Ausgabe 17/2013: Mittendrin

Schlimmer kann es bei der Mitarbeitersuche kaum kommen: Quasi Vollbeschäftigung, und Großkonzerne wie Daimler, Bosch und Porsche als Personalmagneten in unmittelbarer Nachbarschaft. So mancher Mittelständler verzweifelte da. Nicht so das Renault-Autohaus von der Weppen in Stuttgart. Die Schwaben haben kaum Probleme, gute Auszubildende und Fachkräfte zu finden. Finanz- und Personalleiterin Gabriele Hartung erinnert sich an die letzte Bewerbungsrunde für Auszubildende: "Da hatte ich 150 bis 200 Mappen in der Hand." Und dafür müsse man nicht einmal Werbung machen, denn "von der Weppen als Familienunternehmen ist in Stuttgart dafür bekannt, dass wir sehr gut ausbilden." In Form von Mundpropaganda wirke sich das auch auf den Bewerbungseingang aus: "Oft kommen Lehrlinge und empfehlen jemanden." Der gute Ruf des Unternehmens hilft also bei der Suche nach neuem Personal.Praktika zur OrientierungDass hinter solch einem Ruf harte Arbeit steckt, unterstreicht Geschäftsführer Klaus von der Weppen: "Wir vermitteln ja eine entsprechende Ausbildung." Die Vorbereitungen dafür sind langfristig, denn Schüler der Abschlussklassen können bei von der Weppen im Rahmen von Schulpraktika regelmäßig Autohausluft schnuppern. Generell spielen Praktika für von der Weppen und Hartung eine wichtige Rolle bei der Auswahl neuer Auszubildender; ihnen ist wichtig, dass sie zum Beruf, vor allem aber auch in das Team passen. Deshalb laden sie die vielversprechenden Kandidaten zum Schnupperpraktikum ein, in dem die potenziellen Auszubildenden alle für ihren späteren Beruf relevanten Unternehmensbereiche kennenlernen. "Wir möchten gerne wissen, wie sie sich im Alltag bewegen", sagt Hartung. "Es gibt ja verschiedene Menschentypen. Die einen sind wissbegierig und freundlich, die anderen eben weniger."Denn auf den Menschen kommt es den Stuttgartern letztlich an. Auch wenn es in den wichtigen Fächern mindestens eine Drei sein sollte, Zeugnisnoten sind laut Gabriele Hartung nicht das ausschließliche Auswahlkriterium. Denn sie dienen nur als erste Orientierung bei der Einladung zum ersten persönlichen Treffen. Während einer Vorstellungsrunde erfahren die Bewerber im ersten Schritt alles Wissenswerte über das Autohaus und sein Geschäftsfeld. Noch vor den Einzelgesprächen folgt dann ein von der Innung entwickelter Wissenstest, der Kenntnisse aus den Bereichen Deutsch und Mathe sowie Allgemeinwissen abfragt und sofort ausgewertet wird. Der Gesamteindruck entscheidet dann, wer die Chance auf das Praktikum und damit den Ausbildungsplatz erhält. "Wir beobachten natürlich, wie sich die Bewerber verhalten", sagt Gabriele Hartung. "Da kann man die Menschen schon einschätzen."Der Ernst des LebensDerzeit erlernen genau 28 Auszubildende ihren späteren Beruf bei von der Weppen. Sie alle wurden am ersten Tag auf die gleiche Art begrüßt: Im Rahmen einer Einführungsrunde erfuhren sie alles grundsätzlich Wichtige rund um Unternehmen und Ausbildung. Anschließend lernten sie alle Standorte des Unternehmens kennen, zum Abschluss spendierte das Autohaus ein gemeinsames Essen. Die intensive Betreuung der Auszubildenden erstreckt sich aber über die gesamte Ausbildungszeit. Mit einem festen Ansprechpartner haben sie bei Fragen oder Problemen eine Art Paten im Unternehmen. "Da werden alle Lebenslagen angesprochen", so Gabriele Hartung. "Es gibt ja nicht nur berufliche, sondern auch mal menschliche Probleme." Auch die Geschäftsführung habe immer ein offenes Ohr für ihre Auszubildenden: "Wir sind ein Familienunternehmen. Da sehen uns die Mitarbeiter am Hauptstandort jeden Tag." Außerdem vertreten bei von der Weppen Azubisprecher die Anliegen der Auszubildenden.Darüber hinaus hält das Unternehmen engen Kontakt zu den Berufsschulen. Klaus von der Weppen sagt: "Da begleiten wir die jungen Menschen sehr eng." Er möchte die Auszubildenden vom ersten Tag an als vollwertige Mitglieder der Gemeinschaft integrieren: "Geschäftsleitung und Mitarbeiter müssen die Bereitschaft zeigen, die jungen Leute wirklich aufzunehmen." Ein Ausdruck dieser Politik ist, dass schon die Auszubildenden kleine Prämien erhalten, wenn sie besonders gute Leistungen gezeigt haben.Weiterentwicklung zähltNatürlich profitiert auch das Autohaus selbst von seiner Mitarbeiterorientierung. Denn gerade weil in der Region Stuttgart viele Großkonzerne mit oftmals höheren Gehältern und geringerer Arbeitszeit um Arbeitskräfte buhlen, ist die Mitarbeiterbindung für das Autohaus von der Weppen besonders wichtig. Diese Löhne könne er zwar nicht zahlen, sagt Klaus von der Weppen. Aber: "Bei uns gibt es kein Hireand-Fire. Wir halten unsere Mitarbeiter auch in schlechteren Zeiten an Bord." Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten finde man hierzu immer Lösungen. Ein wichtiges mittelbares Bindungs instrument ist für von der Weppen übrigens eine gute Werkstattauslastung: "Dann können wir den Mitarbeitern Prämien zahlen und so einen fairen und angemessenen Lohn sicherstellen." Das aber funktioniert nur, wenn das Team gute, hochqualitative Arbeit leistet. Und die könne nur erreichen, bringt es Gabriele Hartung auf den Punkt, "wer einen bestimmten Wissensstand hat und sich immer weiter entwickelt. Und diese Möglichkeit haben alle bei uns." So unterstützt von der Weppen die Mitarbeiter bei der Ausbildung zum Renault-, Service- oder Diagnosetechniker, aber auch bei der Meisterausbildung oder beim Studium. "Das ist die Fortsetzung der Ausbildung", sagt Klaus von der Weppen. Und auf die Weiterbildungsangebote des Herstellers könnten die Mitarbeiter über das Renault-Netz jederzeit direkt zugreifen.Um ihre Mitarbeiter dorthin zu entwickeln, wo sie am meisten leisten können, befassen sich die Stuttgarter intensiv mit ihren Mitarbeitern - beobachten ihre tägliche Arbeit, führen aber auch regelmäßig Mitarbeitergespräche. "Da sprechen wir an, wo der Mitarbeiter steht, wohin er möchte und wie das funktionieren könnte", sagt Klaus von der Weppen. "Wir fragen jeden, wo er sich in drei, vier oder fünf Jahren sieht", ergänzt Gabriele Hartung. Hier biete die Struktur des Unternehmens wieder besondere Möglichkeiten: "Jeder unserer Lehrlinge kann später zum Beispiel auch Verkaufs-, Werkstatt- oder Betriebsleiter werden." Schon während der Ausbildung fördert das Autohaus das Verantwortungsgefühl der Auszubildenden, zum Beispiel indem es ihnen kleinere Projekte überträgt. Ein Erfolg all dieser Maßnahmen: Es gibt Mitarbeiter, die seit Beginn ihrer Ausbildung vor über 35 Jahren im Unternehmen arbeiten.Chancen für QuereinsteigerDie Ausbildung ist aber nicht die einzige Möglichkeit für eine erfolgreiche Laufbahn bei von der Weppen. Denn auch Quereinsteiger bekommen ihre Chance."Man kann das, wofür man sich mit 16 oder 18 entschieden hat, später ja auch noch einmal überdenken", erklärt Unternehmenschef Klaus von der Weppen seine Offenheit gegenüber Bewerbern aus anderen Branchen und Berufen. "Wir hatten schon einen Bäckermeister, der es bei uns zum Betriebsleiter geschafft hat." Eine solche Entwicklung ist natürlich nicht ohne vorherige Umschulung zu realisieren.Übrigens gibt das Autohaus von der Weppen nicht nur qualifizierten Quereinsteigern eine Chancen, sondern auch Jugendlichen, die bei vielen Unternehmen kaum eine Chance auf einen Ausbildungsplatz hätten. So auch in diesem Ausbildungsjahr. "Auf Bitten eines unserer Lehrlinge hat sich ein junger Mann bei uns vorgestellt, mit nicht wirklich guten Noten", sagt Gabriele Hartung. Er durfte nichtsdestotrotz ein zweiwöchiges Praktikum absolvieren. "Jeder unserer Leute hat den Jungen gelobt. Freundlich, wissbegierig und schnell. Ein sehr netter, anständiger Mensch." Das Ergebnis: Mit der Auflage eines zusätzlichen Mathekurses gehört er zu den Auszubildenden des Lehrjahres 2013. "Man muss die jungen Menschen an der einen oder anderen Stelle sicher an die Hand nehmen", fasst Klaus von der Weppen diese Einstellung zusammen. Was auch unabhängig vom Einzelfall zu Erfolg bei der Entwicklung qualifizierten Nachwuchses führt: So erzielten im gerade beendeten Schuljahr elf der von-der-Weppen-Auszubildenden einen Notenschnitt von 2,0 oder besser.Kurzfassung1. Für das Autohaus von der Weppen besitzt das Thema Ausbildung strategische Bedeutung.2. Die hohe Ausbildungsqualität wirke sich unmittelbar auf die Arbeitgeberattraktivität aus, so das Stuttgarter Familienunternehmen.3. Auf diesem Wege sichert sich das Autohaus einen guten Startplatz im Fachkräftewettbewerb: Obwohl in Stuttgart auch Daimler, Porsche, Bosch und Co. um Mitarbeiter werben, bewarben sich 2013 über 150 Schulabgänger für eine Ausbildung bei von der Weppen.Das Autohaus v. d. WeppenMarken: Dacia, Nissan, Opel, RenaultStandorte: 5 in Stuttgart, Heilbronn und WeimarMitarbeiter: 140, davon 28 Auszubildende

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