme dem Handel ein solches Online-Buchungsportal zur Verfügung. Mitunter holt man sich dabei auch Hilfe: So kooperiert Topmotive mit G.A.S., um seinen Kunden mit FleetNI ein Online-Buchungstool zur Verfügung stellen zu können. Beim WPS, dem Planungstool von HRF, das von Betzemeier übernommen wurde, können die Händler ihre Online-Terminbuchung frei konfigurieren. Das gehe "sehr kleinteilig", erklärt Maximilian Betzemeier. "Dabei greift die Online-Terminbuchung auf die echten Ressourcen in der Werkstatt zurück und berücksichtigt dabei Kapazitäten und Fähigkeiten der Mitarbeiter in der Werkstatt." Mitarbeiterzuteilung Derzeit erprobt der Softwarehersteller zudem eine Lösung bei der Mitarbeiterzuteilung, bei welcher die Zuteilung der Werkstattaufträge automatisch und unter Vorgabe von Qualifikationen und Prioritäten auf die Monteure erfolgt. "So werden die Verwaltungsaufgaben für die Werkstattleiter reduziert und die Werkstatt digitalisiert", erklärt Betzemeier. Ähnlich kleinteilig funktioniert die Terminbuchung bei Soft-nrg, Topmotive, und Zeitmechanik. Mitarbeiter, Hebebühnen oder spezielles Werkzeug berücksichtigen deren Softwarelösungen direkt in der Terminbuchung. Bei Loco-Soft ist es möglich, verschiedene Mitarbeitergruppen zu erstellen. Die Rollen sind frei definierbar - ebenso die Klassifikation von Mechanikern. Welchen Erfolg eine solche Digitalisierung der Werkstattplanung für die Endkunden und die Betriebe hat, zeigt die Zeitmechanik. "Eine Werkstatt kann ich nur richtig auslasten, wenn ich den besten Mitarbeiter für den Auftrag mit den richtigen Qualifikationen und der notwendigen Zeit buche. Da sind oft 15 - 20 Prozent Auslastungssteigerung drin", sagt Simon Krüger, Geschäftsführer der Zeitmechanik. Onlineterminplanung Auch beim Digitalen Autohaus, Zeitmechanik und bei Soft-nrg ist eine solch feine Aufteilung der Onlinetermine bei der Serviceplanung möglich. Die Verfügbarkeit von Ressourcen wird in Echtzeit aktualisiert, um Überbuchungen zu vermeiden und die Auslastung zu optimieren. Kundeninformationen, Fahrzeugdaten und Belege können dabei ebenfalls verknüpft werden. Auch bei Loco-Soft und WPS ist eine solche Zuweisung der Arbeit nach Mitarbeitergruppen möglich. In TmERIK, dem Planungstool von Topmotive, können Mitarbeiter, Hebebühnen oder sonstige Werkstatteinrichtungen als Ressource erfasst und direkt einem Termin zugeordnet werden. Planungssystem als Kommunikationsdrehscheibe Mittlerweile, erklärt Landwehr, fungieren die Planungssysteme auch zunehmend als Kommunikationsdrehscheiben und informieren Kunden per SMS, Mail oder über entsprechende Hersteller-Apps der OEMs darüber, welchen Service-Status ihr Fahrzeug gerade hat und wann es abgeholt werden kann. Mit weiteren "Gimmiks" wie einem Online-Check-In werde der Automatisierungsgrad weiter in die Höhe geschraubt und zugleich dafür gesorgt, dass "der Kunde zunehmend in das ganze Servicegeschehen miteinbezogen wird", erklärt Landwehr. Um das umzusetzen, arbeitet manch ein Softwarehersteller mit Nischenanbietern zusammen, andere wiederum bieten eigene Produkte. Cloud oder lokal? Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Frage, ob die Software lokal installiert oder in eine Cloud ausgelagert wird. "Wenn sich jemand im Autohaus damit beschäftigen muss, bündelt das natürlich auch wieder Ressourcen", erklärt Landwehr. Gerade kleineren Handelsbetrieben dürfte daher eine Cloudlösung in die Karten spielen, da die Pflege und Wartung eigener Serverstrukturen Geld und Arbeitszeit kosten. Umgekehrt stellt sich dann wiederum die Frage, wo deren Server stehen und wie gut sie vor Cyberangriffen geschützt sind. Idealerweise müsse der Anbieter nachweisen können, "dass IT-Sicherheit für ihn Standard ist", so der Experte. "Da sollten sich die Autohäuser die Anbieter zur Brust nehmen, was die Themen Datenschutz und Cyber Security anbelangt." Zwar sind Cloudsysteme in der Regel besser geschützt als die lokalen IT-Systeme eines kleineren Handelsbetriebs, seine Daten aus der Hand zu geben ist jedoch immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Eine Sicherheits-Zertifizierung schafft hier Vertrauen, ist aber auf Seiten der Softwareschmieden mit einem enormen Aufwand verbunden. Einen Schritt weiter geht hier Soft-nrg mit der TISAX-Zertifizierung (Trusted Information