Ausgabe 20/2009: ... lieber als der Tanker“

Lesen SIe hier...... wie Ex-Audi-Manager Jörg Felske als neuer Vorstandsvorsitzender des größten BMW- und Mini-Händlers Procar sein neues Schnellboot durch stürmische Märkte steuern will.... lieber als der Tanker“Procar Automobile AG E Ein Interview mit dem neuen Procar Vorstandsvorsitzenden Jörg Felske. Von Ralph M. meunzelMit 18 Betrieben in Nordrhein-Westfalen ist die Procar Automobile AG, Essen, jetzt der größte Händler für BMW und Mini. Das Autohaus hat seine Keimzelle in Bottrop und ist in den vergangenen vier Jahren durch Akquisitionen gewachsen, beispielsweise mit der Übernahme der BMW Hammer-Betriebe in Köln. Im abgelaufenen Geschäftsjahr machten die rund 950 Mitarbeiter einen Umsatz von 400 Millionen Euro, es wurden 7.000 Neu- und 10.000 Gebrauchtwagen verkauft. Nach den Übernahmen in den vergangenen Jahren geht es dem Unternehmen jetzt darum, das Wachstum abzusichern, den unterschiedlichen Betriebsteilen eine einheitliche Struktur zu geben und profitabel zu werden. Das beginnt beispielsweise mit der Umbenennung aller Häuser in Procar Automobile. Zum Vorstand der Aktiengesellschaft zählen Jörg Felske als Vorsitzender, Oliver Bussick, Heiko Emde und Bernd John. Dazu ein Gespräch mit dem Ex-Audi-Manager Jörg Felske.AH: Herr Felske, Sie waren lange bei BMW und Audi als Vertriebsmanager beschäftigt. Jetzt haben Sie die Seite gewechselt. Was macht die Aufgabe interessant?J. Felske: Ich habe immer versucht, gedanklich die Seite zu wechseln, um die zu verstehen, die einem gegenübersitzen. Es macht mir viel Freude, das zu tun, über das ich viel geredet habe, und die Geschwindigkeit eines Mittelständlers zu erleben. Dabei ist die Umsetzungsgeschwindigkeit im Unterschied zu einem Konzern sicher der größte Unterschied. Teambildung, Führung und betriebswirtschaftliche Faktoren sind dagegen ähnlich. Mir ist inzwischen aber das Beiboot lieber als der Tanker.AH: Nun sind Sie in einer allgemeinen Konsolidierungsphase bzw. krisenhaften Entwicklung in einen Händlerbetrieb eingestiegen. Was gab den Ausschlag?J. Felske: Im ersten Drittel einer Gruppe ist es immer schön. Das war schon in der Schule so. Im letzten Drittel ist es eher schwierig. Es ist also zunächst eine Performancefrage. Es geht weiterhin um Kundenzufriedenheit, Marktausschöpfung und Ertrag. Hier muss man die Nase vorn haben. Erfolgreiche Automobilunternehmen haben eine gute Zukunft vor sich. Davon bin ich weiterhin überzeugt. Klar ist aber, dass der Strukturwandel noch nicht beendet ist.UnternehmensgrößeAH: Ist dabei Größe ein wichtiger Faktor?J. Felske: Größe allein sicher nicht. Diese Diskussion wird seit 20 Jahren geführt. Es geht viel mehr um Geschwindigkeit und Professionalität. Um ein Team von Profis bei den engen Margen bezahlen zu können, brauchen Sie allerdings eine bestimmte Grundgesamtheit.AH: Ab wann wird es profitabel?J. Felske: Beim Vorhalten von Vorführwagen oder der Präsentation von Gebrauchtwagen stellt sich die Frage nach Volumen. Ein gut geführter serviceorientierter Familienbetrieb kann durchaus mithalten, sofern das Team professionell ist und es finanzielle Reserven gibt. Vor 20 Jahren sprachen wir von 80 Neuwagen pro Betrieb. Jetzt sind es mindestens 200 – abhängig von Region und Marke. MitarbeiterqualitätAH: Derzeit ist die Procar