Der chinesische E-Auto-Hersteller Nio hat das Interesse an der Übernahme des Audi-Werks in Brüssel dementiert. Zuvor berichteten verschiedene Medien, unter anderem die belgischen Wirtschaftszeitungen "De Tijd" und "L’Echo", dass eine Nio-Delegation das Werk bereits besucht hätte. Ein Übernahmeangebot an den Volkswagen-Konzern sollte folgen.
Nio: Vorsicht bei Investitionen
Nio habe keine Pläne, das Audi-Werk zu übernehmen, zitiert das Branchenportal "Automobil-Industrie" Nio-Gründer William Li unter Berufung auf eine Meldung des chinesischen Nachrichtenportals "CNEV Post". Das Unternehmen sei vorsichtig bei Investitionen in Sachanlagen. Die Ausnahme seien Batteriewechselstationen. "Wie kann sich Nio eine Fabrik leisten, die sich Audi nicht leisten kann?", wird Li zitiert.
Das Werk in Brüssel, das aktuell nur das Modell Q8 e-tron produziert, steht schon länger zur Disposition. Audi hatte im Juli erklärt, dass eine Schließung des Standorts nicht ausgeschlossen sei. Die Produktion des Q8 e-tron soll Ende 2024 auslaufen, der Nachfolger wird voraussichtlich in Mexiko gefertigt.
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Schwieriger Standort und hohe Kosten
In Brüssel sind rund 3.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Zukunft des Werks ist unsicher, da die Produktionskosten laut Audi relativ hoch sind und Erweiterungen aufgrund der Lage in einem Wohngebiet kaum möglich sind. Zudem fehlen Zulieferer in der Nähe, was die Logistikkosten weiter in die Höhe treibt. Diese Faktoren erschweren eine wirtschaftliche Produktion. Audi-Produktionsvorstand Gerd Walker bestätigte, dass Volkswagen aktiv nach einem Investor für das Werk sucht, um die drohende Schließung zu verhindern.
Frust bei der Belegschaft
Die Stimmung vor Ort war daher zuletzt hitzig: Anfang September brannten vor dem Werk vier Reifen in Form des Audi-Logos, Mitarbeiter stahlen zudem die Schlüssel von 200 Q8-Modellen, um deren Auslieferung zu verhindern. Die Werksleitung schloss daraufhin zunächst die Werkstore.
Chinesische Hersteller drängen nach Europa
Nio und andere chinesische Autobauer suchen verstärkt nach Produktionsmöglichkeiten in Europa, auch um drohenden EU-Strafzöllen auf Elektroautos zu entgehen. Bereits jetzt produzieren Chery in Spanien und Leapmotor in Polen. BYD baut aktuell Werke in Ungarn und der Türkei. Nio selbst betreibt zwei Werke in China und bietet seit 2022 seine Fahrzeuge auch auf dem deutschen Markt an. Allerdings bleiben die Verkaufszahlen bislang hinter den Erwartungen zurück, nur rund 1.000 Nio-Fahrzeuge wurden von Januar bis Juli europaweit zugelassen.