Security Assessment Exchange). Eine TISAX-Zertifizierung wird insbesondere von deutschen Automobilherstellern und der Großindustrie gefordert, da hier mit vertraulichen bis hin zu geheimen Daten gearbeitet wird. Laut den Anbietern werden DSGVO-, Cyber-Security- und Datensicherheit-Standards eingehalten. Bei Topmotive heißt es beispielsweise, dass man mit einer Kooperation mit Microsoft "auf die sichersten Prozesse und Standards" zurückgreifen könne, und auch Zeitmechanik teilt mit, die Vorgaben mithilfe modernster Technologien umzusetzen. Bei Loco-Soft und HRF setzt man auf eine lokale Lösung. Bei HRF ist man jedoch gerade dabei, ebenso eine cloudbasierte Software zur Verfügung zu stellen, erste Pilothändler arbeiten bereits mit dem System. Eine Sonderrolle nimmt Zeitmechanik ein. Die Cloudlösung verfügt als einziger Anbieter nicht selbst über eine Kunden- und Fahrzeugdatenbank, sondern bindet sich an die des Kunden-DMS an. So können die Daten eines jeden DMS genutzt und weiterverwendet werden, sodass sich die Zeitmechanik nahtlos in die Abläufe des Autohauses integriert. Support "Das erste Auto verkauft der Sales, das zweite der Service heißt es im Handel - und für Werkstattplanungssysteme gilt das genauso", erklärt Landwehr. Entsprechend kundenorientiert agieren die verschiedenen Softwareschmieden in diesem Bereich. Telefon- und Mail-Support bieten alle. Und bei allen gehen Experten am Telefon Auskunft, die sich mit dem System gut auskennen. Auch das Erstellen eines Tickets ist bei den meisten wie beispielsweise Soft-nrg, Zeitmechanik, Digitales Autohaus möglich. Manche, wie beispielsweise Loco-Soft oder Zeitmechanik, haben eine weitere Kontaktmöglichkeit in die Schnellstartleiste ihrer Software integriert oder verfügen wie Topmotive zusätzlich über ein Helpcenter. Preise Am Ende des Tages ist die Frage, welches Werkstattplanungssystem für das eigene Autohaus in Frage kommt, auch preisgetrieben. Bei HRF, Soft-nrg und Digitales Autohaus wird in der Regel ein Betrag im unteren dreistelligen Bereich fällig. Für die Erstellung eines Centers werden bei Digitales Autohaus zudem einmalig 2.500 Euro in Rechnung gestellt, wobei darin auch Online-Schulungen enthalten sind. Loco-Soft arbeitet mit einem gestaffelten Modell: Der erste Arbeitsplatz schlägt mit 82,95 Euro zu Buche, ab dem fünften werden lediglich noch 19,95 Euro fällig. Ähnlich sieht das Modell von Zeitmechanik aus. Auch dort gibt es Staffelpreise - allerdings nur für die Monteure. Kostet der erste noch 40 Euro, sinkt der Preis ab dem zehnten auf 5,90 Euro - inklusive Online-Schulungen und Prozessberatung. Die Mitarbeiterzugänge sind kostenfrei. Bei Topmotive gibt es zwei Pakete mit unterschiedlichen Umfängen und Einstiegspreisen von 35 Euro monatlich. Soft-nrg vermarktet seine Werkstattplanung aus der Cloud im Bundle zusammen mit der Ersatzwagenplanung und Räder-Reifeneinlagerung für 164 im Monat. Drei User sind inkludiert, ab dem vierten entstehen weitere Kosten von je 21 Euro. Zukunftsaussichten Künftig wird die Software noch mehr Arbeit abnehmen und Prozesse weiter automatisieren. Digitale Assistenten wie Bots unterstützen oftmals schon bei der Terminvergabe. "Letztlich geht es darum, den Algorithmus mit Anforderungen zu füttern und fertiggerechnete Ergebnisse zurückzubekommen", erklärt Landwehr. Eine weitere Entwicklung betrifft die Interaktion mit dem Programm. Mithilfe besserer Sprachmodelle und dem Einsatz von KI werde man, so die Softwareanbieter, mit den Planungssystemen künftig Befehle durch Spracheingabe geben können. "Die Applikation sucht sich dann beispielsweise aus dem Bestand der Rädereinlagerungen die Kunden aus, checkt die Kommunikationskanäle zu ihnen und macht eine Vorausplanung", erklärt Landwehr. Bei manchen Anbietern ist sie schon da. Digitales Autohaus nutzt künstliche Intelligenz bei der Terminplanung. Soft-nrg berechnet Servicetermine auf Basis der Constraint Programmierung, ein Bereich der künstlichen Intelligenz, um eine bessere und autarke Werkstattplanung zu ermöglichen. Zudem werde das Thema NLP demnächst eine wichtige Rolle spielen, ist sich Landwehr sicher. "In Zukunft wird viel zu erwarten sein. Vielleicht sogar: Hey Werkstattplaner, plane mir meine nächste Rädersaison", so der Experte.

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