ein Konglomerat von BMW-Gruppenbetrieben. Wo wollen Sie und Ihre Vorstandskollegen hin?J. Felske: Es gibt unterschiedliche Kulturen in der Gruppe und die werden wir zusammenführen. Dabei geht es um excellente Prozesse und um eine gemeinsame Identität und Identifikation. Um gute Leute zu finden, muss man etwas bieten. Wir wollen die Nummer 1 im Autohandel hinsichtlich Mitarbeiterqualität werden. Wir wollen die Besten! Dafür tun wir auch viel. Systematische Ausbildung, gezielte Karriereplanung, Aufbau eines Traineeprogrammes, innerbetriebliche und überbetriebliche Weiterbildung, leistungsgerechte Entlohnungssysteme… da steckt viel Arbeit drin. Bei den Führungskräften haben wir uns bereits auf eine gemeinsame Kultur verständigt. Unsere Attraktivität als Arbeitgeber ist entscheidend für unseren zukünftigen Erfolg – „autobusiness ist peoplebusiness“.AH: Wie sieht das Leitbild aus?J. Felske: Die Mitarbeiter müssen wissen, für wenn und wofür sie arbeiten. Sie müssen wissen, wofür das Unternehmen steht, und sie müssen das für wichtig halten. Hier geht es um Identifikation und um Perspektiven. Wenn sie es wollen, dann müssen sie es aber auch können. Hier geht es um Qualifikation, also um das Training und die Karriereplanung. Das ist für die Mitarbeiter die Motivation und für uns die Chance. Wir wollen unsere Leute künftig selbst ausbilden. Eine Kampagne zur Ausbildung von Juniorverkäufern wurde bereits gestartet. Hier hilft uns sicher die Größe. AH: Wofür steht das Unternehmen?J. Felske: Für das professionelle Vertreiben und den professionellen Service von hochwertigen Fahrzeugen sowie für Agilität und Schnelligkeit. Verkäufe als Basis für das ServicegeschäftAH: Nun verfügen die kleineren Betriebe über eine höhere Kundenzufriedenheit. Wie löst man das?J. Felske: Wir haben 18 überwiegend mittelgroße Häuser und sind auch in der Fläche tätig. So können wir die Vorteile des kleinen Autohauses mit den Vorteilen einer großen Gruppe verknüpfen.AH: Hat man sich damit abzufinden, dass im Neuwagengeschäft so gut wie nichts mehr verdient wird?J. Felske: Fakt ist, dass das Neuwagengeschäft deutlich den Serviceerträgen hinterherhinkt. Es gibt viele Branchen, wo das so ist. Denken Sie an den Flugzeugbereich. Hier wird auch überwiegend in der Wartung Geld verdient. Das liegt zwangsläufig an den hohen Rabatten. Einerseits läuft das Geschäft ohne Rabatt nicht mehr, andererseits geht es um das Gesamtgeschäft. Wir haben ein zusammenhängendes Marktgebiet und schaffen uns mit unseren Verkäufen in diese Region eine solide Basis für anschließendes Servicegeschäft.AH: Verdient die Procar Geld?J. Felske: Das lässt sich nicht in einem Satz beantworten. Wir sind in den vergangenen vier Jahren schnell gewachsen, die Betriebe haben unterschiedliche Herkunft. In einigen Betrieben sind wir auch betriebswirtschaftlich wirklich gut unterwegs, in anderen haben wir noch einiges zu tun. Mit dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis sind wir deshalb in diesem Jahr noch nicht zufrieden.AH: Wird Procar weiter wachsen?J. Felske: Wir haben eine gute Größe und können, müssen aber nicht wachsen. Jetzt geht es zunächst um Prozesse, Kundenorientierung, Professionalität und Profitabilität.AH: Herr Felske, herzlichen Dank für das Gespräch.

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