Autohaus-Finanzierung im Niedrigzinsumfeld (teil 2): Mit niedrigen Zinsen richtig umgehen

Der erste Teil dieses Beitrags (siehe AUTOHAUS 12-2016) hat das Phänomen Niedrigzinsphase generell beleuchtet und sodann Grundsatzüberlegungen zu Konditionen, Laufzeit und Risiko angestellt sowie auf die Kreditkosten und die Inventur bestehender Finanzierungen fokussiert. Im zweiten Teil geht es nun um weitere praktische Fragestellungen wie Zinsfestschreibungsmodalitäten oder Kündigungsmöglichkeiten und -fristen. Keine existenzgefährdenden Risiken eingehen Wahrheiten sind meist einfach. So auch hier. Wenn Kreditnehmer einen Jahresüberschuss von z. B. 250.000 Euro erwirtschaften, können sie höchstwahrscheinlich ein Zinsrisiko von 50.000 Euro gut "verkraften". Erwirtschaften sie "nur" 50.000 Euro Überschuss, dann werden 50.000 Euro Zinsrisiko existenzbedrohende Schwierigkeiten auslösen. Es gilt also im Einzelfall kritisch abzuwägen, welche Risiken verkraftbar sind und welche nicht. Sicherheit hat Vorfahrt! Momentan hat man den Eindruck, dass Zinsen keine Rolle mehr spielen (sollen), da sie weitgehend abgeschafft sind. Es ist eine spannende Frage, wie lange das so bleiben wird - und können die Zinsen auch wieder steigen? Ja, sie können nicht nur wieder steigen, sie werden auch wieder steigen! Es erscheint mehr als unwahrscheinlich, dass Geld in Zukunft keinen Preis mehr haben wird, denn das würde unseren Vorstellungshorizont übersteigen und zu unüberschaubaren Verwerfungen führen. Es geht also auch in der Niedrigzinsphase darum, die Weichen so zu stellen, dass sie auch in einer "Normalphase" in die richtige Richtung führen. Inhaber/Geschäftsführer sind gut beraten zu ermitteln, wie stark sich mehrere Prozent Zinssteigerung auf ihr Betriebsergebnis auswirken. Grundsätze einer seriösen Autohausfinanzierung beachten Lassen Sie sich nicht von niedrigen Zinsen, sondern in erster Linie von seriösen Finanzierungsgrundsätzen leiten, die da lauten: 1. Neben dem Anlagevermögen auch den Teil des Umlaufvermögens, der - da dauerhaft vorhanden - ebenfalls langfristig Kapital bindet, auch langfristig finanzieren. 2. Die Kreditlaufzeiten der wirtschaftlichen Nutzungsdauer anpassen. 3. Die Höhe der Kreditlinien am Spitzenbedarf ausrichten. 4. Die tatsächlichen Kapitaldienstleistungen müssen im Rahmen der Kapitaldienstfähigkeit liegen. 5. Zinsfestschreibungszeiten an der jeweiligen Kapitaldienstfähigkeit ausrichten. Das ist zwar keine Garantie für ein finanzielles Wohlbefinden, aber eine gute Voraussetzung dafür. Darlehen gegen Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig zurückzahlen? Wenn Kreditnehmer noch Darlehen mit (relativ) hohen Zinssätzen haben, besteht der verständliche Wunsch, diese Darlehen durch zinsgünstigere abzulösen. Banken sind zu einer vorzeitigen Rücknahme der Darlehensbeträge nur verpflichtet, wenn z. B. ihr Kreditnehmer das belastete Grundstück verkauft oder wenn eine andere Bank es, im Gegensatz zur bisherigen Bank, beleihen will. Ansonsten ist es in das Belieben der Bank gestellt, eine vorzeitige Rückzahlung zu akzeptieren oder auch nicht. Akzeptiert die Bank die vorzeitige Rückzahlung, verlangt sie fast immer eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung. Die Vorfälligkeitsentschädigung soll der Bank den Schaden, der ihr durch die vorzeitige Rückzahlung entsteht, entgelten. Wie die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu erfolgen hat, ist in mehreren höchstrichterlichen Urteilen nachzulesen und soll hier nicht detailliert beschrieben werden. Ob und wann sich eine vorzeitige Rückzahlung gegen Vorfälligkeitsentschädigung lohnt, kommt auf die Punkte Zinssatz bisher, Zinssatz neu, Restlaufzeit der bisherigen Festschreibung und neue Festschreibungsdauer an. Führen Sie, oder lassen Sie eine entsprechende Berechnung durchführen, so dass klar ist, ob sich die vorzeitige Rückzahlung lohnt oder auch nicht. Im Internet finden Sie eine Vielzahl von hilfreichen Berechnungsmodulen. Variabel oder Festschreibung? Bleibt die Grundsatzfrage: Soll man die Zinsen festschreiben oder lieber variabel finanzieren in der Hoffnung, dass es noch günstiger wird? Es geht um die persönlichen Zinsstrategien: Wie lange variabel? Wann und wie lange fest? Dabei handelt es sich um Fragen, die niemand verlässlich beantworten kann, nicht einmal "Fachleute". Man könnte sagen: Solange selbst am fernen Horizont keine Spuren von Zinserhöhungstendenzen aufscheinen, kann man getrost variabel bleiben. Aber auch dabei bleibt ein Problem ungelöst: wer kann schon zuverlässig kurzfristige Zinsbewegungen und Gegenbewegungen von einer Trendwende unterscheiden? Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte festschreiben, und zwar so lange, bis auch (kräftig) steigende Zinssätze dank einer dann niedrigen Restschuld gut verkraftbar sind. Zunächst ist wichtig, was finanziert wird: Danach richten sich Nutzungsdauer und Finanzierungslaufzeit. Jetzt kann auch die Festschreibungsdauer definiert werden. Handelt es sich um die Anschaffung einer Gerätschaft, die eine Nutzungsdauer von 5 Jahren hat, kommt ein Darlehen mit 5-jähriger Laufzeit und ebenso langer Zinsfestschreibung in Frage. Hat das zu finanzierende Wirtschaftsgut eine Nutzungsdauer von 15 oder 20 Jahren, ist auch eine entsprechende Laufzeit und Zinsfestschreibung zu wählen - es sei denn der freie Netto-Cashflow ist (dauerhaft) so hoch, dass eine kürzere Laufzeit verantwortbar ist. Für diesen Fall kann aber auch die Vereinbarung von außerplanmäßigen Tilgungsmöglichkeiten helfen. Bleibt die Frage: "Wie lange festschreiben"? Antwort: "Über die gesamte Laufzeit"! Wird eine Festschreibungszeit von über 10 Jahren benötigt, können Sie ruhig auch über 20 Jahre festschreiben, denn nach 10 Jahren können Sie mit einer Frist von 6 Monaten kündigen, ohne dass Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen ist, und sich neu orientieren. Die Statistik zeigt, dass die meisten Immobiliendarlehen mit einer Zinsfestschreibung von 10 Jahren vereinbart werden, obwohl die 5-jährige Zinsfestschreibungsfrist die günstigsten Konditionen bietet. Für "ausgefuchste" Rechner kann unter Umständen auch ein Forward Darlehen in Frage kommen. Wenn man variabel oder nur mit kurzer Zinsfestschreibungszeit finanziert, aber trotzdem nicht ohne Sicherheitsnetz arbeiten will, kann man schon "heute" den Zinssatz für "morgen", gegen Gebühr, fest vereinbaren. Letztlich muss jeder Kreditnehmer selbst entscheiden, welches Maß an Risiko er aus Zinsänderungen eingehen möchte oder kann. Allgemeingültige Regeln gibt es dabei nicht. Kündigungsmöglichkeiten beachten Am besten lassen Sie sich von einem kompetenten Fachmann die Bedeutung und Möglichkeiten von Zinsfestschreibungsvereinbarungen aufzeigen und deren Auswirkungen anhand von Modellrechnungen darstellen. Wenn wir einmal davon absehen, dass Kontokorrentkredite jederzeit, ohne Einhaltung einer Frist kündbar sind, so gibt es für Darlehen entsprechende Fristen, die es zu beachten gilt: Darlehen ohne Zinsfestschreibung, also mit variablen Zinsen, können jederzeit mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Darlehen mit einer Zinsfestschreibung bis 1 Jahr können zum Ablauf der Festschreibung gekündigt werden. Darlehen mit Zinsfestschreibung über 1 Jahr können mit einer Frist von 1 Monat zum jeweiligen Ablauftermin gekündigt werden. Darlehen mit Zinsfestschreibung von über 10 Jahren können nach Ablauf mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden. Zukunftsaspekte: Basel III und die Fristentransformation Vorsicht - beachten Sie, dass sich die Situation bei langfristigen Finanzierungen mit langfristiger Zinsfestschreibung durch die noch in der Umsetzungsphase befindlichen Vorschriften von Basel III nachteilig verändern und sich dann auf künftige Finanzierungsvorhaben auswirken werden. Von den Basel-III-Vorschriften zur künftigen Liquiditäts- und Bilanzstruktur wird insbesondere die "Net Stable Funding Ratio" (NSFR) - also die Forderung nach Fristenkongruenz zwischen Anlagen und Verbindlichkeiten Auswirkungen auf langfristige Darlehen mit Zinsfestschreibung haben. Eine heute typische Bankbilanzstruktur mit hohem Bestand langfristiger Firmenkundenkredite und länger laufender eigener Anlagen bei einem gleichzeitig hohen Anteil kurzfristiger Kundeneinlagen ist nach Umsetzung der NSFR kaum noch möglich. Hier wird es zu einer spürbaren Einschränkung der Fristentransformationsmöglichkeiten kommen. Das bedeutet: weniger langfristige Darlehen mit langfristiger Zinsfestschreibung. Da Kapitalmarktfinanzierungen nur für wenige große Autohäuser eine Alternative sind, bleiben Bankkredite die wichtigste Finanzierungsquelle. Bleiben noch Nischenprodukte, wie Leasing, Factoring etc. Fazit So erfreulich die niedrigen Zinsen für Kreditnehmer auch sind, sie werfen nur individuell zu beantwortende Fragen auf. Für Schnäppchenjäger stellt sich die Frage "Soll ich zunächst mit variablem Zinssatz finanzieren, um bei weiteren Zinssenkungen einen noch günstigeren Zinssatz zu erreichen?" Oder: "Ich wähle eine Zinsfestschreibung auf 5 Jahre, denn dann bekomme ich den derzeit günstigsten Zinssatz." Für Sicherheitsorientierte Kreditnehmer ist klar, so lange die Zinsen festzuschreiben, bis die Restschuld bei Ablauf der Festschreibungszeit nur noch so hoch ist, dass ein dann auch höherer Zinssatz nicht mehr zum Risiko wird. Als Unternehmensverantwortlicher sollten Sie dem Sicherheitsgedanken auch im Niedrigzinsumfeld einen hohen Stellenwert einräumen. Martin Dieter Herke berät seit über 30 Jahren mittelständische Betriebe, ist Autor (u. a. von AUTOHAUS -Fachbüchern und -Fachartikeln) und gefragter Referent in der Automobilbranche.www.unternehmensberatung-herke.de

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